Die Burg der Könige
uns erschienen, um uns von Erfensteins Sieg zu berichten, galten ihre Gedanken nur dir.« Der Pater zwinkerte ihm zu. »Gerne wäre sie jetzt hier, doch ich habe ihr klargemacht, dass ihr Vater ihr dafür den Kopf abreißen würde. Also wartet sie lieber auf dich auf dem Trifels.«
Plötzlich waren aus dem Lager laute Stimmen zu hören. Als Mathis sich umdrehte, erblickte er zunächst nur einen großen schwarzen Schatten, den mehrere Landsknechte vor das große Zelt schoben. Erst nach einer Weile begriff er, dass es sich dabei um einen Mann handelte, der von Kopf bis Fuß in Ketten gewickelt war. Er stolperte mehrmals, blieb aber aufrecht. Als er in den Lichtschein des größten Feuers in der Mitte trat, erkannte Mathis endlich, um wen es sich handelte.
Es war Hans von Wertingen.
Das Gesicht rußig und verklebt von getrocknetem Blut, ein Auge zugeschwollen, der Brustharnisch zerbeult – so stand er da und funkelte zornig die Landsknechte an, die ihn lachend und mit feixenden Gebärden umgaben. Beim gestrigen Kampf um die Burg hatte der Schwarze Hans gefochten wie kein Zweiter; zweien seiner Feinde hatte er den Schädel gespalten, bevor sie ihn endlich zu fünft überwältigen und in Ketten legen konnten. Einer der Soldaten klaubte nun einen harten Lehmbrocken vom Boden auf und warf ihn auf den Ritter. Wertingen duckte sich, doch der Brocken erwischte ihn seitlich an der Stirn, und frisches Blut rann ihm über seine Wangen.
»Ihr feigen Schweine!«, brüllte er und schüttelte sich, dass die Ketten klirrten. »Das könnt ihr! Einen gefesselten Mann mit Dreck bewerfen! So wie ein Haufen Waschweiber!«
»Wer ist hier das Schwein? Du oder wir?«, krähte einer der Umstehenden. »Schau dich an, du Wildsau! Ramm ihm doch einer endlich den Eberspieß in seinen fetten Wanst, damit er sein Maul hält!«
Die anderen lachten, und schon flogen die ersten Steine, von denen die meisten jedoch an den Ketten des Gefangenen abprallten. Nur einer traf ihn hart an der Schulter, und Wertingen begann zu taumeln. Kurz schien es, als würde er nach hinten ins Feuer fallen, doch dann stand er wieder aufrecht. Mathis musste daran denken, wie furchteinflößend der Raubritter damals im Wald gewesen war. Nun hatte er beinahe ein wenig Mitleid mit ihm.
»Aufhören! Auf der Stelle aufhören, sag ich!«
Der Befehl war vom großen Zelt her gekommen, aus dem soeben Erfenstein und der junge Graf Scharfeneck traten. Der Trifelser Burgvogt sah sich nach allen Seiten hin um, sein gesundes Auge funkelte zornig. »Keiner rührt mir den Gefangenen an, keiner!«, rief er. »Sonst knüpf ich den Schuldigen eigenhändig an den Zinnen der Burgruine auf!«
Friedrich von Scharfeneck lächelte amüsiert, während er den um Atem ringenden Wertingen vor sich musterte. »Nun, ein wenig Spaß werden meine Männer mit dem Vieh wohl haben dürfen«, sagte er, während er seine Landsknechte mit einer gelangweilten Handbewegung in die Schranken wies. »Aber ich gebe Euch recht, Erfenstein. Es wäre zu schade, wenn sie dem Schwarzen Hans hier schon das Licht ausblasen, wo er doch seinen großen Auftritt in Speyer haben soll. Zur Abschreckung anderer Raubritter. Es gibt in der Pfalz immer noch zu viele dieser Galgenvögel, die sich selbst adlig schimpfen und doch nicht mehr wert sind als räudige Hunde.«
»Ich … ich komme aus vornehmem Haus!«, ließ sich von Wertingen jetzt vernehmen. Er straffte sich, so dass die Ketten rasselten. »Meine Vorfahren waren Reichsministeriale des Kaisers! Ihr habt kein Recht, mich wie einen dahergelaufenen Räuber zu behandeln.«
»Und doch bist du nichts anderes«, knurrte Erfenstein. »Es mag Zeiten gegeben haben, als man dich noch Ritter und Freiherr nannte. Nun bist du nur noch ein lästiger Marodeur und Wegelagerer, auf den der Tod wartet.«
Wertingen reckte das blutverschmierte Kinn vor, warf die langen verfilzten Haare zurück und musterte seinen Erzfeind. »Und du bist zum Handlanger geworden, Philipp! Sag selbst, wie lange wirst du dich auf dem Trifels noch halten können, bis dich der Herr Graf wie einen räudigen Köter daraus vertreibt?«
»Wir haben eine Abmachung«, erwiderte der Burgvogt tonlos. »Das Haus Erfenstein wird nicht untergehen so wie das Haus Wertingen. Es … es wird weiterleben …« Seine Stimme verebbte, und Mathis hatte von seinem Platz aus Mühe, ihn zu verstehen.
Schließlich ergriff der Graf das Wort, der noch immer neben dem Vogt stand.
»Man kann sich mit der Macht arrangieren, oder
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