Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
Vom Netzwerk:
Gesicht.
    »Ein schönes Stück Arbeit«, überbot ihn Hauptmann Reeves, ehemaliger Ingenieur öffentlicher Bauten. »Kein Mensch mit gesundem Verstand könnte vermuten, daß diese Leute die Absicht haben, eine Eisenbahnlinie über diese barbarischen Gebirge zu legen. Lieber möchte ich noch einmal dem japanischen Heer im Kampf gegenüberstehen, Sir, als eine Reise auf dieser Strecke machen.«
    Der Oberst blieb ernst und stellte eine Frage:
    »Sagen Sie, Reeves, kann nach Ihrer Ansicht, nach Ihrer Ansicht als Techniker, dies alles hier irgendeinen Nutzen haben?«
    »Ich glaube nicht, Sir«, sagte Reeves nach einigem Nachdenken. »Sie täten besser daran, diesen nutzlosen Kram hier aufzugeben und ein wenig weiter entfernt eine andere Strecke zu errichten.«
    Oberst Nicholson schien mehr und mehr nachdenklich zu werden. Er schüttelte mißbilligend den Kopf und setzte schweigend seinen Marsch fort. Ihm lag daran, die gesamte Baustelle zu besichtigen, ehe er sich eine Meinung bildete.
    Sie gelangten nah an den Kwai-Fluß heran. Ein Arbeitstrupp von ungefähr fünfzig Männern, nahezu nackt und nur mit dem dreieckigen Stück Stoff bekleidet, der ihnen als Arbeitsuniform von den Japanern zugeteilt worden war, machte sich eifrig rings um die künftige Bahnstrecke zu schaffen. Ein Wachposten mit geschultertem Gewehr schritt vor ihnen auf und ab. Ein Teil des Arbeitstrupps hob in einiger Entfernung Erde aus, der andere schaffte diese Erde auf Tragen aus Bambus fort und warf sie hier und da auf eine mit weißen Pfählen abgesteckte Strecke. Die ursprünglich abgesteckte Strecke war rechtwinklig zur Uferböschung verlaufen, doch die perfide Findigkeit der Gefangenen hatte es zuwege gebracht, sie fast parallel zum Ufer verlaufen zu lassen. Der japanische Ingenieur war nicht da. Man konnte ihn auf der anderen Seite des Flußlaufs sehen, wo er inmitten eines anderen Arbeitstrupps umherfuchtelte, der auf Flößen jeden Morgen auf das linke Ufer hinübergefahren wurde. Man hörte sogar das Geschimpfe.
    »Wer hat diese mit Pfählen abgesteckte Strecke angelegt?« fragte der Oberst und blieb stehen.
    »Er hat das gemacht, Sir«, sagte ein englischer Gefreiter, der vor seinem Chef stramm stand und mit dem Finger auf den Ingenieur deutete. »Er hat es gemacht, aber ich habe ihm ein bißchen nachgeholfen. Ich habe nach seinem Fortgehen eine kleine Berichtigung vorgenommen. Unsere Vorstellungen entsprechen einander nicht immer, Sir.«
    Und da der Wachposten sich etwas entfernt hatte, benutzte er die Gelegenheit, um schweigend mit den Augen zu zwinkern. Oberst Nicholson ging auf diesen verständnisvollen Wink nicht ein. Er blieb düster.
    »Ich verstehe«, sagte er in eisigem Ton.
    Ohne weiteren Kommentar setzte er seinen Weg fort und blieb vor einem anderen Gefreiten stehen. Dieser verwandte eine beachtliche Anstrengung darauf, mit Hilfe einiger Mannschaften die Baustelle von riesigen Baumwurzeln zu säubern, indem er sie unter den ausdruckslosen Augen eines anderen japanischen Soldaten auf den Gipfel einer Anhöhe hinaufwarf, anstatt sie bis auf den Grund des Abhangs hinunterrollen zu lassen.
    »Wie viele Leute sind heute morgen in diesem Trupp zur Arbeit angetreten?« fragte der Oberst gebieterisch.
    Der Wachposten blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen scharf an und fragte sich, ob es sich wohl mit seinen Wachvorschriften vereinbaren ließe, daß er die Gefangenen derart ausfragen ließ. Doch der Ton der Frage war so gebieterisch, daß er wie angewurzelt stehenblieb. Der Gefreite richtete sich eilfertig auf und antwortete mit zögernder Stimme:
    »Zwanzig oder fünfundzwanzig, Sir, ganz genau weiß ich es nicht. Ein Mann hat sich beim Eintreffen auf der Baustelle krank gefühlt. Ein plötzlicher… und unverständlicher Schwindel hat ihn erfaßt, Sir, denn beim Wecken war er noch kerngesund. Drei oder vier seiner Kameraden waren >genötigt<, ihn ins Lazarett zu tragen, Sir, denn er konnte nicht allein gehen. Sie sind noch nicht zurückgekommen. Er war der schwerste und kräftigste Mann des Trupps, Sir. Unter diesen Umständen werden wir unser Arbeitssoll unmöglich erfüllen können, Sir. Es scheint so, als hätte sich alles Unheil gegen diese Bahnlinie verschworen.«
    »Die Gefreiten«, sagte der Oberst, »müssen genau die Anzahl der Männer wissen, die ihnen unterstellt sind . Und worin besteht dieses Soll?«
    »Ein Kubikmeter Erde pro Mann und pro Tag, Sir, ausgraben und wegschaffen. Bei diesen verdammten Baumwurzeln, Sir, habe

Weitere Kostenlose Bücher