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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Labour Party bei; er nahm an
Briefschreibe-Kampagnen für Amnesty International teil. Er
verkaufte den Saab und kaufte einen Golf GTI, ein Jahr alt; er
löste die Hypothek auf die Wohnung ab.
    Bevor er den Saab zu dem Händler brachte, räumte er ihn
aus, und dabei fand er den weißseidenen Schal, den sie an jenem
Tag auf dem Turm benutzt hatten. Er hatte nicht gewollt, daß er
liegenblieb und von irgendwem gefunden wurde, deshalb hatte er ihn
auf dem Rückweg in einem Bach ausgewaschen, aber dann verloren.
Er hatte geglaubt, er sei aus dem Wagen gefallen.
    Zerknüllt und schmutzig kam er unter dem Beifahrersitz zum
Vorschein. Er wusch ihn, und er brachte alle Fußabdrücke
weg, aber der Blutfleck, der in einem unregelmäßigen Kreis
wie eine unfachmännische Knüpfbatik getrocknet war, wollte
nicht weichen. Andrea sagte, er solle den Schal behalten, dann
änderte sie ihre Meinung, nahm ihm den Schal weg und gab ihn ihm
eine Woche später fleckenlos, so gut wie neu und mit seinen
Initialen bestickt wieder. Er war beeindruckt. Sie wollte ihm nicht
sagen, wie sie und ihre Mutter den Schal gesäubert hatten.
Familiengeheimnis, sagte sie. Er hob den Schal sorgfältig auf
und trug ihn niemals, wenn er wußte, daß er sich
betrinken würde, damit er ihn ja nicht in irgendeiner Bar
liegenließ.
    »Fetischist«, schalt sie ihn.
     
    Das sagenhafte Fassen-Sie- einen-Entschluß-Referendum wurde
mit vielen Tricks durchgebracht. Eine Menge Zimmermannsarbeit in St.
Andrew’s House war verschwendet.
    Andrea übersetzte russische Texte und schrieb Artikel
über russische Literatur für Zeitschriften. Er wußte
nichts davon, bis er etwas von ihr in der Edinburgh Review las, eine lange Abhandlung über Sofia Tolstoi und Nadeschda
Mandelstamm. Er fühlte sich verwirrt, beinahe benommen, als er
es las; es mußte dieselbe Andrea Cramond sein; sie schrieb, wie
sie sprach, und er konnte beim Lesen der gedruckten Worte den
Rhythmus ihrer Sprache hören. »Warum hast du mir nie davon
erzählt?« fragte er sie gekränkt. Sie lächelte,
zuckte die Achseln, sagte, sie liebe es nicht, zu prahlen. Sie hatte
auch ein paar Artikel für Zeitschriften in Paris geschrieben.
Nur ein Nebengleis. Sie nahm wieder Klavierstunden, nachdem sie sie
in der High School aufgegeben hatte, und machte Abendkurse im
Zeichnen und Malen.
    Auch sie war eine Art Partnerschaft eingegangen; sie hatte etwas
Geld in eine feministische Buchhandlung gesteckt, die zwei ihrer
alten Freundinnen eröffnet hatten. Andere Frauen hatten sich an
dem Projekt beteiligt, und jetzt waren es sieben in einem Kollektiv.
Finanzieller Wahnsinn, hatte ihr Bruder es genannt. Sie half manchmal
im Laden aus. Er kam, wenn er ein bestimmtes Buch kaufen wollte, aber
er fühlte sich dort immer irgendwie unbehaglich und hielt sich
selten auf, um zu schmökern. Eine der Frauen prangerte Andrea
bei einem Treffen an, weil sie ihm einmal mit einem Kuß auf
Wiedersehen gesagt hatte, nachdem er ein paar Bücher gekauft
hatte. Andrea lachte sie nur aus und kam sich dann sehr
unschwesterlich vor. Sie entschuldigte sich für das Lachen, aber
nicht für den Kuß. Nachdem sie es ihm erzählt hatte,
achtete er darauf, sie nicht zu küssen oder zu berühren,
wenn er den Laden besuchte.
     
    »Oooohh, Scheiße«, sagte er. Sie saßen in
den frühen Morgenstunden aufrecht im Bett und sahen sich die
Wahlergebnisse an. Andrea schüttelte den Kopf und faßte
nach der Flasche Black Label auf dem Nachtschränkchen.
    »Laß nur, Kid! Trink einen Whisky und versuche, nicht
darüber nachzudenken. Denke an deine höchste
Steuerquote.«
    »Zum Teufel damit! Ich möchte lieber ein reines Gewissen
als einen gesunden Kontostand haben.«
    »Still, sonst wird dein Buchhalter in seinem Aktenschrank
rotieren!«
    Ein neuer Sprecher verkündete einen weiteren Tory-Sieg; die
Yahoos jubelten. Er schüttelte den Kopf. »Das Land kommt
tatsächlich auf den Hund«, brummte er.
    »Auf die Hündin.« Andrea ließ den Whisky in
ihrem Glas kreisen und sah mit gerunzelter Stirn durch das Glas auf
den Bildschirm.
    »Nun… wenigstens ist sie eine Frau«, meinte er
düster.
    »Eine Frau mag sie sein«, entgegnete Andrea, »aber
eine Schwester ist sie, verdammt noch mal, nicht.«
    Scotland stimmte für Labour, SNP erhielt den zweiten Platz.
Was das Land wirklich bekam, war die sehr ehrenwerte Margaret
Thatcher, Mitglied des Parlaments.
    Von neuem schüttelte er den Kopf. »Oooohh,
Scheiße!«
     
    Die Geschäfte gingen gut, sie mußten

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