Die Brueder Karamasow
Teufel. Er geht in die Badestube. Wenn man ihn auskleidet, findet man sicherlich einen Schwanz, einen langen, glatten Schwanz wie bei einer dänischen Dogge, eine Elle lang, dunkelbraun ... Aljoscha, du bist wohl ganz durchgefroren, du bist im Schneegestöber gewesen, willst du Tee? Was? Er ist kalt? Soll ich den Samowar aufstellen lassen? C'est à ne pas mettre un chien dehors ...«
Aljoscha lief schnell zum Waschtisch, befeuchtete ein Handtuch, überredete Iwan, sich wieder hinzusetzen, und legte ihm das feuchte Handtuch auf den Kopf. Er selbst setzte sich neben ihn.
»Was hast du mir vorhin über Lisa gesagt?« begann Iwan wieder; er war sehr redselig geworden! »Lisa gefällt mir. Ich habe über sie etwas Häßliches gesagt. Ich habe gelogen, sie gefällt mir ... Ich fürchte morgen für Katja, für sie am allermeisten. Wegen der Zukunft. Sie wird mich morgen fallenlassen und mit Füßen treten. Sie glaubt, ich würde Mitja zugrunderichten, weil ich ihretwegen auf ihn eifersüchtig sei! Ja, das glaubt sie! Aber es ist nicht so! Morgen kommt das Kreuz, aber nicht der Galgen. Nein, ich werde mich nicht erhängen. Weißt du, ich werde niemals fertigbringen, mir das Leben zu nehmen, Aljoscha! Aus Gemeinheit, nicht wahr? Aber ich bin nicht feige. Vielleicht aus Gier zu leben! Woher wußte ich, daß Smerdjakow sich erhängt hat? Ja, er hatte es mir gesagt ...«
»Bist du fest davon überzeugt, daß jemand hier gesessen hat?« fragte Aljoscha.
»Dort auf dem Sofa in der Ecke. Du hättest ihn vertrieben, wenn du früher gekommen wärst. Aber du hast ihn auch wirklich vertrieben; als du erschienst, verschwand er. Ich liebe dein Gesicht, Aljoscha. Hast du das gewußt, daß ich dein Gesicht liebe? Er, das bin ich, Aljoscha, ich selbst. Alles, was an mir niedrig, gemein und verächtlich ist! Ja, ich bin ein Romantiker, das hat er heimlich beobachtet ... Obwohl es eine Verleumdung ist. Er ist furchtbar dumm, doch dadurch gewinnt er die Oberhand. Er ist schlau, tierisch schlau; er hat gewußt, wodurch er mich in Wut bringen konnte. Er hat mich immer geneckt, als glaubte ich an ihn, und mich dadurch gezwungen, ihn anzuhören. Wie einen kleinen Jungen hat er mich angeführt. Er hat über mich übrigens viel Wahres gesagt. Ich hätte mir das selber nie gesagt. Weißt du, Aljoscha, weißt du ...«, fügte Iwan sehr ernst und gewissermaßen vertraulich hinzu! »Ich würde sehr wünschen, daß er wirklich er wäre und nicht ich!«
»Er hat dich gequält!« sagte Aljoscha und blickte seinen Bruder mitleidig an.
»Er hat mich geneckt! Und weißt du, geschickt, sehr geschickt. ›Das Gewissen! Was ist das Gewissen? Ich mache das Gewissen selbst. Warum quäle ich mich aber? Aus Gewohnheit. Weil sich die gesamte Menschheit seit sieben Jahrtausenden daran gewöhnt hat. Wir wollen es uns also abgewöhnen, und wir werden Götter sein.‹ Das hat er gesagt!«
»Und nicht du, nicht du?« rief Aljoscha zutiefst bewegt und sah den Bruder mit hellen Augen an! »Nun, dann laß ihn, kümmere dich nicht um ihn, vergiß ihn! Soll er alles, was du jetzt verfluchst, mit sich fortnehmen und nie wiederkommen!«
»Ja, aber er ist boshaft. Er hat sich über mich lustig gemacht. Er war dreist, Aljoscha«, sagte Iwan, zitternd ob der erlittenen Kränkung! »Aber er hat mich verleumdet, in vielem hat er mich verleumdet. Er hat mir ins Gesicht Unwahrheiten über mich gesagt. ›Oh, du wirst hingehen, um eine Heldentat der Tugend zu vollbringen, indem du erklärst, du seist der Mörder deines Vaters und der Diener habe nur auf deine Veranlassung deinen Vater ermordet ...‹«
»Bruder«, unterbrach ihn Aljoscha, »hör auf! Nicht du hast den Mord begangen. Das ist eine Unwahrheit!«
»Er ist es, der das sagt, er, und er weiß es. ›Du wirst hingehen, um eine Heldentat der Tugend zu vollbringen, aber du glaubst ja gar nicht an die Tugend – das ist es, was dich ärgert und quält, und das ist auch der Grund, weshalb du so rachsüchtig bist!‹ Das hat er über mich gesagt, und er weiß, was er sagt ...«
»Das sagst du, nicht er!« rief Aljoscha traurig! »Und du sagst es, weil du dich in deiner Krankheit, im Fieber, selber quälst!«
»Nein, er weiß, was er sagt. ›Du wirst aus Stolz hingehen‹, sagt er, ›wirst dich hinstellen und sagen: Ich bin es, der den Mord begangen hat! Warum windet ihr euch vor Entsetzen? Ihr lügt! Ich verachte eure Meinung, ich verachte euer Entsetzen!‹ Das sagt er von mir, und dann fügt er noch hinzu: ›Aber
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