Die Burg der flammenden Herzen
“Es macht die Lage nur noch schwieriger.”
“Wir können vorgeben, es wäre nie geschehen. Wenn niemand davon weiß …”
Er hielt inne, da ihm die Wahrheit langsam bewusst wurde. Dies war kein Albtraum, aus dem er erwachen würde. Wenn er es sich auch anders wünschte, seine Verlobung mit Beatrice war echt, so unumstößlich und wahrhaftig wie die Ehe. Er könnte sich nun wie ein Narr oder ein Kind aufführen und eine Zeit lang dagegen ankämpfen, doch zu welchem Zweck? Er schadete nur seiner Seele und seiner Ehre und wäre letzten Endes immer noch mit Beatrice verlobt.
Gott stehe ihm bei – er wünschte, es wäre nicht wahr.
“Aber
du
wirst es wissen, Sebastian. Und Gott wird es wissen. Könntest du je mit reinem Gewissen eine andere Frau ehelichen, die nichts weiter wäre als deine Konkubine? Und wenn du nicht heiratest, wer soll dann eines Tages dein Erbe sein?” fragte John.
“Wie komme ich bloß wieder aus dieser Sache heraus?” Beatrice’ Stimme klang schwach und tonlos.
Sebastian blickte sie von der Seite an. Ihre Blässe stach deutlich von ihrem schwarzen Schleier und Mieder ab, und selbst aus ihren Lippen war jegliche Farbe gewichen. Sie sah erschöpft und traurig aus, wie eine einsame Frau, obwohl die Verwandten ihr Gesellschaft leisteten. Mitleid regte sich in ihm, ein Mitleid, das sie nicht verdiente und gegen das er sich sträubte. Die Hände zu Fäusten geballt, wandte er sich ab und begab sich in die andere Ecke der Empfangshalle. Er lehnte sich an die Wand und presste seine Stirn gegen die kühlen Steine. Hinter seinem Rücken redeten die anderen weiter, als sei er noch in ihrer Mitte, während er allmählich versuchte, den Schrecken des Nachmittags zu verarbeiten – Johns unerwartete Heimkehr, seine verhängnisvolle Eröffnung.
“Ceci, warum kämpfen die beiden dagegen an? Was ist in meiner Abwesenheit geschehen?” fragte John.
“Ich weiß es nicht. Ich habe nie verstanden, warum sie sich nicht vertragen.”
“Das nützt mir wenig!” rief Beatrice. “Ihr würdet gut darantun, mir mitzuteilen, wie ich aus all dem herauskomme!”
“Es gibt keinen Ausweg. Du bist vor Gott mit Sebastian verheiratet”, erwiderte John.
“Und wenn ich es leugne? Was ist dann, mein Bruder?”
“Sebastian kann dich von Rechts wegen zwingen, bei ihm zu leben.”
“Und wie viele Zeugen würde er dafür benötigen? Reicht einer aus? Und wirst du mir in dieser Angelegenheit zuwiderhandeln, mein lieber Bruder?” Beatrice’ hitziger Zornesausbruch verlieh ihrem Tonfall eine besondere Schärfe.
“Vor Gericht bedarf es zweier Zeugen, aber wenn du einen anderen Mann ehelichst, machst du dich der Bigamie schuldig. Und deine Kinder werden Bastarde sein”, fügte John hinzu.
“Ich habe nicht die Absicht, erneut zu heiraten. Das eine Mal reicht mir in meinem Leben.”
“Bea, du weißt, dass dein Eheversprechen bindend ist”, sagte Cecilia.
“Es gibt keine Zeugen!”
“Ich werde bezeugen, dass du dich auf das Versprechen eingelassen hast”, sagte Cecilia mit fester Stimme. “Zusammen mit John macht das zwei Zeugen.”
“Verflucht seid ihr!” Beatrice’ Stimme stockte bei den letzten Silben.
Sebastian hob den Kopf. Er hielt den Moment für gekommen, um diesem zwecklosen Aufbegehren Einhalt zu gebieten. Er und Beatrice mussten den Tatsachen ins Auge sehen und sich für ihr Handeln verantworten – es war längst überfällig, das Versprechen einzulösen, welches gar nicht hätte vergessen werden dürfen. Diese Verbindung war von Unheil überschattet, doch sie hatten die Saat selbst gesät. Wer sollte nun die bittere Ernte einfahren? Entschlossen drehte Sebastian sich um, durchschritt die Halle und schloss sich wieder der kleinen Gruppe vor dem Kaminfeuer an. Er wandte sich Beatrice zu und zwang sich, ihr fest in die klaren, blauen Augen zu schauen. Doch er musste seine auflodernde Wut unterdrücken.
“Ich kann keine andere Frau heiraten, wenn ich weiß, dass die Ehe eine Lüge ist. Ich könnte einer Gemahlin nie zumuten, mir einen Sohn zu schenken, da er nichts weiter als ein Bastard wäre. Du bist meine Frau, sosehr ich es mir auch anders wünsche. Beatrice, wenn du noch ein Fünkchen Anstand besitzt, wirst du als meine Frau bei mir leben.”
“Das werde ich nicht tun. Ich werde nicht die Gemahlin eines Mannes sein, der mich so verachtet wie du”, entgegnete sie und starrte ihn wütend an, als sei der ganze Aufruhr einzig und allein seine Schuld. Als hätte nur er, und nicht
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