Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
päpstliche Segensgrüße und die wohlfeile Versicherung, dass die gesamte Christenheit ihnen im Gebet beistehe und wisse, welch ruhmreiche Schlachten sie an diesem Ort im Zeichen des Kreuzes schlugen, und teilte ihnen zum Schluss mit, dass nun er höchstpersönlich das Oberkommando über alle Truppen und Verbände übernehmen und nichts unversucht lassen werde, um die Stadt vor der Einnahme durch den ungläubigen Feind zu bewahren. Dennoch wurde die Rede von der Menschenmenge mit großer Begeisterung aufgenommen und mit erneutem Jubel bedacht. Den meisten flößte allein schon das Eintreffen des Königs mit frischen Truppen neue Willenskraft ein. Bei den erfahrenen Kriegern wie den vier Templerbrüdern überwog jedoch die Enttäuschung. Sie ahnten schon in dieser Stunde, dass die Verstärkung bei Weitem nicht ausreichte, um den Ausgang der Belagerung wirklich nachhaltig beeinflussen zu können. Maurice erblickte in ihrer Nähe unter den von den Schiffen strömenden Truppen einen Ordensbruder, zu dem er sich rasch vordrängte. Er entbot ihm seinen Gruß und fragte ihn dann nach der Stärke der Truppen, die König Heinrich aus Zypern mitgebracht hatte.
»Wir zählen gerade mal hundert Berittene und zweitausend Fußsoldaten, Bruder«, antwortete der Templer bereitwillig, doch sein Gesicht zeigte einen bedrückten Ausdruck. »Ich wünschte, ich hätte dir eine andere Auskunft geben können. Aber mehr haben sich nicht gefunden. Die meisten haben Akkon und das Heilige Land längst verloren gegeben. Es schmerzt, das sagen zu müssen, aber es ist nun mal die bittere Wahrheit.« »Du selbst denkst anders, sonst wärst du wohl nicht gekommen«, mischte sich Gerolt da ein. »Ich bin Templer wie ihr«, erwiderte der fremde Ordensbruder stolz. »Ich habe meinem Orden Treue bis in den Tod geschworen und gedenke, diesen Schwur auch zu halten. So sehen es auch die anderen Tempelritter, die mit mir gekommen sind. Keiner von ihnen hat sich dem Aufruf von König Heinrich verwehrt. Wie können wir auch in unseren Komtureien auf Zypern bleiben und ruhigen Friedensgeschäften nachgehen, wenn unsere Ordensbrüder und sogar unser Großmeister Akkon mit ihrem Leben verteidigen? Und nun entschuldigt mich, werte Brüder. Ich muss zu meiner Truppe. So Gott will, werden sich unsere Wege im Kampf schon bald wieder treffen!« In gedrückter Stimmung kehrten nun auch Gerolt und seine Freunde dem Hafen den Rücken und machten sich auf den Rückweg zur Zitadelle. Sie kamen dabei durch das Viertel der Venezianer. Gerade überquerten sie einen Marktplatz, als Maurice an einem der Gemüsestände zwei bekannte Gesichter entdeckte. »Gerolt! Tarik! Seht doch mal, wer da drüben am Stand steht! Das ist doch der Pariser Kaufmann Granville mit seiner ältesten Tochter Beatrice!«, rief er und sein Gesicht hellte sich augenblicklich auf. »Sie sind ja noch immer in Akkon!« Verblüfft sahen die beiden in die Richtung, in die Maurice deute te. Sie waren fest davon ausgegangen, dass der Kaufmann die Stadt mit seinen Töchtern noch am Tag des Überfalls verlassen hatte und mit ein wenig Glück schon längst in seiner Heimat eingetroffen war. »Kommt, lasst sie uns begrüßen und fragen, warum sie noch immer in der Stadt sind! Ich bin gespannt, was sie uns zu erzählen haben!«, forderte Maurice seine Freunde auf und wartete ihre Zustimmung erst gar nicht ab, sondern eilte schon zu den Granvilles hinüber. »Mir scheint, dass Maurice eine junge, hübsche Frau auch bei Nacht noch in einer Menschenmenge entdeckt!«, bemerkte Tarik. Gerolt lachte und pflichtete ihm dann bei: »Manches steckt uns offenbar zu tief im Blut, um selbst von einem Templergelübde gänzlich ausgelöscht zu werden.« »Wer sind diese Granvilles?«, erkundigte sich McIvor. Während sie Maurice langsam folgten, setzte Gerolt den Schotten über den Überfall der Plündererbande und das kurze Gefecht ins Bild, das Maurice, Tarik und er sich mit dem gewissenlosen Gesindel geliefert hatten. Der schwergewichtige Kaufmann schlug wie ein Kind die Hände zusammen, als er sah, wer da auf einmal vor ihnen stand. »Sieh doch, mein Augenstern! Die Herren Tempelritter! Unsere tapferen Verteidiger und Retter, denen wir so viel zu verdanken haben! Was für ein wunderbares Zusammentreffen! Die werten Ritter waren damals so schnell wieder weg, dass wir unseren Dank nicht in der gebührenden Form zum Ausdruck bringen konnten!« Und an seine Tochter gewandt, fragte er: »Ist es nicht so, meine Herzblume?«
Weitere Kostenlose Bücher