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Die Bucht des grünen Mondes

Die Bucht des grünen Mondes

Titel: Die Bucht des grünen Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Beto
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durch die nächtlichen Straßen gelaufen. Und natürlich tauchte auch die altbekannte Sage auf, dass ein Boto in menschlicher Gestalt gekommen und Sie nach Encante entführt hätte.» Er strich sich linkisch über den sorgsam gestutzten Oberlippenbart. «Ich bin gespannt auf die Wahrheit.»
    «Aber die haben Sie ja schon genannt, Herr Oliveira.» Amely lief an ihm vorbei ins Haus. Den Petroleumgeruch, den die Ventilatoren verbreiteten, hatte sie früher nicht so deutlich wahrgenommen. «Ich war in Encante.»
     
    Sie stieg in die Wanne. Angenehm laues Wasser umspülte ihren Körper. Und wollte sie es wärmer, musste sie nur die Hand nach dem goldenen Hahn ausstrecken. Verzückt spielte sie daran herum, wie eine Wilde, die es zum ersten Mal in die Zivilisation verschlug. «Es ist schön, in einer sauberen Quelle zu baden», sagte sie zu Bärbel, die eine Badessenz aus der teuren Serie des preußischen Hoffriseurs ins Wasser goss. «Aber dass man hier nicht aufpassen muss, ob sich eine Schlange ins Wasser schleicht, ist auch schön. Nicht so viel! Dieser Duft kommt mir ja ganz penetrant vor.»
    «Ich dachte immer, Indianer waschen sich mit Sand. Aber Ihre Haut sieht ja ganz manierlich aus, Frollein.»
    «Du hast ja merkwürdige Vorstellungen! Wusstest du etwa nicht, dass ein angefaultes Farnblatt so gut wie eine teure Gesichtscreme ist?»
    «Igitt! Und jetzt werden Sie mir noch den Bären aufbinden wollen, dass dicke Maden lecker sind? Ich hole Ihnen eben eine Limonade.» Und schon war sie draußen. Amely reckte sich nach dem rotblühenden
Herz Yacuronas
, das von der Wand hing, brach sich ein fleischiges Blatt ab und saugte die erfrischende Flüssigkeit heraus. Bärbel kehrte zurück, das Tablett mit der Karaffe in den Händen, und riss die Augen auf.
    «Ich fand Maden eigentlich recht schmackhaft», sagte Amely.
    «Frollein! Wenn das Blatt nun giftig ist?» Bärbel stellte das Tablett auf dem Toilettenhocker ab, goss ein Glas voll und reichte es ihr. Wie glatt sich das Kristall anfühlte, wie klar es war! Amely drehte es in den Händen, bevor sie trank. Der früher so wunderbare Geschmack nach Limone und Rohrzucker kam ihr arg süß vor, und die ungewohnte Kälte bereitete ihr Kopfweh.
    «Wat is’ denn? Die haben Sie doch so gemocht?»
    Amely reichte ihr das Glas zurück. «Geh zu Maria und bitte sie, mir ein Glas Guaraná zu bereiten.»
    Kopfschüttelnd eilte Bärbel davon und kehrte mit dem Gewünschten zurück. Ja, das war besser. Fast so wie von Ruben zubereitet. Genüsslich schloss Amely die Augen, als sie an dem Glas nippte.
    «Ick hab noch ’ne Butterstulle mitjebracht», Bärbel reichte ihr einen Teller.
    «Du hast das Berlinern ja immer noch nicht verlernt.» Brot, richtiges Brot! Und kaum hatte Amely hineingebissen, streckte die Schwarze Maria ihren runden Kopf mit den Rosinenäuglein ins Bad.
    «Tu nicht störe, nein, Sinhá? Bärbel sagte, Sinhá hat Hunger. Hab Feijoada auf Feuer, hier, ess!»
    Sie trug einen riesigen Suppenteller voll Bohneneintopf herein. Überrumpelt bedankte sich Amely. Sie aß einen Löffel. Der Geschmack würde sie wohl ewig an Kilian erinnern.
    Die beiden Frauen starrten sie so erwartungsvoll an, dass sie lachen musste. «Ihr wollt jetzt Geschichten hören, ja?»
    Maria klatschte in die Hände. «Sinhá sagen, bei Indios gewesen. Ganz wilde Stamm! Wie kann leben dort? Weiße Frau groß und Wilde ganz klein!»
    «So klein waren die Yayasacu nicht. Es gab Männer, die waren größer als ich.»
Nur einer
, dachte Amely. «Und ansehnlich, bei Gott, sie waren ansehnlich.»
    Bärbel prustete. «Was meine ‹ansehnlich›?», wollte Maria wissen.
    «Schön, bonito», sagte Amely.
    «Schön? Wie kann so Wilde schön sein?» Maria schnaubte. «Aber habe Sinhá bestimmt geschlage?»
    «Nun ja, es gab da eine Jägerin …»
    «Pelo amor de Deus! Wenn Senhor Wittstock hört, wird Wilde töte wolle!» Was die Negerin wohl gutheißen würde, so zornig bebten ihre Wangen.
    «Herr Oliveira hat einmal erzählt, dass Indiofrauen schuften müssen, während die Männer immer nur Drogen rauchen», warf Bärbel ein. «Stimmt das?»
    «Wenn man nur kurz durch so ein Dorf spazieren würde, könnte man den Eindruck gewinnen. Aber Herr Oliveira weiß auch nicht alles.»
    «Senhor Oliveira alles weiß!», rief Maria inbrünstig.
    «Ach», seufzte Amely. «Er weiß nicht, wie sie tanzten; lieber Gott, nie habe ich jemanden so tanzen sehen. Und dabei halten sie giftige Schlangen in den Händen; und wenn

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