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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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töten.
     
    Mrs. und Ms. Cramond nutzten ihr großes Haus gut. Sie gaben
Gesellschaften und Essen; ihre Parties wurden richtig berühmt.
Sie spannten dazu bestimmte Personen ein, Dichter, die an der
Universität lasen, einen durchreisenden Maler, der versuchte,
einige seiner Werke in einer Galerie zu verkaufen, eine
Schriftstellerin, die von der Buchhandlung zu einer Autogrammstunde
eingeladen worden war. An manchen Abenden war ein ganzer Kreis von
Leuten da, die er nicht kannte. Für gewöhnlich wirkten sie
weniger gut betucht als Andreas Freunde, und sie neigten dazu, eine
Menge mehr zu essen und zu trinken. Mrs. Cramond verbrachte
anscheinend den halben Tag mit dem Backen von Kuchen und Quiches und
Brot. Es tat ihm leid, daß Mrs. Cramond auch noch als Witwe die
ganze Zeit in der Küche stand und für andere sorgte, aber
Andrea sagte, er solle nicht dumm sein, für ihre Mutter sei es
eine Freude, wenn den Gästen schmeckte, was sie zubereitet
hatte. Das akzeptierte er, aber wenn er sah, daß die
zeitweiligen Hausfreunde sich Kuchen und wohl auch eine Flasche Wein
in die Manteltaschen stopften, überkam ihn in Stellvertretung
das Gefühl, ausgenutzt zu werden.
    »Diese Leute sind Intellektuelle«, sagte er einmal zu
Andrea. »Du ziehst einen Salon auf; du wirst
allmählich ein gottverdammter Blaustrumpf!«
    Sie lächelte nur.
     
    Andrea kaufte von einer Freundin einen Wurf von vier siamesischen
Katzen. Eine starb; sie nannte die beiden Kater Franklin und Phineas
und die schlanke Katze Fat Freddie. Verdammte Nostalgie, nannte er
es. Jemand schenkte Mrs. Cramond einen King-Charles-Spaniel; sie
nannte ihn Cromwell.
    Er kam schon in gute Stimmung, wenn er sich fertigmachte, um das
Haus zu besuchen. Die Fahrt dorthin erzeugte eine beinahe kindliche
Vorfreude. Das Haus war ein zweites Heim, ein warmer und
gastfreundlicher Ort. Manchmal, besonders wenn er ein paar
Gläser getrunken hatte, mußte er dagegen ankämpfen,
angesichts des Bandes zwischen Mutter und Tochter in eine absurde
Sentimentalität zu verfallen.
    Er fügte dem GTI und dem Range Rover einen Citroen CX hinzu,
dann verkaufte er alle drei und kaufte sich einen Audi Quattro. Er
fuhr geschäftlich in den Yemen, stand in den Ruinen, die einmal
Mokka gewesen waren, und am Ufer des Roten Meeres. Der warme Wind aus
Afrika wirbelte die Sandkörner um seine Füße auf. Er
spürte die stetige, harte Gleichgültigkeit der Wüste,
ihre ruhige Beständigkeit, den Geist dieses alten Landes. Er
strich mit der Hand über die von der Zeit abgenutzten, gekerbten
Steine und sah, wie die Wellen blau niederfielen, explodierende
Fäuste weißen Donners auf die offene, goldene
Handfläche des Strandes.
     
    Er arbeitete im Yemen, als die Israelis in den Südlibanon
einfielen, weil in London ein Mann erschossen worden war, und die
Argentinier in Port Stanley an Land gingen. Erst als die Task Force
schon auf hoher See war, erfuhr er, daß sein Bruder Sammy
dazugehörte. Wieder in Edinburgh, stritt er mit seinen Freunden.
Sicher, sagte er, den Argentiniern standen die verdammten Inseln zu,
aber wie, zum Teufel, konnten revolutionäre Gruppen den
Imperialismus einer faschistischen Junta unterstützen? Warum
mußte immer die eine Seite recht und die andere unrecht haben?
Warum nicht einfach sagen: Ein Fluch auf euer beider Häuser?
    Sein Bruder kam unversehrt zurück. Er führte immer noch
Streitgespräche über den Krieg, mit Sammy, seinem Dad,
seinen radikalen Freunden. Zu der Zeit, als die nächste Wahl
anstand, glaubte er allmählich, seine Freunde könnten
schließlich doch recht gehabt haben.
     
    »Was soll denn das?« sagte er verzweifelt. Wieder war
eine gesunde Labour-Mehrheit weggefegt worden, die
Sozialdemokratische Partei hatte die Stimmen an sich gerissen, die
Konservativen hatten von neuem überraschend gesiegt. Die Pundits
sagten voraus, die Tories würden einen geringeren Stimmenanteil
bekommen als beim letzten Mal, ihre Mehrheit jedoch mit hundert
Sitzen, vielleicht auch mehr, ausbauen. »Ach, Scheiße!«
    »Das wird langsam eintönig.« Andrea langte nach dem
Whisky. Margaret Thatcher erschien auf dem Fernsehschirm, ganz die
strahlende Siegerin.
    »Stell ab!« schrie er und versteckte sich unter der
Bettdecke. Andrea drückte auf die Taste der Fernsteuerung. Der
Schirm wurde dunkel. »Oh… Gott«, murmelte er unter der
Decke hervor. »Und fang jetzt bloß nicht von meiner
Steuerquote an.«
    »Ich habe kein Wort gesagt, Kid.«
    »Sag mir, daß alles nur ein böser

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