Die Brücke
als erstes. Sie steigen durch den Nebel wie
dicke, bebende Maste auf. Rauch wälzt sich wie ein stofflicher
Schatten. Leute rufen, Lichter flackern. Ein paar Eisenbahner rennen
auf das Wrack zu. Ich erkenne das hintere Ende des Zuges, der vor ein
paar Minuten an mir vorbeigefahren ist. Es ist ein Hilfszug, beladen
mit Kränen und Schläuchen und Krankenwagen. Er rollt
langsam über die Schienen, verschwindet hinter den
Güterwagen eines anderen, mir um zwei Spuren näheren Zuges.
Die ersten paar Güterwagen sind normal, stehen noch auf den
Gleisen, aber die nächsten drei sind entgleist. Ihre Räder
sind in den metallenen Rinnen an den Rändern der Schienen
gefangen, wie es die Konstrukteure der Brücke beabsichtigten.
Die Wagen dahinter liegen diagonal über den Gleisen, jede Achse
rittlings über einer Schiene. Danach ist jeder folgende Wagen
stärker beschädigt als der vor ihm. Die Flammen steigen
immer noch in die Höhe. Ich bin ihrer Quelle jetzt näher,
ich kann die Hitze durch den Nebel auf meinem Gesicht fühlen.
Soll ich umkehren? Wahrscheinlich bin ich hier unerwünscht. Im
Nebel ist es verwirrend, aber ich glaube, ich bin fast ans Ende
dieses Abschnitts gelangt, wo sich die Brücke wie ein in die
Länge gezogenes, auf der Seite liegendes Stundenglas hinunter zu
der Brücke-in-der-Brücke verengt, die das
Verbindungsstück ist.
Wagen liegen hier kreuz und quer über den Schienen, wo ein
Netzwerk aus Weichen die Gleise vom Hauptabschnitt der Brücke
auf den Flaschenhals des Verbindungsbogens zulenkt, über das nur
wenige Spuren zum nächsten Abschnitt hinüberführen.
Die Hitze ist auf dieser Seite des verunglückten Zuges sehr
stark; aus dem Hilfszug auf der anderen Seite des Wracks rauschen
Wasserstrahlen über die brennenden Güterwagen, zischen auf
dem heiß gewordenen Material von Holz und Metallrahmen.
Eisenbahner mit Feuerlöschern laufen hin und her, andere
entrollen Segeltuchschläuche und schließen sie an
Hydranten an. Die Flammen wogen und zittern, das Feuer zischt, wenn
das Wasser es trifft. Ich gehe weiter, beschleunige den Schritt, um
von der Hitze der Flammen wegzukommen. Wasser fließt in den
Radmulden und Abzugkanälen des Decks und fügt seinen Dampf
dem Nebel und dem aufsteigenden schwarzen Rauch hinzu. Oberhalb der
Stelle, wo der Zug brennt, hat sich etwas entzündet und tropft
geschmolzenes Feuer auf die Gluthölle der zerschmetterten
Wagen.
Ich komme in die Nähe einer der Sirenen, die von einem
Pfosten neben den Gleisen in den Nebel hineinheult, und muß mir
die Ohren zuhalten. Noch mehr Eisenbahner laufen rufend an mir
vorbei. Das Feuer, das ich jetzt im Rücken habe, brüllt in
den engen Raum, den die Träger bilden. Vorn liegt der
zerschmetterte Zug auf der Seite, zusammengedrückt und schief,
über die Gleise geworfen wie etwas, das von oben herabgefallen
ist, wie eine tote Schlange. Die Rahmen der Wagen sind wie gebrochene
Rippen.
Dahinter liegt ein zweiter Zug, größer und mit Fenstern
in den Wagen statt der glatten Wände der Güterwaggons.
Männer wimmeln über die zerrissenen Oberflächen, die
mit der langen, noch kenntlichen Form einer Güterzuglokomotive
verschmelzen. Ihre Schnauze hat sie in einem der hohen Wagen
begraben. Menschen werden aus dem Wrack gezogen. Tragbahren liegen
neben den Gleisen. Weitere Hupen und Hörner erklingen in der
Nähe, übertönen die Nebelhörner unten. Ich bin
wie festgebannt von der nackten manischen Energie dieser
verzweifelten Szene, ich sehe den Rettungsarbeiten zu. Noch mehr
Leute tauchen stöhnend und blutend aus dem Personenzug auf. In
dem Wrack hinter mir gibt es eine Explosion. Männer rennen
diesem neuen Katastrophenschauplatz zu. Die Verletzten werden auf
Tragbahren weggebracht.
»Sie da!« ruft mir einer der Männer zu. Er kniet
neben einer Tragbahre, hält den blutigen Arm einer Frau,
während ein zweiter Mann weiter oben eine Aderpresse anlegt.
»Helfen Sie uns! Nehmen Sie ein Ende der Tragbahre,
ja?«
Neben den Gleisen liegen zehn oder zwölf Tragbahren.
Männer kommen gelaufen und bringen sie weg. Aber viele Leute
bleiben liegen und warten, daß sie an die Reihe kommen. Ich
steige vom Fußgängerweg über die Schienen, gehe zu
den Tragbahren und helfe einem Eisenbahner, eine zu tragen. Wir
bringen die erste Tragbahre zu dem Hilfszug, wo medizinisches
Personal sie uns abnimmt.
In dem entgleisten Güterzug gibt es eine zweite Explosion.
Als wir mit dem nächsten Verletzten kommen, ist der Hilfszug auf
dem Gleis
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