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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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richtig hielt, nämlich der Klugheit zum Triumph verholfen und einen großen Schritt im Hinblick auf die Fertigstellung der Brücke getan zu haben. Er hatte sich als geschickter Taktiker erwiesen und war sich bewußt, seine Kräfte in der bestmöglichen Weise eingesetzt zu haben.
     
    Clipton ging gleichzeitig mit ihm fort und begleitete ihn bis zu ihrer gemeinsamen Hütte.
    »Diese hirnlosen Tröpfe, Sir«, sagte der Arzt und betrachtete ihn neugierig. »Wenn ich mir überlege, daß diese Kerls ohne uns ihre Brücke auf einem sumpfigen Untergrund bauen wollten und daß sie unter dem Gewicht der mit Truppen und Munition beladenen Züge zusammengebrochen wäre!«
    Seine Augen leuchteten in seltsamem Glanz auf, als er diese Worte aussprach; doch der Oberst blieb ungerührt. Die Sphinx konnte ein Geheimnis, das sie nicht besaß, nicht von sich geben.
    »Nicht wahr?« antwortete er in vollem Ernst. »Sie sind genauso, wie ich sie immer eingeschätzt habe: ein sehr primitives Volk, das noch in den Kinderschuhen steckt und zu schnell einen zivilisierten Anstrich bekommen hat.
    In Wirklichkeit haben sie nichts von Grund aus gelernt.
    Sobald sie sich selber überlassen sind, können sie nicht einen Schritt vorwärts tun. Ohne uns wären sie in der Seefahrt noch immer im Zeitalter der Segelschiffe und besäßen kein einziges Flugzeug. Die reinsten Kinder… Und dabei solche Anmaßung, Clipton! Ein Projekt von dieser Wichtigkeit! Glauben Sie mir, sie sind höchstens imstande, Brücken aus Lianen herzustellen.«

4
    Es gibt keinen Vergleich zwischen der Brücke, wie sie die abendländische Zivilisation auffaßt, und den diesem Zweck entsprechenden Gerüsten, wie sie die japanischen Soldaten gewohnt waren, auf dem asiatischen Erdteil zu errichten.
    Ebensowenig Ähnlichkeit besteht zwischen den für den Bau verwandten Arbeitsmethoden. Das japanische Kaiserreich besaß gewiß befähigte Techniker, doch diese wurden in der Hauptstadt festgehalten. In den besetzten Gebieten wurde die Verantwortung für derartige Bauwerke dem Heer überlassen. Die wenigen, schnell nach Thailand verschickten Fachleute besaßen weder Autorität noch große Erfahrung und ließen meistens die Militärs handeln.
    Deren schnelle und bis zu einem gewissen Punkt wirksame Handlungsweise wurde von der Not des Augenblicks diktiert, da sie im Verlauf ihres Vorrückens in den eroberten Ländern auf Bauwerke stießen, die vom Feind beim Rückzug zerstört worden waren. Sie bestand darin, zuerst zwei Reihen von Pfeilern in das Flußbett einzurammen, danach auf diesen Trägern ein unentwirrbares Durcheinander von Holzwerk zu errichten, das planlos und ohne Fachkenntnis befestigt wurde, wobei man sämtliche Gesetze mechanischer Statik außer acht ließ und an den Punkten, die sich bei der ersten Probe als zu schwach erwiesen, noch mehr Holz anhäufte.
    Auf diesen oberflächlichen Oberbau, der manchmal eine große Höhe erreichte, wurden zwei Parallelschichten dicker Stämme gelegt, deren Hölzer annähernd viereckig zugehauen waren und die Schienen trugen. Damit wurde die Brücke als fertig angesehen. Sie genügte den Anforderungen der Stunde. Es gab darauf weder ein Geländer noch einen Weg für die Fußgänger. Wenn diese sie benutzen wollten, mußten sie auf den Baumstämmen über einen Abgrund balancieren, was den Japanern übrigens sehr erfolgreich gelang.
    Der erste Zug passierte die Brücke langsam und schwankend. Manchmal entgleiste die Lokomotive, wenn sie das andere Ufer erreichte, aber ein Trupp mit Hebeln ausgerüsteter Soldaten brachte es im allgemeinen immer fertig, sie wieder auf das Geleis zu stellen. Der Zug setzte seine Fahrt fort. Hatte er die Brücke zu sehr erschüttert, so wurden zusätzliche Balken angebracht. Der nächste Zug passierte die Brücke in der gleichen Weise. Das Gerüst hielt einige Tage, einige Wochen oder sogar einige Monate stand; dann riß eine Überschwemmung es fort, oder eine Reihe allzu heftiger Erschütterungen ließ es zusammenstürzen. Daraufhin fingen die Japaner, ohne ungeduldig zu werden, von neuem an. Das Material dafür lieferte der unerschöpfliche Dschungel.
    Das Arbeitsverfahren der abendländischen Zivilisation ist selbstverständlich nicht so primitiv, und Hauptmann Reeves, der ein wesentliches Element dieser Zivilisation, nämlich der Technik, repräsentierte, wäre errötet, wenn er sich von einem derartig simplen Empirismus hätte leiten lassen.
    Doch die abendländische Technik im Brückenbau zieht ein

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