Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
Dach, doch es kamen immer mehr Pfeile, innerhalb kürzester Zeit brannten drei Häuser lichterloh, und der Wind trieb die Flammen auf das Stadttor zu, wo die Kanone bereits geladen bereit stand.
«Das Pulver! Das Pulver!», rief Signor Gioberti, und seine Männer schleppten die kostbaren Fässer aus dem Haus, um sie neben der Kanone abzustellen. In dem rauchverhangenen Durcheinander stolperte einer von ihnen, und ein ganzes Fass unvermischtes Schießpulver kippte auf die Straße. Joscelyn kam aus dem Haus, das er für sich beschlagnahmt hatte, und brüllte seinen Männern zu, sie sollten Wasser holen, während Guy Vexille befahl, einige der Häuser einzureißen, um eine Schneise zu bilden. Aber die Einwohner waren den Soldaten im Weg, mittlerweile standen über ein Dutzend Häuser in Flammen, und das Feuer sprang von Dach zu Dach. Die Armbrustschützen, die ihr Lager größtenteils unter den Dächern aufgeschlagen hatten, um von dort durch Löcher im Stroh schießen zu können, stolperten hustend die Leitern hinunter. Schweine quiekten panisch, als sie bei lebendigem Leib gebraten wurden.
Und da, gerade als es so aussah, als würde die ganze Stadt abbrennen, und die ersten Funken auf den Dächern neben der Kanone landeten, tat sich der Himmel auf. Ein gewaltiger Donner krachte durch das Tal, und dann prasselte der Regen nieder. Es regnete so stark, dass die Burg vom Stadttor aus nicht mehr zu sehen war. Der Regen verwandelte die Straße in einen Wasserlauf, durchweichte die Pulverfässer und löschte die Flammen. Es stieg immer noch Rauch auf, aber die Tropfen kühlten zischend die Glut. In den Rinnsteinen gurgelte von Asche geschwärztes Wasser, und das Feuer erstarb.
Der oberste Ratsherr Galat Lorret ging zu Joscelyn und fragte, wo die Leute aus der Stadt nun unterkommen sollten. Über ein Drittel der Häuser hatten kein Dach mehr, und in den anderen hausten Soldaten. «Ihr müsst uns Nahrung besorgen, Herr, und wir brauchen Zelte.» Lorret zitterte, vielleicht vor Angst, vielleicht auch wegen eines beginnenden Fiebers, doch Joscelyn kannte kein Mitleid. Im Gegenteil, er war so erzürnt darüber, wie dieser einfache Bürger mit ihm zu reden wagte, dass er Lorret mit Schlägen traktierte, bis dieser rücklings auf die Straße stolperte.
«Von mir aus könnt ihr verhungern!», brüllte Joscelyn. «Verhungern und erfrieren!» Er versetzte dem alten Mann einen so heftigen Fausthieb, dass ihm der Kiefer brach. Der Ratsherr lag im Rinnstein, seine Amtsrobe besudelt von dem schwärzlichen Wasser. Aus dem unbeschädigten Haus hinter ihm kam eine junge Frau; ihre Augen glänzten fiebrig, und ihr Gesicht war gerötet. Plötzlich krümmte sie sich vornüber und erbrach den Inhalt ihres Magens auf die Straße, direkt neben Lorret. «Weg mit dir!», brüllte Joscelyn sie an. «Lade deinen Dreck anderswo ab!»
Dann bemerkte er, dass Guy Vexille, Robbie Douglas und ein Dutzend seiner Soldaten mit offenem Mund zur Burg hinüberstarrten. Der Regen hatte nachgelassen, und der Rauch löste sich allmählich auf, sodass das Gemäuer wieder zu sehen war. Joscelyn wandte sich um, neugierig, was die anderen so in ihren Bann schlug. Er sah die Kettenpanzer seiner toten Soldaten, die als Beleidigung oben an den Zinnen des Turms aufgehängt waren, und dazwischen, auf den Kopf gestellt, die erbeuteten Schilde, unter anderem den mit dem roten Herz der Familie Douglas, doch Vexilles Blick war nicht auf diese Trophäen gerichtet. Er starrte auf die halb zerstörte Brustwehr, und dort schimmerte etwas Goldenes.
Ohne sich vor den Bogenschützen in Acht zu nehmen, ging Robbie die Straße hinauf, um das goldene Objekt besser sehen zu können. Es kam kein einziger Pfeil. Die Burg wirkte verlassen, vollkommen still. Erst am Rand des Vorplatzes blieb er stehen, blickte in ungläubigem Staunen zu dem Ding hinauf und sank dann mit Tränen in den Augen auf die Knie. «Der Gral», sagte er, und plötzlich kamen immer mehr Leute dazu und knieten sich auf das Pflaster.
«Was?», fragte Joscelyn.
Guy Vexille nahm den Hut ab und sank ebenfalls auf die Knie, den Blick nach oben gewandt, und ihm war, als ginge von dem kostbaren Kelch ein Leuchten aus.
Denn über all dem Rauch und der Zerstörung thronte, schimmernd wie die Wahrheit selbst, der Gral.
An dem Tag wurde die Kanone nicht mehr abgefeuert, was Joscelyn gar nicht passte. Den neuen Grafen von Berat scherte es nicht, dass die Engländer irgendeinen Becher hatten; von ihm aus hätten sie das
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