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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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gleichzeitig jedoch wünschte er in seiner Ungeduld möglichst schnell fertig zu werden. Und je mehr er aussagte, desto mehr wurde niedergeschrieben; infolgedessen mußte er häufig unterbrochen werden, damit der Schreiber nachkam. Dmitri Fjodorowitsch hielt das für ein verwerfliches Verfahren; aber er fügte sich; und wenn er sich ärgerte, so tat er es vorläufig noch in gutmütiger Weise. Allerdings rief er manchmal: »Meine Herren, das könnte selbst den Herrgott wütend machen!« Oder: »Meine Herren, wissen Sie, daß Sie mich ganz umsonst nervös machen?« Doch trotz solcher Zwischenrufe hatte sich seine freundschaftlich-mitteilsame Stimmung einstweilen noch nicht geändert. So erzählte er, wie er vor zwei Tagen von Samsonow »angeführt« worden war; denn daß der ihn »angeführt« hatte, war ihm jetzt völlig klar. Der Verkauf der Uhr für sechs Rubel, eine dem Untersuchungsrichter und dem Staatsanwalt bislang noch unbekannte Tatsache, erregte sogleich deren besondere Aufmerksamkeit, und sie hielten es für nötig – darüber entrüstete sich Mitja maßlos –, diese Tatsache ausführlich niederzuschreiben: als neue Bestätigung des Umstandes, daß er am Tag vor dem Mord fast kein Geld besessen hatte. Allmählich wurde Mitja ärgerlich. Nachdem er dann seine Fahrt zu Ljagawy und die Nacht in der vom Kohlendunst stickigen Stube beschrieben hatte, schilderte er auch seine Rückkehr in die Stadt und kam hierbei von selbst, ohne besondere Aufforderung, eingehend auf seine Eifersuchtsqualen wegen Gruschenka zu sprechen. Man hörte ihm schweigend und aufmerksam zu; besonderes Interesse erregte der Umstand, daß er auf Marja Kondratjewnas Grundstück schon seit langem einen Geheimposten zur Beobachtung Gruschenkas bei Fjodor Pawlowitsch eingerichtet hatte; auch daß ihm von Smerdjakow Nachrichten zugetragen worden waren, wurde sehr beachtet und niedergeschrieben. Von seiner Eifersucht sprach er leidenschaftlich und ausführlich, und obgleich er sich innerlich dafür schämte, daß er seine intimsten Gefühle sozusagen an den Pranger stellte, überwand er dieses Schamgefühl offenbar, um die volle Wahrheit zu sagen. Der teilnahmslose Ernst in den Blicken des Untersuchungsrichters und vor allem des Staatsanwaltes, die während seines Berichts unverwandt auf ihn gerichtet waren, ärgerte ihn bald ziemlich heftig. Dieser Knabe Nikolai Parfjonowitsch, mit dem ich noch vor ein paar Tagen über die Frauen gewitzelt habe, und dieser kränkliche Staatsanwalt sind es gar nicht wert, daß ich ihnen das erzählt habe! Dieser mißmutige Gedanke ging ihm durch den Kopf. Es ist eine Schmach und Schande! Er schloß seinen Gedanken ab mit dem Vers: »Dulde, füge dich und schweig!« und nahm sich erneut zusammen, um fortfahren zu können. Als er zu seinem Besuch bei Frau Chochlakowa überging, wurde er wieder zornig und wollte über diese Dame sogar ein unlängst in Umlauf gekommenes, nicht zur Sache gehöriges Anekdötchen zum besten geben. Doch der Untersuchungsrichter unterbrach ihn und ersuchte ihn, »zu Wichtigerem« überzugehen. Als er schließlich seine Verzweiflung schilderte und von dem Augenblick erzählte, wo er, das Haus von Frau Chochlakowa verlassend, erwogen hatte, notfalls sogar jemanden zu ermorden, wenn er sich dadurch nur die dreitausend Rubel verschaffen konnte, da unterbrachen sie ihn wieder, und es wurde niedergeschrieben, daß er morden wollte. Mitja ließ es schweigend geschehen. Endlich gelangte er zu dem Punkt, wo er erfahren hatte, daß Gruschenka ihn getäuscht hatte und von Samsonow gleich wieder weggegangen war, obgleich sie zu ihm gesagt hatte, sie würde bei dem Alten bis Mitternacht sitzen. »Meine Herren!« entfuhr ihm an dieser Stelle unwillkürlich. »Wenn ich diese Fenja damals nicht totschlug, so nur deshalb, weil ich keine Zeit hatte!« Auch das wurde sorgfältig aufgeschrieben. Mitja fuhr mit finsterer Miene fort und begann gerade zu berichten, wie er zu seinem Vater in den Garten gelaufen war, als ihn der Untersuchungsrichter plötzlich unterbrach, seine große Mappe, die neben ihm auf dem Sofa lag, öffnete und den Messingstößel herausnahm.
    »Ist Ihnen dieser Gegenstand bekannt?« Er zeigte ihn Mitja.
    »O ja!« erwiderte Mitja mit trübem Lächeln. »Wie sollte er mir nicht bekannt sein! Lassen Sie mal sehen ... Ach, zum Teufel, nicht nötig!«
    »Sie haben vergessen, ihn zu erwähnen!« bemerkte der Untersuchungsrichter.
    »Ach, zum Teufel! Verheimlichen wollte ich nichts vor

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