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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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gefunden?«
    »Ja.«
    »Wer konnte sie denn aufmachen, wenn nicht Sie selbst!« fragte Mitja in höchster Verwunderung.
    »Die Tür stand offen, und der Mörder Ihres Vaters ist zweifellos durch diese Tür hindurchgegangen und nach dem Mord durch sie wieder herausgekommen«, sagte der Staatsanwalt langsam, jedes einzelne Wort deutlich aussprechend. »Das ist uns vollständig klar. Der Mord ist offenbar im Zimmer verübt worden, nicht vom Fenster aus. Das ist hundertprozentig klar nach der vorgenommenen Lokalbesichtigung, nach der Lage des Leichnams und nach allem übrigen. Ein Zweifel ist ausgeschlossen.«
    Mitja war außerordentlich überrascht.
    »Aber das ist unmöglich, meine Herren!« rief er fassungslos. »Ich ... Ich bin nicht hineingegangen! Ich sage Ihnen mit aller Bestimmtheit, daß die Tür die ganze Zeit, während ich im Garten war und als ich aus dem Garten hinauslief, geschlossen war. Ich habe nur vor dem Fenster gestanden und durch das Fenster hineingesehen, weiter nichts, weiter nichts ... Ich erinnere mich genau, bis zum letzten Augenblick. Und selbst. wenn ich mich nicht erinnern würde, so weiß ich es trotzdem, weil die Signale nur mir und dem Diener Smerdjakow und Ihm, dem Toten, bekannt waren. Und ohne die Signale hätte er keinem Menschen auf der Welt geöffnet!«
    »Signale? Was für Signale?« fragte der Staatsanwalt mit eifriger, krampfhafter Neugier und verlor im Nu seine würdevolle Zurückhaltung.
    Seine Frage klang, als ob er sich vorsichtig heranschleichen wollte. Er witterte eine wichtige, ihm noch unbekannte Tatsache und befürchtete sogleich, Mitja würde sie ihm nicht vollständig enthüllen wollen.
    »Ah, davon haben Sie nichts gewußt?« erwiderte Mitja, ihm spöttisch zublinzelnd und boshaft lächelnd. »Wie nun, wenn ich es Ihnen nicht sage? Von wem werden Sie es dann erfahren? Von den Signalen wußten ja nur der Verstorbene, ich und Smerdjakow, weiter niemand. Nun, auch der Himmel hat noch davon gewußt, aber der wird Ihnen ja auch nichts sagen. Immerhin, eine interessante kleine Tatsache, auf der man weiß der Teufel was alles aufbauen kann, haha! Trösten Sie sich, meine Herren, ich werde Ihnen das Geheimnis enthüllen. Sie haben dumme Gedanken im Kopf und wissen nicht, mit wem Sie es zu tun haben! Sie haben mit einem Angeklagten zu tun, der gegen sich selbst aussagt, zu seinem eigenen Schaden! Ja, das tue ich, denn ich habe Ehre im Leib, was man von Ihnen nicht sagen kann!«
    Der Staatsanwalt schluckte alle diese Pillen; er zitterte nur vor Ungeduld, etwas über die neue Tatsache zu erfahren. Mitja setzte ihnen genau und ausführlich alles auseinander, was die für Smerdjakow erfundenen Signale betraf, erzählte ihnen, was jede Art des Klopfens zu bedeuten hatte, und klopfte diese Signale sogar auf dem Tisch. Und auf Nikolai Parfjonowitschs Frage, ob er, Mitja, an das Fenster des alten Mannes tatsächlich jenes Signal geklopft habe, welches bedeutete: »Gruschenka ist gekommen«, antwortete er mit Bestimmtheit, jawohl, dieses und kein anderes habe er geklopft.
    »Sehen Sie, nun wissen Sie es – jetzt bauen sie einen Turm darauf!« brach Mitja kurz ab und wandte sich wieder geringschätzig von ihnen weg.
    »Und von diesen Signalen wußten nur Ihr verstorbener Vater, Sie und der Diener Smerdjakow? Sonst niemand?« erkundigte sich Nikolai Parfjonowitsch noch einmal.
    »Ja, der Diener Smerdjakow und dann noch der Himmel. Schreiben Sie auch das von dem Himmel auf, es wird nicht überflüssig sein, auch das aufzuschreiben. Auch Sie werden Gott einmal gebrauchen können ...«
    Natürlich begann der Protokollführer wieder zu schreiben; als das erledigt war, sagte der Staatsanwalt, als wäre ihm plötzlich ein neuer Gedanke gekommen: »Wenn auch Smerdjakow von diesen Signalen wußte und Sie jede Schuld am Tod Ihres Vater auf das Bestimmteste bestreiten, hat dann nicht vielleicht er das verabredete Signal geklopft und Ihren Vater veranlaßt, ihm zu öffnen, und dann das Verbrechen begangen?«
    Mitja sah ihn mit einem spöttischen und zugleich haßerfüllten Blick an, so lange, bis zuletzt die Augen des Staatsanwalts zu blinzeln begannen.
    »Da haben Sie wieder mal einen Fuchs gefangen!« sagte Mitja endlich. »Sie haben der Kanaille den Schwanz eingeklemmt, hehe! Ich durchschaue Sie vollständig, Herr Staatsanwalt! Sie dachten, ich würde sofort aufspringen und mich an das klammern, was Sie mir da in die Hand geben, und aus voller Kehle schreien: ›Ja, Smerdjakow ist es gewesen! Er

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