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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gekämpft, und um ein Haar hätte er mir den Gral abgenommen», schmückte Thomas seine Lüge aus. «Ich habe mich einfach gefragt, wer er war.» Er zuckte die Achseln und überlegte im Stillen, warum ein Bruder des Kardinals den Gral bei sich hatte.
    «Er war es nicht wert, den Gral zu besitzen», sagte Vexille.
    «Bin ich es?»
    Guy ignorierte die feindselige Frage. «Zeig ihn mir, Thomas», flehte er. «Um der Liebe Christi willen, zeig ihn mir.»
    Thomas zögerte einen Moment, dann drehte er sich um und hob die Hand. Auf sein Zeichen kam d’Evecque, in eine erbeutete Rüstung gekleidet, mit gezücktem Schwert aus dem Burghof. An seiner Seite ging Geneviève, den Gral in der Hand und einen Weinschlauch am Gürtel. «Komm ihm nicht zu nah», warnte Thomas sie. Zu Vexille gewandt, sagte er: «Erinnerst du dich an Guillaume d’Evecque? Noch ein Mann, der geschworen hat, dich zu töten.»
    «Wir stehen unter dem Gebot der Waffenruhe», erinnerte Guy ihn und nickte d’Evecque zu, der als Antwort jedoch nur auf das Pflaster spuckte. Guy beachtete ihn nicht weiter, sondern starrte gebannt auf den Kelch in den Händen der jungen Frau.
    Es war ein Gebilde von ätherischer, magischer Schönheit, zart und filigran wie Spitze und so weit von dieser verkohlten, stinkenden Stadt und den rattenzerfressenen Leichen entfernt, dass Guy nicht einen Augenblick daran zweifelte, dass er tatsächlich den Gral vor sich hatte. Es war das kostbarste Objekt der ganzen Christenheit, der Schlüssel zum Paradies, und fast wäre Guy vor Ehrfurcht auf die Knie gesunken.
    Geneviève nahm den perlengeschmückten Deckel ab und stürzte den goldenen Kelch in Thomas’ Hand. Ein dickwandiges grünliches Glasgefäß fiel heraus, das Thomas feierlich hochhielt. «Dies ist der Gral, Guy», sagte er. «Der Goldkelch ist nachträglich angefertigt worden, um ihn zu halten, aber das hier ist er.»
    Guy verschlang ihn mit Blicken, wagte jedoch nicht, näher heranzugehen. D’Evecque wartete nur auf einen Vorwand, ihm das Schwert in die Brust zu rammen, und Guy zweifelte nicht daran, dass hinter den Schießscharten des Turms Bogenschützen bereitstanden. Schweigend sah er zu, wie Thomas den Schlauch von Genevièves Gürtel nahm und ein wenig von dem Wein in das Glasgefäß füllte. «Siehst du?» Das transparente Gefäß hatte sich dunkelrot verfärbt, aber es besaß jetzt auch einen goldenen Schimmer, der vorher nicht da gewesen war. Thomas ließ den Weinschlauch fallen, setzte, ohne den Blick von seinem Vetter zu wenden, das Glas an die Lippen und leerte es. «Hic est enim sanguis meus» , sagte Thomas. Es waren die Worte Jesu. «Dies ist mein Blut.» Dann gab er Geneviève das Glas, und sie ging damit zurück in die Burg, gefolgt von d’Evecque. «Ein Ketzer trinkt aus dem Gral. Und es wird noch schlimmer kommen.»
    «Schlimmer?», fragte Guy.
    «Wir werden ihn unter den Torbogen stellen. Und wenn eure Kanone den Rest der Befestigungen niederreißt, wird der Gral zerstört. Dann findet ihr nur noch ein verbogenes Stück Gold und ein paar Glasscherben.»
    Guy Vexille lächelte. «Der Gral kann nicht zerstört werden, Thomas.»
    «Das wird sich dann ja zeigen», erwiderte Thomas verächtlich und wandte sich zum Gehen.
    «Thomas! Thomas, ich bitte dich», rief Guy. «Hör mir zu.»
    Thomas hätte ihn am liebsten einfach stehenlassen, aber die Stimme seines Vetters hatte so flehend geklungen, dass er innehielt. Es war die Stimme eines gebrochenen Mannes, und was riskierte er schon, wenn er ihm noch ein wenig Aufmerksamkeit gewährte? Er hatte seine Drohung ausgesprochen. Wenn der Angriff weiterging, würde der Gral zerstört werden. Jetzt musste er sich wohl anhören, was sein Vetter im Gegenzug anzubieten hatte, aber er würde es ihm nicht leichtmachen. «Warum sollte ich dem Mann zuhören, der meinen Vater getötet hat?», sagte er kalt. «Der meine Frau getötet hat?»
    «Lausche einem Kind Gottes.»
    Thomas hätte beinahe gelacht, aber er blieb.
    Guy holte tief Luft und legte sich seine Worte zurecht. Er blickte zum Himmel, dessen schwere Wolken weiteren Regen ankündigten. «Die Welt ist vom Bösen durchsetzt, die Kirche ist korrupt, und der Teufel verrichtet ungehindert sein Werk. Mit der Hilfe des Grals können wir das ändern. Die Kirche kann gereinigt werden, ein neuer Kreuzzug kann die Welt von der Sünde befreien. Er wird das Königreich des Himmels auf die Erde bringen.» Er senkte den Blick und sah Thomas an. «Das ist mein Ziel.»
    «Und

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