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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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man kann gegen sie kämpfen und auf ewig verlieren«, sagte Scharfeneck leise und musterte den zerschundenen Raubritter. »Glaub mir, Wertingen, ich werde dafür sorgen, dass der Name deines Geschlechts ausgetilgt wird. Mit Stumpf und Stiel, so als hätte es ihn nie gegeben.«
    »Es wird Euer Name sein, der …«
    »Schweig, Hans!« Philipp von Erfenstein richtete sich zu seiner ganzen Größe von sechs Fuß auf und sah seinen alten Turniergegner streng an. »Ich habe dich vor uns bringen lassen, um dir unser Urteil mitzuteilen. Wie du weißt, war es der Wunsch des Grafen, dich in Speyer hinrichten zu lassen, zur Sühne und Abschreckung. Doch ich war anderer Meinung.« Er machte eine Pause. Als er fortfuhr, war seine Stimme fest und drohend. »Höre, Wertingen. Du hast meine Bauern geplündert, meine Männer getötet und meine Tochter bedroht. Doch du warst einst ein Ritter, und deshalb sollst du auch sterben wie ein Ritter, auch wenn du das eigentlich nicht verdienst. Morgen früh bei Sonnenaufgang wollen wir kämpfen mit Faust und Schwert, bis einer von uns beiden tot liegen bleibt. Das ist mein Schiedsspruch.«
    Ein Raunen ging durch die Menge, einige der Landsknechte schüttelten ungläubig den Kopf. Auch Pater Tristan runzelte die Stirn. »Ich hätte nie gedacht, dass der junge Scharfeneck das zulässt«, murmelte er. »Mit der Hinrichtung Wertingens in Speyer hätte sich der Graf einen Namen in der Gegend machen können. Ich dachte eigentlich immer, dass es ihm allein darum geht und nicht um das bisschen Beute.«
    »Und warum lässt sich Erfenstein darauf ein?«, wollte Mathis erstaunt wissen. »Warum will er sein Leben riskieren, wenn doch schon alles entschieden ist?«
    Pater Tristan seufzte. »Ich fürchte, das verstehst du nicht, Mathis. Philipp von Erfenstein kommt aus einer anderen Zeit. Für ihn ist dieser Kampf auch ein Tribut an die Schlacht von Guinegate. Er will kein verarmter Vogt sein, der sich dem Geldadel unterwirft, sondern ein stolzer Ritter. Wenn er gewinnt, ist seine Ehre wiederhergestellt.«
    »Und wenn er verliert?«
    Pater Tristan zuckte mit den Schultern. »Er wird nicht verlieren, glaub mir. Wertingen ist verletzt, außerdem ist er trotz seiner Größe schwächer als Erfenstein. Soweit ich weiß, hat ihn der Burgvogt in den Turnieren früher immer geschlagen.«
    Hans von Wertingen hatte das Urteil mit aufrechtem Haupt entgegengenommen. Nun senkte er den Kopf beinahe de­mütig.
    »Ich danke dir, Philipp«, sagte er, und seine Stimme klang leicht brüchig. »Ich werde dich nicht enttäuschen. Es wird ein guter Kampf werden.« Auf einmal huschte ein Grinsen über sein Gesicht. »Und wenn ich gewinne?«
    »Dann erklärt dich der Fürst für vogelfrei«, erwiderte der Burgvogt kühl. »Ich gebe dir einen halben Tag Zeit, bevor die Jagd beginnt.« Er wandte sich den umstehenden Landsknechten zu. »Und jetzt schafft ihn mir aus den Augen, bevor ich mein Angebot noch einmal überdenke.«
    Während die Wachen den Gefangenen abführten, spürte Mathis, wie ihm wieder übel wurde. Er sank zurück auf seine Liegestatt und schloss die Augen. Schon nach wenigen Augenblicken war er eingeschlafen. Doch noch im Traum begleiteten ihn das laute Gelächter und die Gesänge der Landsknechte.
    In der Ferne donnerten Gewitterwolken.
    ***
    Agnes erschrak, als der erste Blitz über den Himmel zuckte. Nicht lange danach folgte der Donner.
    Besorgt blickte sie in den Abendhimmel, doch das Gewitter war noch ein Stück entfernt; vermutlich würde es nach Osten abziehen, bevor es den Trifels erreichte. Zögernd setzte sie ihren Weg durch den Wald fort. Agnes musste daran denken, dass die Wolken sich vielleicht gerade über der Ramburg entluden. Wie es Mathis und ihrem Vater wohl erging? Es hieß, Mathis sei zwar am Leben, doch verletzt. Nur zu gerne wäre Agnes mit Pater Tristan zum Schlachtfeld aufgebrochen, aber der alte Mönch hatte ihr klargemacht, dass ihr Vater sie dort auf keinen Fall sehen wollte. Also war sie zu Hause geblieben und grübelte seitdem weiter darüber nach, was ihr Pater Tristan wohl vor einigen Tagen in der Bibliothek verschwiegen hatte. Mittlerweile war sie zu der festen Überzeugung gelangt, dass der alte Mönch draußen vor der Burg jemanden getroffen hatte.
    Nur wen? Und warum? Und weshalb ist er danach in die Bibliothek gekommen?
    Um sich auf andere Gedanken zu bringen, beschäftigte Agnes sich seit einigen Tagen mit der Herstellung von Arzneien. Der alte Mönch besaß neben der

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