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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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hübscher junger Fuchs, war gestern in der Nähe von Mainz zusammengebrochen, als es nachts über eine versteckte Wurzel gestolpert war. Doch Pferde waren kein Problem. Caspars Auftraggeber hatte ihm genug Geld zur Verfügung gestellt, um so schnell wie möglich ans Ziel zu gelangen. Dorthin, wo sich vielleicht die Zukunft dieses verkommenen, an allen Ecken und Enden brennenden Deutschen Reiches entscheiden würde.
    Nach Sankt Goar.
    Caspar drückte sich noch tiefer in den Sattel, als ihm ein paar tiefhängende Zweige ins Gesicht schlugen. Die letzten zehn Tage hatten ihn in einer wahrhaftigen Odyssee quer durch das Deutsche Reich geführt. Von Annweiler aus war er zunächst nach Speyer geritten, wo er in Archiven ein paar Erkundigungen eingeholt hatte. Auf diese Weise hatte er her­ausgefunden, dass Sankt Goar einst ein Heiliger aus Aquitanien gewesen war, der als Eremit in einer Höhle am Rhein gelebt und dort einige Schiffe vor dem Untergang bewahrt hatte. An der Stelle seiner Höhle stand seit den Zeiten der Staufer ein altes Chorherrenstift.
    Die letzte Information hatte den Agenten aufhorchen lassen. Als er schließlich im hintersten Winkel des Speyerer Domarchivs auf einige Pergamentrollen stieß, die laut Siegel der berühmten Bibliothek zu Sankt Goar entstammten, wusste er, dass er auf dem richtigen Weg war. Sofort hatte er seinen Auftraggeber über die neue Entwicklung informiert, endlich kam Bewegung in die Angelegenheit. Nur noch achtzig Meilen lagen zwischen ihm und der Lösung eines Rätsels, das ihn nun schon über ein Jahr beschäftigte. Ein Katzensprung!
    Doch dann war der Krieg über ihn hereingebrochen.
    Auf seiner Reise sah Caspar in der Ferne immer wieder brennende Burgen oder Klöster, er ritt vorbei an Galgen und rauchenden Scheiterhaufen; dieses ganze gottverdammte Land war in Aufruhr! Täglich hatte er Umwege in Kauf nehmen müssen, um marodierenden Bauernhaufen oder plündernden Landsknechten auszuweichen. Zweimal schon war er in ein kurzes Scharmützel verwickelt worden. Doch damit nicht genug: In Worms hatten ihn die Stadtwachen gleich mehrere Tage eingesperrt, weil sie ihn in diesen unsicheren Zeiten für einen Hexer hielten. Es hatte viel Geld und Überzeugungsarbeit gebraucht, den Wormser Rat von seiner Unschuld zu überzeugen.
    Seitdem wollte Caspar kein Risiko mehr eingehen, also ritt er fast ausnahmslos nachts, auch wenn dies für sein Pferd eine besondere Gefahr darstellte.
    »Heya! Rápido, rápido!!«
    Caspar schlug die Hacken in die Seiten des Pferdes und trieb den wiehernden Rappen zur Eile an. Es wurde wirklich Zeit, diesen Auftrag zu Ende zu bringen und wieder dorthin zurückzukehren, wo die Sonne warm vom Himmel schien und jeder Mensch wusste, wo sein Platz war. Kurz schloss Caspar die Augen und dachte lächelnd an die kommenden, weitaus angenehmeren Tage. Mit dem verdienten Geld konnte er sich durchaus ein kleines Landhaus leisten, unten in der Algarve, dazu vielleicht einen Reitstall oder …
    Es war ein leises Zischen, was ihm die Nackenhaare aufstellte. Über die Jahre hatte Caspar die Fähigkeit erworben, eine Gefahr vorauszuahnen, so wie man kommenden Regen spürt. Doch diesmal kam die Warnung zu spät.
    Sein Pferd wieherte in Todesangst, dann brachen plötzlich seine Vorderläufe ein. Es stürzte, und Caspar wurde wie ein menschliches Geschoss nach vorne katapultiert, wobei er sich im Fallen noch einmal überschlug. Er versuchte sich abzurollen, doch etwas knackte, und ein höllischer Schmerz durchfuhr seinen rechten Arm. Als er schließlich auf dem steinigen Waldboden aufprallte, sah er aus dem Augenwinkel eine rostige Kette, die quer über den Weg gespannt war. Von irgendwoher erklang ein schrilles Kichern.
    »Komm schnell, Heiner! Wir haben was gefangen!«
    Caspar versuchte sich zu erheben, aber ein heftiger Schwindel warf ihn wieder um. Ein Paar Füße in löchrigen Bundschuhen näherten sich, einer der Schuhe holte vor seinem Gesicht aus.
    Verflucht, wie konnte ich nur so unvorsichtig sein! , fuhr es ihm noch durch den Kopf. Ich hätte niemals …
    Dann traf ihn der Fuß, und die Schwärze überrollte Caspar wie eine über den Himmel rasende dunkle Gewitterwolke.
    Als er wieder zu sich kam, lag er gefesselt auf einem Haufen alten, modrig riechenden Laubs. Drei Männer beugten sich über ihn und starrten ihn an wie einen seltenen Käfer. Ihre Gesichter waren mit Ruß verschmiert, nur die Augen leuchteten darin weiß wie Maden.
    »Sch-sch-sch-schau, der Dämon wacht

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