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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ganze Kreuz, den Schwanz von Jonas’ Wal, die Windel des Jesuskindes, die Dornenkrone und sogar die Pforten der Himmelstür haben können, und er hätte das Ganze mit Freuden unter dem Schutt der Burg begraben, aber die Priester der Belagerer kamen auf Knien zu ihm und Guy Vexille ebenfalls, und diese demütige Geste eines Mannes, dem er sich unterlegen fühlte, gab ihm zu denken.
    «Wir müssen mit ihnen reden», sagte Vexille.
    «Sie sind Ketzer», sagten die Priester. «Der Gral muss vor ihnen gerettet werden.»
    «Was soll ich denn tun?», gab Joscelyn zurück. «Freundlich darum bitten?»
    «Ihr müsst mit ihnen verhandeln», sagte Vexille.
    «Verhandeln!» Allein bei der Vorstellung sträubte sich alles in Joscelyn. Doch dann kam ihm ein Gedanke. Der Gral? Wenn das Ding tatsächlich existierte – und alle um ihn herum schienen das zu glauben – und wenn es hier, auf seinem Grund und Boden, war, dann ließ sich daraus bestimmt Geld machen. Natürlich musste der Kelch nach Berat gebracht werden, wo Narren wie sein verstorbener Onkel teuer dafür zahlen würden, ihn zu sehen. Große Opferstöcke am Tor der Burg und Schlangen von Pilgern, die Münzen hineinwarfen, um einen Blick auf den Gral werfen zu dürfen. Das wäre eine unerschöpfliche Einnahmequelle. Und offensichtlich waren die feindlichen Besatzer zu Gesprächen bereit, denn nachdem sie den Kelch präsentiert hatten, waren keine Pfeile mehr geflogen.
    «Ich werde zu ihnen gehen und mit ihnen reden», erbot sich Vexille.
    «Warum Ihr?», entgegnete Joscelyn.
    «Dann geht Ihr, Herr», sagte Vexille ergeben.
    Doch Joscelyn mochte den Männern, die ihn gefangen gehalten hatten, nicht gegenübertreten. Er wollte sie erst wieder sehen, wenn sie tot waren, und so überließ er Vexille die Verhandlungen. «Aber Ihr gewährt ihnen nichts ohne meine Zustimmung!»
    «Wie Ihr wünscht, Herr», sagte Vexille.
    Den Armbrustschützen wurde befohlen, nicht zu schießen, dann ging Guy Vexille, ohne Hut und Waffen, an den verkohlten Ruinen der Häuser vorbei die Hauptstraße hinauf. In einer der Seitengassen kauerte ein Mann, dessen Gesicht vor Schweiß glänzte und mit dunklen Beulen übersät war, und seine Kleider waren mit Erbrochenem besudelt. Vexille verabscheute solche Anblicke. Er war ein wählerischer Mann, stets auf Sauberkeit bedacht, und der Gestank und die Leiden der Menschheit widerten ihn an. Sie waren Zeugnisse einer sündigen Welt, einer Welt, die sich von Gott abgewandt hatte. Dann sah er, wie sein Vetter auf die Brustwehr trat und den Gral fortnahm.
    Kurz darauf bahnte Thomas sich einen Weg durch den Schutt, der im Torbogen lag. Wie Guy war er unbewaffnet, aber er hatte auch den Gral nicht bei sich. Er trug einen Kettenpanzer, der rostig, schmutzverkrustet und am Saum eingerissen war, und hatte sich einen kurzen Bart stehen lassen, der seinem Gesicht etwas Grimmiges, Verzweifeltes gab. «Thomas», grüßte Guy ihn und deutete eine Verneigung an. «Mein Vetter.»
    Thomas’ Blick fiel an Vexille vorbei auf drei Priester, die ein Stück entfernt auf der Straße standen und herübersahen. «Die letzten Geistlichen, die hierhergekommen sind, haben mich exkommuniziert», sagte er.
    «Was die Kirche verhängt», erwiderte Guy, «kann sie auch wieder zurücknehmen. Wo hast du ihn gefunden?»
    Einen Augenblick sah es so aus, als wolle Thomas nicht antworten, dann zuckte er die Achseln. «Unter dem Donner», sagte er. «Im Herzen des Blitzes.»
    Guy Vexille lächelte über die ausweichende Erklärung. «Ich weiß nicht einmal, ob du wirklich den Gral hast. Vielleicht ist es nur ein Trick? Du hast einen goldenen Kelch auf die Zinnen gestellt, und wir haben unsere Schlüsse gezogen. Vielleicht irren wir uns? Beweise es mir, Thomas.»
    «Das kann ich nicht.»
    «Dann zeig ihn mir», bat Guy ergeben.
    «Warum sollte ich?»
    «Weil das Königreich des Himmels davon abhängt.»
    Thomas schnaubte nur verächtlich, dann musterte er seinen Vetter neugierig. «Erst beantworte mir eine Frage.»
    «Wenn ich es kann.»
    «Wer war der große, hässliche Mann bei der Mühle, den ich getötet habe?»
    Guy Vexille runzelte die Stirn. Es war eine sehr merkwürdige Frage, aber da er keinen Hinterhalt darin entdecken konnte und Thomas nicht verärgern wollte, antwortete er. «Sein Name war Charles Bessières», sagte er vorsichtig. «Er war der Bruder von Kardinal Bessières. Warum fragst du?»
    «Weil er gut gekämpft hat», log Thomas.
    «Ist das alles?»
    «Er hat gut

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