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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hatte geschworen, Guy Vexille zu töten, aber der Mann lebte noch; er hatte Joscelyn den Treueid geschworen, doch nun erkannte er, dass Joscelyn ein hirnloser Dummkopf war, angriffslustig wie ein Eber, aber ohne eine Spur von Glauben oder Ehre. Der Einzige, dem er nie einen Eid geschworen hatte, war Thomas, und dennoch wünschte er gerade ihm in der bevorstehenden Tragödie von Herzen alles Gute.
    Immerhin war Thomas noch am Leben. Er hatte es trotz der Wachen, die Vexille bei der Mühle postiert hatte, geschafft, das Wehr zu überqueren. Als Vexille bei seiner Ankunft in Castillon d’Arbizon gesehen hatte, dass die Stelle am Fluss unbewacht war, hatte er den sauertöpfischen Charles Bessières mit seinen Männern zur Mühle abkommandiert. Bessières hatte eingewilligt, weil er so zumindest seine Ruhe vor Vexille und Joscelyn hatte. Doch er war gescheitert, und Robbie hatte sich zu seinem eigenen Erstaunen gefreut, dass Thomas seinen Feinden erneut ein Schnippchen geschlagen hatte und wieder in der Burg war. Er hatte gesehen, wie Thomas durch den Bolzenhagel über den Platz gelaufen war, und er hätte beinahe laut gejubelt, als sein Freund unbeschadet den Burghof erreichte.
    Robbie hatte auch Geneviève gesehen, und er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Er verzehrte sich so sehr nach ihr, dass es wie eine Wunde schmerzte. Doch er wagte nicht, es zuzugeben, da Joscelyn ihn nur auslachen würde. Hätte Robbie eine Wahl gehabt – und wegen seiner Eide hatte er keine –, wäre er zur Burg hinaufgegangen und hätte Thomas um Vergebung gebeten. Und zweifellos wäre er dann zusammen mit ihm gestorben.
    Denn Thomas saß in der Falle. Guy Vexille hatte, voller Zorn, weil Charles Bessières an einer so einfachen Aufgabe gescheitert war, Männer im Wald jenseits des Flusses aufgestellt, sodass eine Flucht über das Wehr unmöglich war. Der einzige Weg aus der Burg führte über die Hauptstraße und durch das Westtor der Stadt oder seitwärts durch das kleinere Tor neben St. Callic, das zu den Flusswiesen führte, wo die Leute aus der Stadt ihr Vieh weideten, und Joscelyn und Vexille hatten zusammen über hundert Soldaten, die nur darauf warteten, dass jemand auf diesem Weg zu entkommen versuchte. Überall in der Stadt waren Armbrustschützen postiert, und die ganze Zeit über nagte die Kanone langsam, aber beharrlich an der Mauer der Burg, bis irgendwann der Weg ins Innere freigelegt war. Dann konnte das Gemetzel beginnen, und Robbie würde zusehen müssen, wie seine Freunde starben.
    Die linke Hälfte des Torhauses war bereits zerstört, und Signor Gioberti hatte seine dickbäuchige Kanone neu ausgerichtet, sodass die Geschosse nun die rechte Seite treffen würden. Der Italiener schätzte, er würde eine Woche brauchen, um das ganze Torhaus niederzureißen, und er hatte Joscelyn geraten, sich noch ein wenig länger zu gedulden und die Bresche zu den Seiten hin zu erweitern, damit die Angreifer nicht in einen schmalen Durchgang gepfercht wurden, den die Bogenschützen mit Pfeilen spicken konnten.
    «Pavesen», hatte Joscelyn darauf nur erwidert und den beiden Zimmerleuten der Stadt befohlen, noch mehr von den großen Schilden aus Weidenholz anzufertigen, hinter die die Armbrustschützen sich ducken konnten, während sie auf den Durchgang zuliefen. Dort angekommen, konnten sie auf die Bogenschützen schießen, während die Soldaten an ihnen vorbei in den Burghof eindrangen. «Eine Woche», sagte Joscelyn zu dem Italiener. «Ihr habt eine Woche, um das Torhaus einzureißen, dann greifen wir an.» Er war unruhig, denn die Belagerung erwies sich als wesentlich kostspieliger und komplizierter, als er vermutet hatte. Nicht nur dass der Kampf selbst aufwändig war, er musste auch noch Fuhrleute bezahlen, damit sie Heu und Hafer für die Pferde heranschafften, und Männer losschicken, um in dieser Gegend, die bereits vom Feind geplündert war, etwas zu essen aufzutreiben, und jeder Tag brachte neue, unvorhergesehene Schwierigkeiten, die an Joscelyns Selbstvertrauen nagten. Er wollte angreifen und diese verdammte Geschichte endlich hinter sich bringen.
    Doch die Engländer kamen ihm zuvor. Am Morgen nach Thomas’ Rückkehr, als ein kalter Nordostwind unter dem bleigrauen Himmel wehte, flogen Feuerpfeile von den Zinnen des Burgturms und bohrten sich in die Strohdächer der Häuser. Die Belagerer schraken aus dem Schlaf, als die Stadtbewohner nach Wasser schrien. Männer zerrten mit langstieligen Haken das Stroh vom

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