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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Kolbenstangen
blitzten im Licht der widerhallenden, bis in die Grundfesten
erschütterten Werkstatt, und Rauch aus dem Schornstein der
Maschine pochte und hämmerte ein großes genietetes
Metallrohr hoch, das ihn zum Dach leitete. Es war eine furchtbar
laute, überwältigende, unbeschreiblich lebhafte Erfahrung;
er war gleichzeitig entsetzt und in Ekstase, angefüllt mit einer
erschreckten, entzückten Ehrfurcht vor der nackten, geballten,
gezügelten Kraft der Maschine.
    Die Kraft, diese kontrollierte, arbeitende Energie, dieses
metallene Symbol von allem, was mit Arbeit und Verstand und Materie
erreicht werden konnte, hallte in ihm jahrelang wider. Er wachte
keuchend, schwitzend, mit hämmerndem Herzen aus Träumen
auf, sich nicht sicher, ob er sich fürchtete oder aufgeregt war
oder beides. Er wußte nur, nachdem er diese stampfende,
stillstehende Maschine gesehen hatte, war alles möglich.
Es war ihm nie gelungen, das ursprüngliche Erlebnis zu seiner
eigenen Zufriedenheit zu beschreiben, und er hatte nie versucht,
Andrea dieses Gefühl zu erklären, weil er einfach nicht
imstande war, es sich selbst vollständig zu erklären.
    »Hier«, sagte sie, gab ihm den Joint und ein Feuerzeug.
»Sieh mal zu, ob du das da zum Funktionieren bringst!« Er
zündete den Joint an, blies ihr einen Rauchring zu. Sie lachte
und wedelte das fließende graue Halsband von ihrem
frischgewaschenen Haar weg.
    Sie rauchten das letzte von seinem Hasch. Sie holten die Kekse,
und sie machte ein wundervolles Rührei, das er niemals
vergaß und das sie kein zweites Mal mehr fertigbrachte, sie
gingen kichernd und lachend auf einen schnellen Schluck vor der
Polizeistunde ins nächste Hotel hinunter, sie kehrten kichernd
und lachend über die Straße zum Haus zurück, sie
fingen an, sich zu schubsen, dann sich zu befummeln, dann sich zu
küssen, und schließlich vögelten sie auf dem Gras
neben der Straße, unsichtbar (und sehr kalt und schnell) in dem
Nebel, während in zwanzig Fuß Entfernung hin und wieder
die Stimmen von Leuten zu hören waren und Autoscheinwerfer
langsam vorüberkrochen.
    Zurück im Haus, trockneten sie sich ab und wärmten sich
auf. Andrea drehte noch einen Joint. Er las eine sechs Monate alte
Zeitung, die er in einem Zeitschriftenständer gefunden hatte,
und lachte über die Dinge, die die Leute für wichtig
hielten.
    Sie gingen zu Bett, tranken den Rest von dem Laphroaig, den sie
mitgebracht hatte, und setzten sich hoch und sangen Lieder wie Der
Streckenarbeiter aus Wichita und Ode an Billy Joe mit
vertauschten Zeilen – ohne Rücksicht darauf, ob sie
zusammenpaßten –, um sie schottisch zu machen (»Ich
bin ein Streckenarbeiter für die Grafschaft… und werfe sie
in das schlampige Wasser der Forth Road Bridge…«).
     
    Am Montag fuhr er den Lotus zurück, im Nebel, zur Lunchzeit,
langsamer, als es ihm paßte, schneller, als es Andrea gefiel.
Am Freitag hatte er ein Gedicht angefangen, und er versuchte jetzt
beim Fahren, damit weiterzukommen, aber ihm wollte einfach nichts
mehr einfallen. Es war eine Art von Anti-Reim-,
Anti-Liebeslied-Gedicht, zum Teil eine Folge davon, daß er
Lieder sterbenssatt hatte, in denen sich Herz auf Schmerz reimte und die davon schwafelten, daß die Liebe länger
währe als Berge und Meere.
    Die Zeilen, die er hatte, aber in dem Nebel nicht ergänzen
konnte, lauteten:
     
    Lady, diese weiche Haut, deine Knochen und meine
    Werden Staub sein, bevor ein weiterer Berg abgetragen ist.
    Keine Meere, kein Fluß, kaum ein Bach wird austrocknen,
    Bevor unsere Augen und unsere Herzen es tun.

 
     
     
     
     
Meta-
morpheus:

 
Eins

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    MANCHE GEGENSTÄNDE WERFEN GERÄUSCHE besser zurück
als andere. Zuweilen höre ich etwas zum letzten Mal; es wird nie
ein Echo geben, weil nichts da ist, wovon es abprallen könnte.
Das ist das Geräusch des endgültigen Nichts, und es
dröhnt durch die großen Rohre, die die marklosen Knochen
der Brücke sind, wie ein Hurrikan, wie Gottes Fürze, wie
die gesammelten und wiederholten Schmerzensschreie der ganzen Welt.
Ich höre den Lärm, der Trommelfelle platzen lassen,
Schädel spalten, Wände erschüttern, Seelen zerbrechen
kann. Diese Orgelpfeifen sind dunkle Eisentunnel im Himmel,
groß und stark. Was für eine andere Melodie könnten
sie spielen?
    Eine Melodie, geeignet für das Ende der Welt, das Ende allen
Lebens, das Ende aller Dinge.
    Der Rest?
     
    Nichts als verschwommene Bilder. Schattenmuster. Der Schirm ist
dunkel, nicht silbern.

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