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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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gewesen war, und die
– das sagte er immer – die gleiche Farbe hatte wie ihr
Haar.
    Aber sie sahen sie von dort niemals.
     
    Sie saß nach dem Bad mit gekreuzten Beinen auf dem
Fußboden und bürstete ihr langes, dichtes rotes Haar. Ihr
blauer Kimono reflektierte den Schein des Feuers, und ihr Gesicht,
ihre Beine und Arme schimmerten frischgewaschen in diesem
gelborangefarbenen Glühen. Er stand am Fenster, sah hinaus in
die nebelgefüllte Nacht, die Nase gegen die kalte Scheibe
gedrückt und die Hände zu beiden Seiten seines Gesichts wie
Scheuklappen. Sie fragte: »Was denkst du?« Er schwieg
für einen Augenblick, dann riß er sich von dem Fenster los
und schloß die braunen Samtvorhänge wieder. Er drehte sich
zu ihr um, zuckte die Achseln.
    »Ziemlich dichter Nebel. Wir könnten es schaffen, aber
Spaß wird das Fahren nicht machen. Sollen wir
hierbleiben?«
    Sie bürstete langsam ihr Haar, hielt es von ihrem geneigten
Kopf zur Seite und zog sorgsam, geduldig die Bürste hindurch.
Fast konnte er sie denken hören. Es war Sonntagabend; sie
mußten eigentlich das Haus an der Küste verlassen und in
die Stadt zurückkehren. Als sie an diesem Morgen erwachten, war
es neblig gewesen, und sie hatten den ganzen Tag gewartet, daß
der Nebel sich hob, aber er war nur noch dichter geworden. Andrea
hatte mit ihren Eltern telefoniert; laut Wetterdienst herrschte auch
in der Stadt und überall an der Ostküste Nebel, also
würden sie ihm nicht davonlaufen, wenn sie Gullane
verließen. Es waren nur rund zwanzig Meilen, aber das war im
Nebel ein langer Weg. Sie haßte es, bei Nebel zu fahren, und
meinte, er fahre zu schnell, ganz gleich, wie die Bedingungen seien
(er hatte erst vor sechs Monaten – in ihrem Wagen – die
Fahrprüfung gemacht, und er liebte es, schnell zu fahren). Zwei
ihrer Freundinnen hatten in diesem Jahr Autounfälle gehabt.
Keine schlimmen, aber immerhin… Er wußte, sie war
abergläubisch und glaubte, Unglücksfälle kämen
immer zu dritt. Sie würde nicht zurückfahren wollen, obwohl
sie am nächsten Morgen Tutorenkurs hatte.
    Das Feuer flackerte über den Holzklötzen auf dem breiten
Rost.
    Andrea nickte langsam. »Okay, ich weiß nur nicht, ob
wir viel zu essen da haben.«
    »Zum Kuckuck mit dem Essen, haben wir Hasch?« Er
setzte sich neben sie, faßte eine ihrer Haarsträhnen,
drehte sie in den Fingern und grinste sie an. Sie schlug ihm mit der
Bürste auf den Kopf.
    »Süchtiger.«
    Er stieß einen Jammerschrei aus, rollte auf dem
Fußboden herum und rieb sich den Kopf. Als er sah, daß
das keine Wirkung hatte – sie bürstete immer noch
seelenruhig ihr Haar –, setzte er sich wieder hin, den
Rücken an einen Sessel gelehnt. Er sah zu der alten Musiktruhe
hinüber. »Soll ich noch einmal Wheels of Fire auflegen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein…«
    »Electric Ladyland?« schlug er vor.
    »Nimm irgend etwas… Altes.« Sie runzelte die Stirn,
sah zu den braunen Falten des Samtvorhangs hinüber.
    »Etwas Altes?« Er heuchelte Widerwillen.
    »Ja. Ist Bringing It All Back Home da?«
    »Oh, Dylan.« Er streckte sich und fuhr sich mit den
Fingern durch sein langes Haar. »Ich glaube nicht, daß wir
das haben. Ich sehe einmal nach.« Sie hatten eine ganze Kiste
Schallplatten mitgebracht. »Hmm. Nein… nicht da. Schlag
etwas anderes vor.«
    »Wähle du etwas aus! Etwas Altes. Mir ist so
nostalgisch. Etwas aus der guten alten Zeit.« Sie lachte
dabei.
    »Dies ist die gute alte Zeit«, versicherte er
ihr.
    »Das hast du nicht gesagt, als Prag brannte und Paris
nicht«, gab sie zurück. Er seufzte mit einem Blick zu all
den alten LP’s.
    »Ja, ich weiß.«
    »Tatsächlich«, setzte sie hinzu, »ist es auch
nicht das, was du gesagt hast, als dieser nette Mr. Nixon
gewählt wurde oder als Bürgermeister Daly…«
    »Okay, okay. Was möchtest du also hören?«
    »Oh, lege noch einmal Ladyland auf«, seufzte sie.
Er trug die Platte zur Musiktruhe. »Möchtest du zum Essen
ausgehen?« fragte sie ihn.
    Er war sich nicht schlüssig. Er wollte die gemütliche
Intimität des Hauses nicht verlassen; es war schön, mit ihr
allein zu sein. Auch konnte er es sich nicht leisten, immerzu essen
zu gehen; Andrea bezahlte für die meisten Mahlzeiten.
»Lieber hierbleiben.« Er blies Staub von der Nadel unter
dem schweren Bakelit-Arm. Witze über das Alter der Musiktruhe
machte er keine mehr.
    »Ich werde nachsehen, was im Kühlschrank ist.« Sie
erhob sich vom Fußboden und strich den Kimono glatt. »Das
Hasch ist

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