Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
das Schwert von der anderen Seite in die Rippen hatte stoßen wollen. Die gegnerische Klinge glitt mit einem schrillen Laut über die Parierstange seiner Waffe. Aber wenn sie auch seinen Brustkasten verfehlte, so fuhr ihm die Klinge doch noch so nah an seinem Körper vorbei, dass sie den Waffenrock darunter aufschlitzte und ihm eine Schnittwunde über der Hüfte zufügte. Gerolt spürte in der extremen Anspannung des ungleichen Kampfes keinen Schmerz, sondern sah nur die günstige Gelegenheit zum tödlichen Gegenstoß, den ihm der Angreifer durch seinen tollkühnen Ausfallschritt bot. Noch bevor der Mann sein Schwert zurückziehen und sich mit einem schnellen Satz rückwärts in Sicherheit bringen konnte, hatte Gerolt seine Waffe herumgerissen und zugestoßen. Die Klinge durchstieß den speckigen Lederwams des Mannes und fuhr ihm tief in den Leib. Mit einem grässlichen Aufschrei, der augenblicklich in ein ersticktes Röcheln überging, stürzte er zu Boden. Gerolt riss seine Waffe zurück, fuhr herum und schlug im nächsten Augenblick das Schwert seines zweiten Widersachers zur Seite, der geglaubt hatte, den Tod seines Komplizen auf der Stelle mit einem beidhändig geführten Hieb zum Kopf rächen zu können. Die feindliche Klinge schabte kreischend an Gerolts blutgetränktem Stahl entlang, traf mit großer Kraft auf das daumendicke Pariereisen über der Hand am Schwertgriff – und brach mittendurch. Der armlange, abgebrochene Teil des Schwertes flog wie eine Lanze und nur eine Faustbreite entfernt an Gerolts Kopf vorbei. Ungläubig starrte der Mann auf den nutzlosen Schwertrest in seiner Hand. Das Blut wich schlagartig aus seinem Gesicht, als er begriff, dass dieser versuchte Raubzug der letzte seines Lebens sein würde, wenn er den Kampf nicht für verloren gab und sich auf der Stelle davonmachte. Er nahm die Chance wahr und Gerolt war froh, dass der Plünderer die Flucht ergriff. Das ersparte ihm, den Mann ohne Waffe in der Hand niederstechen zu müssen. In einer Feldschlacht hatte man keine andere Wahl, wenn man nicht sein eigenes Leben und das der Kameraden riskieren wollte. Lagen doch auf einem Schlachtfeld mehr als genug Waffen von toten und sterbenden Kriegern herum, mit denen man sich rasch wieder bewaffnen konnte, sofern einem der Feind aus Dummheit oder mangelnder Aufmerksamkeit Gelegenheit dazu gab. Hier jedoch widerstrebte es Gerolt, diese grausamen Gesetze anzuwenden und den wehrlosen Mann mitleidlos niederzustechen – auch wenn jener vermutlich kein anderes Schicksal verdient gehabt hätte. Auch von der anderen Seite des Hofes, wo Tarik nahe beim Fuhrwerk die Klinge bravourös mit zwei Gegnern kreuzte, kam jetzt ein wütender, schmerzerfüllter Schrei. Dem Mann mit der Streitaxt war Tariks Schwert in die rechte Schulter gedrungen. »Ich hoffe, das kühlt deinen Mut, du aufgeblähte Schweinsblase!«, höhnte Tarik el-Kharim. Die Waffe entglitt der kraftlosen Hand des Schurken und mit einem entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht taumelte er zurück. Seine Linke wollte noch zum Messer greifen, aber da bereitete Tarik seinem verbrecherischen Leben auch schon ein jähes Ende. Tot stürzte er vor die Füße der an die Radspeichen gefesselten jungen Frau. Derweil hatte Maurice auf seiner Seite die schon von Verletzungen gezeichneten Angreifer mit einem Hagel wütender, aber präziser Schläge immer weiter in Richtung Tor getrieben. Dabei forderte er sie ständig mit beißendem Spott auf, sich doch endlich einmal wie richtige Schwertkämpfer zu wehren, damit ihm das Gefecht nicht so langweilig werde. Als einer der beiden genau das mit einer Finte versuchte, durchschaute Maurice das Vorha ben seines Gegners und brachte den letzten, kampfentscheidenden Treffer an. Seine Klinge schlitzte die gestreckte Waffenhand des Angreifers vom Ellbogen bis fast zum Schultergelenk auf. Spätestens jetzt begriff auch der Rest der Bande, dass sie ihre Gegner unterschätzt hatten und dass es ein verhängnisvoller Fehler gewesen war, sich ausgerechnet mit Templern, der Elite unter den Rittern, angelegt und dabei auf ihre Überzahl vertraut zu haben. Und ohne noch länger zu zögern, suchten sie nun alle ihr Heil in der Flucht. Maurice wollte einem von ihnen noch nach und ihm vor dem Tor den Weg verstellen, doch Gerolt hielt ihn zurück. »Lass es gut sein, Maurice! Es ist genug Blut geflossen!«, rief er ihm zu. »Und seien wir froh, dass wir rechtzeitig gekommen sind, um das Schlimmste zu verhindern.« Und ein Lächeln trat auf
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