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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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Übermaß an Sklavenarbeiten nach sich, die die Vorarbeiten aufblähen und vervielfältigen. Sie verlangt zum Beispiel einen bis in alle Einzelheiten gehenden Plan, und die Aufstellung dieses Planes erfordert, daß man vorher den Zuschnitt eines jeden Balkens, sein Maß und die Tiefe, bis zu der die Pfeiler eingerammt werden, und darüber hinaus noch weitere Einzelheiten kennt. Nun verlangen aber dieser Zuschnitt, dieses Maß und diese Tiefe komplizierte Berechnungen, die auf Zahlen beruhen, die die Widerstandsfähigkeit des verwandten Materials und die Festigkeit des Baugrundes darstellen. Diese Zahlen wiederum hängen von den Koeffizienten ab, die die genormten Probestücke, den sogenannten »standard«, kennzeichnen, der in den zivilisierten Ländern aus Tabellen ersichtlich ist. In Wirklichkeit verlangt die Realisierung eines solchen Bauvorhabens a priori eine vollkommene Übersicht, und diese geistige Leistung, die der materiellen vorangeht, ist eine der beachtlichsten Errungenschaften des abendländischen Geistes.
    Hauptmann Reeves besaß an den Ufern des Kwai-Flusses keine derartigen Tabellen, doch er war ein erfahrener Ingenieur, und sein theoretisches Wissen erlaubte ihm, ohne diese auszukommen. Es genügte ihm, das Arbeitstempo wieder ein wenig zu beleben, und, ehe er seine Berechnung begann, auf den Baustellen eine Versuchsreihe über die Gewichts- und Materialverhältnisse anzustellen. Er konnte so seine Koeffizienten auf einfache Weise festlegen, indem er sich gewisser Geräte bediente, die er in aller Eile herstellen ließ, denn die Zeit drängte.
    Im Einverständnis mit Oberst Nicholson, unter den ängstlichen Blicken von Saito und den ironischen Augen von Clipton wurden diese Anfangsversuche durchgeführt. In der gleichen Zeit entwarf er den bestmöglichen Plan für die Eisenbahnlinie und reichte ihn an Major Hughes zur Ausführung weiter. Nachdem er den Kopf frei und endlich die für seine Berechnungen notwendigen Gegebenheiten beisammen hatte, machte er sich an den interessantesten Teil des Bauvorhabens, nämlich an den theoretischen Entwurf und die Planung der Brücke.
     
    Diesem Projekt widmete er sich mit der beruflichen Gewissenhaftigkeit, die er früher bei der Ausübung seines Metiers in Indien an den Tag gelegt hatte, wenn er für die Regierung ähnliche Plane verfertigte, aber darüber hinaus auch mit einer fieberhaften Begeisterung, die zu empfinden er sich damals vergeblich bemüht hatte, was ihm auch mit Hilfe entsprechender Lektüre, zum Beispiel des Handbuchs für Brückenbau, nicht gelungen war. Diese Begeisterung überkam ihn nun wie ein plötzlicher Rausch, der das Echo einer einfachen Überlegung seines Chefs war.
    »Wissen Sie, Reeves, ich rechne tatsächlich mit Ihnen. Sie sind hier der einzige technisch befähigte Mann, und ich lasse Ihnen große Handlungsfreiheit. Es geht darum, diesen Barbaren unsere Überlegenheit zu beweisen. Ich verkenne keine der Schwierigkeiten in diesem gottverlassenen Lande, wo sämtliche Mittel fehlen, doch das Ergebnis wird um so verdienstvoller sein.«
    »Sie können auf mich zählen, Sir«, hatte Reeves geantwortet, der plötzlich wie magnetisiert war. »Sie werden zufrieden sein, und diese Kerls werden sehen, was wir leisten können.«
    Das war die Gelegenheit, nach der er sein ganzes Leben lang gestrebt hatte. Immer hatte er davon geträumt, ein großes Bauprojekt übernehmen zu können, ohne jeden Augenblick von Verwaltungsbüros geärgert zu werden, ohne sich über Beamte empören zu müssen, die sich in seine Arbeit einmischten, darüber nachsannen, wie sie ihm unter dem Vorwand, sparen zu wollen, Knüppel zwischen die Beine werfen konnten, und seine Anstrengungen, etwas Eigenes zu schaffen, zunichte machten. Hier würde er nur seinem Obersten Rechenschaft ablegen müssen. Dieser brachte ihm Sympathie entgegen; wenn er auch die Organisation und einen gewissen, unumgänglichen Formalismus respektierte, so war er wenigstens verständnisvoll und ließ sich nicht von finanziellen oder politischen Problemen hinsichtlich des Brückenbaus hypnotisieren. Darüber hinaus hatte dieser in völliger Aufrichtigkeit seine technische Unkenntnis zugegeben und seine Absicht bekräftigt, seinem Mitarbeiter die Zügel freizugeben. Gewiß, die Arbeit war schwierig, und es fehlten die Mittel, doch er, Reeves, würde sämtliche Unzulänglichkeiten durch seinen Feuereifer ausgleichen. In ihm regte sich bereits der Hauch, der das schöpferische Feuer der Seele anfacht

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