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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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vornehmen hohen Offizier, der damals im Felde stand, den sie jedoch bald zurückerwartete. Sie lehnte den Antrag des neuen Bewerbers ab und bat ihn, nicht mehr zu ihr zu kommen. Er stellte seine Besuche auch wirklich ein, aber da er die Einrichtung ihres Hauses kannte, drang er eines Nachts vom Garten aus über das Dach bei ihr ein – ein überaus dreistes Unternehmen, bei dem er sehr leicht hätte ertappt werden können. Indes gelingen erfahrungsgemäß gerade die ungewöhnlich dreisten Verbrechen häufiger als andere. Nachdem er durch ein Dachfenster in den Dachboden eingedrungen war, stieg er auf einer kleinen Treppe zu den Wohnzimmern hinunter, da er wußte, daß die Tür am Ende der Treppe durch die Nachlässigkeit der Diener nicht immer verschlossen war. Er rechnete auch diesmal damit – und sollte recht behalten. In die Wohnzimmer gelangt, ging er im Dunkeln in ihr Schlafzimmer, wo ein Lämpchen vor dem Heiligenbild brannte. Und zufällig mußten auch gerade die beiden Stubenmädchen heimlich, ohne Urlaub, zu einer Namenstagsfeier in der Nachbarschaft, in derselben Straße, gegangen sein. Die übrigen Diener und Mägde schliefen in den Gesindestuben und in der Küche im unteren Stockwerk. Beim Anblick der Schlafenden loderte in ihm zuerst die Leidenschaft auf, dann aber bemächtigte sich seiner eine wütende Eifersucht, und unbewußt, wie ein Trunkener, trat er heran und stieß ihr das Messer ins Herz, so daß sie nicht einmal schrie. Danach richtete er es mit teuflischer Berechnung ein, daß der Verdacht auf die Dienerschaft fallen mußte. Er schämte sich nicht, die Geldbörse der Ermordeten einzustecken, öffnete mit den Schlüsseln, die er unter ihrem Kopfkissen hervorholte, ihre Kommode und entnahm ihr mehrere Dinge – genauso, als ob es ein ungebildeter Diener getan hätte, das heißt, er ließ die Wertpapiere liegen und nahm nur das Geld und einige größere Goldsachen, während er die viel wertvolleren kleineren Stücke verschmähte. Er nahm auch noch etwas zum Andenken an sich, aber davon später. Nachdem er diese furchtbare Tat ausgeführt hatte, verließ er das Haus, wie er gekommen war. Weder am folgenden Tag, als das Verbrechen entdeckt wurde, noch jemals später war es jemandem in den Sinn gekommen, den wirklichen Täter auch nur zu verdächtigen. Auch von seiner Liebe zu ihr hatte niemand gewußt, denn er war von jeher schweigsam und wenig mitteilsam gewesen, und einen Freund, dem er sein Inneres entdeckt hätte, besaß er nicht. Man hielt ihn einfach für einen Bekannten der Ermordeten, und zwar nicht einmal für einen nahen Bekannten, denn in den letzten zwei Wochen hatte er sie gar nicht besucht. Dagegen verdächtigte man sofort ihren leibeigenen Diener Pjotr, und zufällig kamen alle Umstände zusammen, diesen Verdacht zu bestätigen. Denn die Verstorbene hatte ihm nicht verheimlicht, daß sie, verpflichtet, von ihren Bauern einen Rekruten zu stellen, ihn zu den Soldaten geben wollte; er stand allein und führte sich außerdem ziemlich übel auf. Man hatte gehört, wie er in betrunkenem Zustand in einer Schenke gedroht hatte, sie zu ermorden. Zwei Tage vor ihrem Tod war er geflohen und hatte sich irgendwo in der Stadt aufgehalten. Einen Tag nach dem Mord fand man ihn auf der Landstraße am Stadtrand besinnungslos betrunken; in der Tasche hatte er sein Messer, und obendrein war seine rechte Hand noch blutbefleckt. Er beteuerte, das stamme aus seiner Nase, doch man glaubte ihm nicht. Die Stubenmädchen gestanden, daß sie bei einer Namenstagsfeier gewesen waren und daß die Haustür bis zu ihrer Rückkehr unverschlossen geblieben war. Auch sonst fanden sich noch eine Menge ähnlicher Indizien, auf Grund derer man den schuldlosen Diener festnahm. Die Untersuchung begann; nach einer Woche erkrankte der Verhaftete jedoch an einem schweren Fieber und starb bewußtlos im Krankenhaus. Damit endete der Prozeß. Man überließ das Weitere dem Willen Gottes und alle, Richter, Obrigkeit und Publikum, blieben der Überzeugung, daß kein anderer als der verstorbene Diener das Verbrechen begangen habe. Aber danach begann die Strafe.
    Der geheimnisvolle Besucher, der inzwischen schon mein Freund geworden war, gab zu, daß er anfangs überhaupt nicht von Gewissensbissen gequält wurde. Qualen mußte er zwar lange Zeit erdulden, doch nicht infolge von Gewissensbissen, sondern aus Schmerz darüber, daß er die geliebte Frau getötet hatte, daß sie nun nicht mehr auf der Welt war, daß er durch ihre

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