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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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der Pflanzung aufgereiht. Sie trennen die Verwundeten von den anderen ab. Akima drückt Akna an sich, so fest sie kann. Schon vor einigen Minuten hat das Herz des Mädchens aufgehört zu schlagen. Akima duldet es, dass die Reiter Akna fortschaffen, und sieht, wie sie den kleinen Körper in den Fluss werfen. Dann geht sie in eine der Baracken und sinkt an deren äußerstem Ende am Boden nieder. Stunden vergehen. Akima öffnet die Augen. Inmitten der Strohsäcke nähert sich eine Gestalt in einem langen Baumwollkleid. Es ist eine junge und sehr schöne Frau namens Debbie Cole, die Gattin des Pflanzers. Sie kniet neben Akima nieder und drückt sie an sich. Die Massai-Prinzessin spürt, wie sich die Energie ihrer Schwester in ihrem eigenen Körper ausbreitet. Sie versucht, zu kämpfen. Sie will zu Akna. Sie brennt vor Wut auf die Menschen. Sie will sie nicht länger schützen. Soll doch der Erzfeind kommen und sie der großen Verwüstung ausliefern, sagt sie immer wieder unter Schluchzen. Debbie legt ihr die Hand auf die glühend heiße Stirn. Sie wiegt sie in ihren Armen und bläst sacht auf ihre Lider, wobei sie liebevolle Worte vor sich hin sagt, mit denen man Kinder in den Schlaf wiegt. Sie sagt, dass nicht alle Menschen böse sind und selbst
die Bösen das Recht auf Leben haben. Auch sagt sie, dass Tausende anderer Aknas sie brauchen.
    Unvermittelt schlägt Maria die Augen auf der Terrasse von Ol’ Man River wieder auf und saugt die Luft ein, wie jemand, der fast ertrunken wäre. Ihr Herz schlägt heftig. Sie meint, ersticken zu müssen. Sie lässt zu, dass die alte Akima sie an sich drückt, spürt Akimas Finger in ihren Haaren, Akimas Rippen an ihrem Gesicht, Akimas alte schlaffe Brüste unter ihrer Hand. Sie bricht in Schluchzen aus. Sie denkt an Akna. Erneut sieht sie das Gesicht des Mädchens im diffusen Licht des Laderaums. Es ist Hollys Gesicht, und es sind Hollys Augen.

6
    Walls wendet sich um. Der Polizeibeamte ist ebenso verschwunden wie die letzten Fluggäste. Am äußersten Ende des Abfertigungsgebäudes leuchten die Lichter der Buchungsschalter ein letztes Mal und erlöschen dann. Während Walls mit großen Schritten davongeht, kommt die Dunkelheit langsam auf ihn zu. Er hört die Stimme seines Großvaters in seinem inneren Ohr: » Denk an Harold und Jake … «
    Walls lächelt. Jetzt ist es ihm wieder eingefallen. Es war am Abend, bevor er erfuhr, dass sein Großvater ins Koma gesunken war. Harold und Jake, zwei üble Rabauken, hatten es sich angewöhnt, Gordon allmorgendlich vor der Schule abzupassen und eine Handvoll Bonbons von ihm zu erpressen. Als Wegezoll, wie sie sagten. An jenem Morgen hatte er Harold in die fordernd ausgestreckte schmutzige Hand gespien, wobei er sich vor Angst fast in die Hose gemacht hätte. Harold und Jake waren bleich wie Marmor geworden. Mitschüler hatten bereits einen Kreis
um die Gruppe gebildet, als der erste Faustschlag Gordon am Kinn traf. Ein richtiger Boxhieb. Mit dem Geschmack von Speichel und Blut im Mund war er lang hingeschlagen. In diesem Augenblick hatte ihn eine unvorstellbar starke Schwingung erfasst, und er hatte die beiden stämmigen Burschen angegriffen, sodass sie auf die Knie stürzten, wobei ihnen das Blut über die T-Shirts lief. Be friedigt hatte Gordon gelächelt. Er hatte gespürt, wie sich in ihm etwas Unbekanntes ausbreitete und einen Weg durch die Poren seiner Haut bahnte. Es war so ungeheuer mächtig, dass ein kleiner Stoß von ihm genügt hätte, um die beiden zu erledigen. Dann hatte er in seinem Kopf die Stimme seines Großvaters gehört: »Nein, Gordon! Ein Hüter der Flüsse tut so etwas nicht, es sei denn, ihm bleibt keine andere Wahl.«
    Er hatte den Druck aus sich entlassen und die Schwingung auf die geparkten Autos gerichtet, deren Motorhauben sich unter dem Aufprall verzogen hatten. Während eine Lehrerin auf Harold und Jake zugestürzt war, hatte er das Bewusstsein verloren.
    Jetzt geht Walls an den Rollsteigen entlang, die einer nach dem anderen stehenbleiben. Er dreht sich um: Die Dunkelheit kommt immer schneller, gleich wird sie ihn erreichen, überholen und gänzlich einhüllen. Die ersten Leuchtröhren am anderen Ende des Abfertigungsgebäudes erlöschen. Ein Knacken: An der Wand links von ihm entströmt einem Kaffeeautomaten eine siedend heiße braune Flüssigkeit und spritzt auf den Fußboden. Es riecht nach Cappuccino. Walls richtet den Blick nach vorn. Lediglich Ausgang C ist noch beleuchtet. Draußen liegen der

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