Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
während sich die Maschen des Netzes enger um sie schließen. Sie spürt das Brennen einer Pfeilspitze im Nacken. Sie beißt die Zähne
zusammen, während sich das Gift unter ihrer Haut ausbreitet. Ihre Lider werden schwer. Sie hat gerade noch Zeit zu sehen, wie Gestalten aus dem Unterholz auftauchen. Dann wird ihr klar, warum sie ihr nicht aufgefallen sind: Es sind Kimba. Dieser den Massai feindlich gesonnene Stamm lebt so sehr im Urzustand, dass seine Angehörigen an der Oberfläche von Akimas Fähigkeit nicht die geringste Reaktion hervorrufen. Unwillkürlich presst sie die Schenkel zusammen. Sie hat gehört, dass die Kimba Massai-Prinzessinnen vergewaltigen und einander dabei so lange ablösen, bis die auf diese Weise Gefolterte tot ist. Die Finsternis verdunkelt ihren Geist. Sie spürt den Atem dessen, der sich über sie beugt. Sie ist zu keiner Bewegung fähig. Während sich der Angreifer über sie beugt, um das Netz zu lösen, sieht sie sein dickes und schmutziges Geschlechtsteil wenige Zentimeter vor ihren Augen. Ihre Lider schließen sich. Sie verliert das Bewusstsein.
Maria spürt, wie sich Akimas Hände fest um die ihren schließen. Andere Gerüche dringen in ihren Geist, Holz und Teer, Schweiß und Salz. Der Frachtraum eines Schiffes. Die hölzernen Planken reißen ihren Rücken auf. Unmittelbar darunter schlagen die Wellen gegen den Rumpf. Sie versucht, sich zu bewegen, aber stählerne Fesseln umschließen ihre Hand- und Fußgelenke. Sie ist nackt. Sie blutet. Sie schwitzt. Ihr Magen hebt sich, als ihr der entsetzliche Gestank in die Nase steigt. Seufzer ent ringen sich ihr, Schmerzenslaute, Tränen treten ihr in die Augen.
Maria bemüht sich, im diffusen Dämmerlicht etwas zu erkennen. Durch Akimas Augen unterscheidet sie zahlreiche Menschen, die nebeneinander an eine von Ring zu Ring laufende Kette gefesselt sind. Da sie ihre Notdurft an Ort und Stelle verrichten müssen, baden sie förmlich in den Ausscheidungen, wovon sich ihre Wunden entzünden. Zusammen mit Akima atmet Maria die verdorbene
Luft ein. Sie hat Durst. Als sie den Kopf wendet, sieht sie, dass sie neben einem wunderschönen Mädchen liegt, das schluchzt. Ein Stofffetzen, wohl der Überrest eines Kleides, bedeckt ihren Unterleib und einen Teil ihrer Schenkel. Die Kimba haben ihre Mutter vor ihren Augen vergewaltigt, das Mädchen aber verschont. Maria lächelt ihr zu. Immer wieder von Schluchzen unterbrochen teilt ihr die Kleine mit, dass sie Akna heißt, zum Volk der Löwenjäger gehört und ihr Vater mindestens hundert Kimba getötet hat, bevor er selbst umkam. Maria versucht, aus ihrer Vision aufzutauchen. Sie spürt, wie sich Akimas Finger fest um ihre Handgelenke schließen.
Ein Lichtstrahl zerschneidet die Dunkelheit. Ein mit Gischt vermischter Luftstrom gelangt in den Laderaum. Weiße Männer mit einem in Alkohol getränkten Tuch vor dem Gesicht treten ein. Sie gießen aus großen Eimern Salzwasser über die Leiber. Die kräftigsten der Gefangenen zerren an der Kette, um dem Licht näher zu kommen. Manche weinen. Andere heulen vor Schmerzen auf, weil das Salzwasser in ihren Wunden brennt.
Die Weißen gehen durch die Reihen. Allmählich leeren sich ihre Eimer. Einige von ihnen spucken in offene Münder, die zu trinken begehren. Andere beugen sich über leblos daliegende Leiber, heben deren Augenlider und versetzen den Gequälten Tritte in den Unterleib. Wenn darauf keine Reaktion erfolgt, bedeuten sie zwei stämmigen Matrosen mit Handzeichen, dass sie die Leichen fortschaffen sollen. Entsetzt hört Maria, wie sie auf das Wasser klatschen. Man nimmt ihnen noch den Tod und verdammt ihre Seelen zum ewigen Umherirren, indem man sie über Bord wirft.
Maria ist nahe daran zu ersticken. Jetzt nimmt sie andere Gerüche wahr, sieht andere Bilder vor sich. Nach einer mehrwöchigen Überfahrt hat das Schiff an der
Küste eines anderen Kontinents Anker geworfen. Der lange Marsch beginnt. Peitschenschnüre zerfetzen nackte Haut. Akima hält Akna an der Hand. Schon seit Tagen hilft ihr die Massai-Prinzessin voranzukommen. Manchmal trägt sie sie sogar. Oft tröstet sie sie. Der Zug hat jetzt eine Pflanzung erreicht. Sie stößt an einen Fluss, dessen Wasser in der Sonne aufblitzen. Akima wendet sich dem schönen Haus am Rande der Felder zu. Sie hat soeben die Anwesenheit einer Verehrungswürdigen Mutter bemerkt.
Unter den Peitschenhieben verzieht Maria voll Schmerz das Gesicht. Die Reiter haben die Sklaven vor den Baracken am hintersten Ende
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