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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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saß noch ungefähr zwei Stunden bei ihm. Der Kranke schlief fest, ohne sich zu rühren; er atmete still und gleichmäßig.
    Aljoscha nahm ein Kissen und legte sich angekleidet auf ein Sofa. Vor dem Einschlafen betete er für Mitja und Iwan. Iwans Krankheit war ihm nun verständlich geworden: ›Das sind die Qualen eines stolzen Entschlusses, das ist ein tiefgründiges Gewissen! Gott, an den er nicht geglaubt hatte, und seine Wahrheit hatten dieses Herz überwunden, das sich noch immer nicht hatte ergeben wollen. Ja‹, ging es Aljoscha durch den Kopf, als er schon auf dem Kissen lag, ›jetzt, da Smerdjakow tot ist, wird Iwans Aussage bei niemand mehr Glauben finden, aber er wird dennoch hingehen und aussagen!‹ Aljoscha lächelte leise: ›Gott wird siegen!‹ dachte er. Entweder wird er auferstehen im Licht der Wahrheit – oder er wird zugrunde gehen im Haß, indem er sich an sich selbst und an allen dafür rächt, daß er einer Sache gedient hat, an die er selbst nicht glaubt!‹ fügte er in Gedanken mit einem bitteren Gefühl hinzu, und er betete wieder für Iwan.
     

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Zwölftes Buch
     
    Ein Justizirrtum

1.
Der verhängnisvolle Tag
     
    Einen Tag nach diesen Ereignissen wurde um zehn Uhr vormittags die Sitzung unseres Bezirksgerichts eröffnet, und es begann die Verhandlung über Dmitri Karamasow.
    Ich sage im voraus, und zwar mit allem Nachdruck: Ich bin, wie ich glaube, bei weitem nicht imstande, alles, was vor Gericht vorging, in der gebührenden Vollständigkeit und in der richtigen Reihenfolge wiederzugeben. Wenn alles vorgetragen und gehörig erläutert werden sollte, würde dazu meines Erachtens ein ganzes Buch, und sogar ein recht umfängliches, erforderlich sein. Darum möge niemand ungehalten sein, wenn ich nur das wiedergebe, was auf mich persönlich einen starken Eindruck gemacht hat und in meinem Gedächtnis besonders haftengeblieben ist. Möglich, daß ich zweitrangige Dinge für wichtig gehalten und gerade das Markanteste, Unentbehrlichste weggelassen habe ... Allerdings sehe ich ein, daß es das beste ist, wenn ich mich gar nicht erst entschuldige. Ich werde es machen, so gut ich kann, und die Leser werden selbst erkennen, daß ich es nur so gut gemacht habe, wie ich konnte.
    Bevor wir den Gerichtssaal betreten, möchte ich etwas erwähnen, was mich an diesem Tag ganz besonders erstaunt hat, übrigens nicht nur mich. Alle wußten zwar, daß dieser Prozeß viele Leute interessierte, daß alle vor Ungeduld brannten, wann denn endlich die Verhandlung stattfinden werde, und daß man in unserer Gesellschaft diese zwei Monate hindurch viel geredet, eine Menge von Vermutungen aufgestellt und sich in übertriebenen Ausrufen und seltsamen Phantasien ergangen hatte; alle wußten auch, daß dieser Prozeß in ganz Rußland eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte – und doch hatte niemand eine Ahnung davon, bis zu welchem Grad er die Gemüter erhitzt, aufgeregt, erschüttert hat, und dies nicht nur in unserer Stadt, sondern überall, wie sich am Tag der Gerichtsverhandlung erwies. Zu diesem Tag hatten sich nicht nur aus der Hauptstadt unseres Gouvernements, sondern auch aus mehreren anderen Städten Rußlands, ja sogar aus Moskau und Petersburg Gäste bei uns eingefunden. Es waren Juristen gekommen, es waren sogar einige vornehme Persönlichkeiten eingetroffen, und nicht minder auch Damen. Alle Eintrittskarten waren vergriffen. Für besonders angesehene Persönlichkeiten unter den männlichen Besuchern waren sogar ganz ungewöhnliche Plätze hinter dem Tisch eingerichtet worden, an welchem die Richter saßen; man sah dort eine Reihe von Lehnstühlen mit verschiedenen Personen, was bei uns früher nie zugelassen worden war. Besonders zahlreich waren die Damen erschienen, einheimische wie auswärtige; ich glaube, sie bildeten nicht weniger als die Hälfte des gesamten Publikums. Schon allein die Zahl der zugereisten Juristen war so groß, daß man nicht wußte, wo man sie plazieren sollte, da alle Eintrittskarten längst anderweitig vergeben waren. Ich habe selbst gesehen, wie am Ende des Saales, hinten auf der Estrade, in aller Eile ein provisorischer Verschlag errichtet wurde, in dem man alle diese fremden Juristen unterbrachte; und sie schätzten sich sogar glücklich, daß sie dort wenigstens stehen konnten, da die Stühle, um Raum zu gewinnen, aus diesem Verschlag entfernt worden waren; die dort versammelte Menge stand während der ganzen Verhandlung dicht gedrängt Schulter an Schulter. Einige

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