Die Bruderschaft
oder der Präsident es sich anders überlegte. Um 11 Uhr 15 gingen sie durch die große Tür des Verwaltungsgebäudes ins Freie, durch dieselbe Tür, durch die sie vor Jahren das Gefängnis betreten hatten. Auf dem heißen Vorplatz warteten sie darauf, abgeholt zu werden. Keiner der drei sah zurück.
Im Kleinbus saßen Wes und Chap, die allerdings andere Namen angaben - sie hatten so viele.
Joe Roy Spicer legte sich auf eine der Rückbänke und bedeckte die Augen mit einem Unterarm. Er war entschlossen, erst hinauszusehen, wenn sie weit vom Gefängnis entfernt waren. Er wollte weinen, und er wollte schreien, aber er war wie betäubt vor Freude, vor reiner, klarer Freude, und er schämte sich ihrer nicht. Er bedeckte seine Augen, und auf seinem Gesicht lag ein verklärtes Lächeln. Er wollte ein Bier und eine Frau, am liebsten seine Frau. Er würde sie bald anrufen. Der Wagen hatte sich in Bewegung gesetzt.
Die Plötzlichkeit ihrer Entlassung verwirrte sie. Die meisten Häftlinge zählten die Tage und wussten daher einigermaßen genau, wann es so weit sein würde. Sie wussten, was sie tun würden und wer auf sie warten würde.
Doch die Richter wussten nur sehr wenig. Und das Wenige, das sie wussten, konnten sie nicht so recht glauben. Die Begnadigungen waren eine Falle. Das Geld war nur ein Köder. Sie wurden an einen Ort gebracht, wo man sie ermorden würde, genau wie Trevor. Jeden Augenblick konnte der Wagen anhalten. Die beiden Typen auf den Vordersitzen würden ihre Taschen durchsuchen, die Briefe finden und sie am Straßenrand erschießen.
Vielleicht. Im Augenblick jedoch vermissten sie die Sicherheit, die Trumble ihnen geboten hatte, nicht.
Finn Yarber saß hinter dem Fahrer und sah auf die Straße vor ihnen. Er hielt den Gnadenerlass in der Hand, bereit, ihn jedem zu zeigen, der sie anhalten würde, um ihnen zu sagen, dass der Traum vorbei sei. Neben ihm saß Hatlee Beech, der nach einigen Minuten zu weinen begann - nicht laut, sondern mit fest geschlossenen Augen und zitternden Lippen.
Er hatte allen Grund zu weinen. Er hätte noch beinahe achteinhalb Jahre abzusitzen gehabt, und für ihn bedeutete diese Begnadigung mehr als für seine beiden Kollegen zusammen.
Niemand sagte etwas. Als sie sich der Stadt näherten, wurden die Straßen breiter und der Verkehr dichter. Die drei betrachteten alles mit großer Neugier. Menschen saßen in ihren Wagen und fuhren herum. Über ihnen flogen Flugzeuge. Auf dem Fluss waren Schiffe unterwegs. Alles war wieder normal.
Sie krochen im Stau den Atlantic Boulevard entlang, und die drei genossen jeden Augenblick. Es war heiß, Touristen liefen umher, Frauen mit langen, sonnengebräunten Beinen. Sie sahen Fischrestaurants und Bars, deren Schilder kühles Bier und billige Austern anpriesen. Die Straße endete am Strand, und der Wagen hielt unter dem Vordach des Sea Turtle Inn. Die Richter folgten einem der Männer durch die Eingangshalle, wo sie der eine oder andere neugierige Blick traf, weil sie noch immer die gleiche Kleidung trugen. In der vierten Etage traten sie aus dem Aufzug, und Chap sagte: »Ihre Zimmer sind diese drei hier.« Er zeigte den Korridor entlang. »Mr. Argrow möchte so schnell wie möglich mit Ihnen sprechen.«
»Wo ist er?« fragte Spicer.
Chap wies auf eine Tür. »Da drüben, in der Ecksuite. Er erwartet Sie.«
»Na dann«, sagte Spicer, und sie folgten Chap. Ihre Reisetaschen stießen aneinander.
Jack Argrow sah seinem Bruder kein bisschen ähnlich. Er war viel kleiner, und sein Haar war blond und wellig, während das seines Bruder dunkel und schütter gewesen war. Es war nur ein flüchtiger Gedanke, der jedem der drei kam und über den sie später sprachen. Er schüttelte ihnen rasch die Hand, doch nur aus Höflichkeit. Argrow war nervös und sprach sehr schnell. »Wie geht’s meinem Bruder?« fragte er.
»Ganz gut«, sagte Beech.
»Wir haben heute Morgen noch mit ihm gesprochen«, fügte Yarber hinzu.
»Ich will ihn da raushaben«, sagte Argrow, als wären sie dafür verantwortlich, dass er in Trumble war. »Das kommt für mich bei dieser Sache heraus: Mein Bruder wird aus dem Knast entlassen.«
Sie sahen einander an. Dazu gab es nichts zu sagen.
»Setzen Sie sich«, sagte Argrow. »Also, ich weiß nicht, wie und warum ich in diese Sache hineingeraten bin. Das alles macht mich sehr nervös. Ich vertrete hier Mr. Aaron Lake, einen Mann, der, wie ich glaube, ein großer Präsident werden wird. Ich schätze, wenn er gewählt ist, kann
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