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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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ihr zu. »Nun, er hat ein paar Wunden davongetragen, aber er wird es überleben. Ohne Zweifel hat Mathis das Zeug zum Anführer. Aber Ihr solltet trotzdem die Finger von ihm lassen.«
    »Wie könnt Ihr es wagen …«, brauste Agnes auf, doch der Barde schlug einen sanften Akkord an, und sie zügelte ihr Temperament. »Wie … wie kommt Ihr auf den Gedanken, dass zwischen mir und Mathis etwas sein könnte?«, fuhr sie leiser fort.
    »Der Herrgott hat mir Augen zum Sehen und ein Herz zum Fühlen gegeben. Habt Ihr ihm nicht außerdem vor der Schlacht noch etwas zugesteckt?« Melchior schmunzelte. »Außerdem vergesst nicht – ich bin Barde. Eure wäre nicht die erste unglückliche Liebe, die ich besingen müsste.«
    »Dann singt lieber über irgendwelche Königskinder und lasst mich und Mathis aus dem Spiel.«
    Kurz schien Melchior von Tanningen etwas erwidern zu wollen, doch dann sah er Agnes nur mitfühlend an. »Ich möchte Euch nur Enttäuschungen ersparen, das ist alles.« Er legte den Kopf schief. »Was haltet Ihr eigentlich von meinem jetzigen Lehnsherrn?«
    »Friedrich von Scharfeneck? Wollt Ihr mir etwa den Grafen als Gatten empfehlen?« Sie prustete abfällig. »Zu liebenswürdig. Aber eine arme Vogtstochter ist nun wirklich nicht der richtige Umgang für einen wie ihn. Außerdem, ganz unter uns, ist mir der hohe Herr viel zu eingebildet.«
    »Immerhin teilt Ihr die gleiche Leidenschaft.«
    Agnes runzelte die Stirn. »Ach, und die wäre?«
    »Der Graf liebt alte Geschichten. Friedrich von Scharfeneck liest und verschlingt alles, was mit dem Trifels zusammenhängt. Wusstet Ihr das? Besonders dieser alte Normannenschatz hat es ihm angetan, der sich hier einst befunden haben soll.« Melchior seufzte. »Ich habe Befehl, Seiner Exzellenz eine gewaltige Ode darüber zu dichten. Schnöder Mammon! Dabei inspiriert mich vielmehr die Sage Barbarossas.« Er räusperte sich und fing an zu singen.
    Es trug ein Kaiser einen Bart, so rot als wie von Feuer
    Er schlafet viele Hundert Jahr und ist den Menschen teuer
    Wenn er dereinst mag auferstehn, wird er das Reich vereinen
    Die Fürsten werden untergehen, und es gibt nur den einen …
    Als er geendet hatte, sah Agnes ihn freudig überrascht an. »Das war sehr schön«, sagte sie. »Ist es von Euch?«
    Melchior nickte und strich sich verlegen den Bart. »Es ist allerdings nur der Anfang. Nächstes Jahr soll es einen Sängerwettstreit auf der berühmten Wartburg geben, an dem ich gerne teilnehmen möchte. Ich suche noch die passende Ode dafür. Barbarossas Schlaf unter dem Trifels dünkt mir ein gutes Motiv zu sein.«
    »Die Wartburg?« Agnes runzelte die Stirn. »Ist das nicht jene Burg, wo dieser Luther vor ein paar Jahren das Neue Testament ins Deutsche übersetzte? Pater Tristan hat mir mal eine Abschrift davon gezeigt.«
    »Fürwahr, es ist eine Burg mit einer langen Geschichte. Eine fast so lange und bedeutende wie die des Trifels.« Melchior verdrehte die Augen. »Aber der Graf will nun mal seine Ballade über den Normannenschatz, und deshalb wird der alte Kaiser Barbarossa wohl warten müssen. Wenn Scharfeneck so weitermacht, dichte ich noch eine Ode auf sein schütteres Haupthaar.«
    Agnes kicherte. Dieser drollige Barde brachte sie tatsächlich immer wieder zum Lachen.
    »Es tut mir leid, dass ich vorher so grob zu Euch war«, sagte sie schließlich. »Aber in letzter Zeit kann ich mich manchmal selbst nicht leiden. Vieles um mich herum ist einfach zu … zu seltsam.«
    »Seltsam?«
    Kurz überlegte Agnes, Melchior von ihren Träumen und dem Ring zu erzählen, doch dann dachte sie an das Versprechen, das sie Pater Tristan erst vor einigen Tagen gegeben hatte.
    Versprich mir, dass du ihn niemandem zeigst. Und auch deine Träume behalte für dich …
    »Vermutlich ist es nur alles ein wenig viel zurzeit«, erwiderte sie zögernd. »Die Schulden meines Vaters, der Kampf gegen den Schwarzen Hans, Euer Dienstherr Graf Scharfeneck als neuer Nachbar und dann natürlich die Sache mit Mathis. Ihr habt ja recht, er …« Sie stockte, und Melchior von Tanningen beugte sich zu ihr hinüber, um ihre Hand zu halten.
    »Manche Dinge versteht man erst, wenn man älter ist«, sagte er nach einer Weile leise. »Sie mögen einem grausam erscheinen, doch sie dienen einem höheren Ziel.«
    Agnes wollte ihn schon fragen, was er mit diesen rätselhaften Worten meinte, doch der Barde stand plötzlich auf und verbeugte sich galant.
    »Sicher haben wir noch ein andermal Zeit, über

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