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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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Gebirge darstellen, wie Sie, Reeves, sehr richtig bemerkt haben ...«

ZWEITER TEIL

1
    Aufmerksam durchlas in Kalkutta Oberst Green, der Chef der Abwehreinheit »Force 316«, zum zweitenmal einen Bericht, der schließlich bei ihm gelandet war, nachdem er einen komplizierten Kontrollapparat durchlaufen hatte und durch ein halbes Dutzend zusätzlicher Kommentare von Geheimdiensten des Heeres oder der Zivilverwaltung ergänzt worden war. Die »Force 316«, oder wie sie in eingeweihten Kreisen genannt wurde, die »Plastic & Destructions Co. Ltd.« hatte sich noch nicht zu der Bedeutung entwickelt, wie sie sie im Fernen Osten gegen Ende des Krieges bekommen sollte, aber schon jetzt befaßte sie sich mit Eifer, Hingabe und genauer Zielsetzung mit den japanischen Vorhaben in den besetzten Gebieten von Malakka, Burma, Thailand und China. Sie bemühte sich, die Schwäche der eigenen Mittel durch die Kühnheit ihrer Agenten auszugleichen.
    »Das ist wohl das erste Mal«, sagte mit leiser Stimme Oberst Green, »daß ich erlebe, daß sie alle einer Meinung sind. Wir müssen uns bemühen, daraus etwas Positives zu machen.«
    Der erste Teil dieser Bemerkung richtete sich an die Adresse der zahlreichen Geheimdienste, mit denen die »Force 316« gezwungen war, zusammenzuarbeiten. Diese kamen, da sie wie durch wasserdichte Schotten getrennt – völlig unabhängig voneinander arbeiteten und weil sie eifersüchtig darauf bedacht waren, sich ein Monopol für ihr eigenes Vorgehen zu sichern, häufig zu ganz entgegengesetzten Schlußfolgerungen. Das brachte Oberst Green in Wut, weil er nach den ihm übermittelten Informationen einen Aktionsplan aufstellen mußte. – Die sogenannte »Aktion« war das Arbeitsgebiet der »Force 316«. Oberst Green war nur dann geneigt, sich für Theorien und Diskussionen zu interessieren, wenn sie in diesem Sinne einen positiven Aspekt bekamen.
    Er war sogar dafür bekannt, daß er seinen Untergebenen diese Auffassung mindestens einmal täglich einpaukte. – Er mußte einen Teil seiner Arbeitszeit darauf verwenden, sich mühsam ein klares Bild von der Richtigkeit der ihm übersandten Berichte zu machen. Dabei mußte er nicht nur die erhaltenen Berichte selber überprüfen, sondern auch die psychologischen Tendenzen der verschiedenen Einheiten in Betracht ziehen, die diese Berichte lieferten. Das bedeutete, daß er deren jeweilige optimistische oder pessimistische Einstellung oder ihre Neigung, unüberlegt über Tatsachen hinwegzugehen, oder aber ihre Unfähigkeit, eben diese Tatsachen sinnvoll auszudeuten, mit einkalkulieren mußte.
    Oberst Green hatte über den echten, den großen, den berühmten, den einmaligen »Intelligence Service« seine eigenen Ansichten, denn dieser betrachtete sich als eine dem Wesen nach rein theoretisch arbeitende Instanz und lehnte es daher systematisch ab, mit den Exekutivorganen zusammenzuarbeiten; er schloß sich deshalb gewissermaßen in einen Elfenbeinturm ein und ließ niemanden, der daraus hätte Nutzen ziehen können, seine wertvollsten Unterlagen einsehen, von denen er behauptete, sie seien streng geheim, weswegen er sie sorgfältig in Panzerschränken verborgen hielt. Dort ruhten sie jahrelang, bis sie völlig wertlos geworden waren – bis, um es genau zu sagen, schließlich, als der Krieg längst zu Ende war, einer der großen Abteilungschefs das Bedürfnis verspürte, noch vor seinem Ableben Memoiren zu schreiben, in denen er der Nachwelt offenbaren und der verblüfften Nation eröffnen wollte, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen der »Intelligence Service« scharfsinnig den gesamten Aktionsplan des Gegners durchschaut hatte.
    Das hieß, daß er mit großer Genauigkeit die Stelle und den Zeitpunkt im voraus festgesetzt hatte, wo und wann der Gegner zuschlagen mußte. Diese Prognosen waren unwiderlegbar eingetroffen, denn besagter Gegner hatte tatsächlich unter den erwähnten Umständen und mit dem gleichfalls vorausgesehenen Erfolg zugeschlagen.
    So zum mindesten sah Oberst Green in einer vielleicht etwas übertriebenen Weise diese Dinge, denn was den Nachrichtendienst anlangt, hatte er für die Theorie des »l’art pour l’art« nichts übrig. Er brummte eine unverständliche Bemerkung vor sich hin und dachte dabei an einige Abenteuer aus früheren Zeiten. Dann aber war es ihm fast schmerzlich, angesichts der Genauigkeit und der geradezu an ein Wunder grenzenden Übereinstimmung der Nachrichten über den vorliegenden Fall

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