Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
Er streckte ihnen seine Hand entgegen. »So soll es sein!«, rief Maurice begeistert und legte seine Hand auf die von Gerolt. »Bei Gott dem Allmächtigen, der seligen Jungfrau und allen Heiligen!« Tarik folgte sofort seinem Beispiel. »Ja, das soll unser Schwur und neuer Kampfruf sein: Füreinander in fester Treue!« »Füreinander in fester Treue!«, bekräftigte nun auch McIvor und legte seine Pranke als Letzter obenauf. Und dann schallte der Schwur der vier Ritter ein weiteres Mal von den Zinnen der Stadtburg, diesmal jedoch von allen gleichzeitig und wie aus einem Mund: »Füreinander in fester Treue!«
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König Heinrich ist mit der Flotte aus Zypern eingetrof fen! Er bringt frische Truppen und wird sofort den Oberbefehl über die Verteidigung der Stadt übernehmen! Unser königlicher Retter ist gekommen! Gott segne König Heinrich II.!« In Windeseile machte die freudige Nachricht zu früher Vormit tagsstunde die Runde in der Stadt und die Menschen stürzten ju belnd und mit lachenden Gesichtern auf die Straßen und konnten gar nicht schnell genug zum Hafen kommen, um sich mit eigenen Augen vom Eintreffen der königlichen Flotte zu überzeugen. Mittlerweile schrieb man den 4. Mai des Jahres 1291 und seit dem Beginn der Belagerung war nahezu ein ganzer Monat ver gangen. Die düstere Stimmung, die noch am Morgen mit dem Rauch der Brände wie eine dunkle Wolke über der Stadt gehan gen hatte, löste sich auf wie Tau im Sonnenschein. Man fiel sich mit weinendem Lachen in die Arme, schlug sich gegenseitig auf die Schulter und versicherte einander, dass man das Schlimmste nun überstanden habe und dass sich mit dem Eintreffen des Kö nigs das Blatt zweifellos wenden werde. Die Ritter von Akkon und ihre Hilfstruppen würden gemeinsam mit dem königlichen Entsatzheer zum Gegenangriff übergehen, den Ring der Mamelucken um die Stadt zerschlagen und Sultan el-Ashraf Khalil zum Abzug zwingen. Zu dem großen Menschenauflauf am Hafen zählten auch die vier Tempelritter, die sich auf den Zinnen der Zitadelle unverbrüchli che Freundschaft und Waffenbrüderschaft geschworen hatten.
Sie hatten in der Zeit ihrer Freiwache dabei geholfen, besonders schwer verwundete Ordensbrüder aus dem völlig überfüllten Hospital bei der Stadtzitadelle in die Templerburg auf der Süd-spitze der Halbinsel zu bringen. Eine bedrückende, doch unumgängliche Aufgabe. Denn alles sah danach aus, dass es den Mamelucken schon bald gelingen könnte, Breschen in die Mauern zu schlagen und die beiden Schutzwälle im Sturmangriff zu nehmen. Und dann bliebe keine Zeit mehr, um auch noch die Schwerverwundeten rasch genug in die Eisenburg verlegen zu können. Zudem wurde dann im Straßenkampf jeder gebraucht, der aufrecht stehen und ein Schwert oder eine Lanze halten konnte. Auch bei Gerolt und seinen Freunden war die Freude groß, als die Kunde vom Eintreffen der königlichen Flotte sie in der Ordensburg erreichte. Sowie sie die ihnen anvertrauten Verwundeten in der Obhut der Templerärzte wussten, stürzten sie hinaus ins Freie und bahnten sich einen Weg durch die fröhliche Menschenmenge. Es waren vierzig Schiffe, die unter dem wilden Jubel der Menge die Einfahrt beim Turm der Fliegen passierten und in den Hafen einliefen. Doch nur gerade mal vier der Schiffe gehörten zur eindrucksvollen Klasse der Trimeren, der Kriegsgaleeren mit jeweils drei Rudermannschaften auf jeder Seite. »Ich fürchte, das wird nicht reichen, um Akkon vor dem Fall zu retten«, stellte Maurice sofort mit geübtem Blick fest. Auch Gerolt schüttelte den Kopf. »Nein, das sieht mir auch nicht nach dem schlagkräftigen Entsatzheer aus, das wir uns erhofft haben.« McIvor und Tarik stimmten ihnen zu. Der noch recht junge König, der den Berichten zufolge gerade erst eine schwere Krankheit überwunden hatte und sich noch längst nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte befand, kam ohne großen Hofstaat, was in dieser kritischen Lage auch nicht angemessen gewesen wäre. Er betrat den Boden von Akkon unter dem überschwänglichen Jubel der Menschenmenge als zum Kampf entschlossener Krieger in funkelnder Rüstung und in Begleitung des Erzbischofs von Nikosia, Johannes Turco von Ancona. Die Rede, die der junge und blassgesichtige König an die Bewohner und Verteidiger der Hafenstadt richtete, war kurz und erschöpfte sich in zwar wohlklingenden, aber letztlich bedeutungslosen Worten. Er rühmte ihren Mut und ihre Standhaftigkeit im Kampf gegen die Ungläubigen, überbrachte ihnen
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