Die Burg der Könige
gekleidet waren. Im Gegensatz zu den Bauern hatten viele von ihnen auch vorher schon in Schlachten gekämpft; sie galten als skrupellos, schnell und unbesiegbar.
»Tausend von Euren Männern und hundert neue Feuerrohre, und dieser Krieg wäre schon längst entschieden«, knurrte Mathis, während er vorsichtig das schwarzgraue körnige Pulver in die Mündung stopfte. »Aber so ist alles nur Flickwerk!«
Geyer seufzte. »Wenn es das nur wäre. Aber die Bauern sind einfach uneins. Der Allgäuer Haufen, der Seehaufen, der Neckartaler, der Fränkische und wie sie alle heißen! Es gibt zu viele unterschiedliche Heere. Was uns fehlt, ist eine gemeinsame Flagge, ein Symbol, unter dem sich alle Kämpfer versammeln.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber das ist nicht der Grund, warum ich Euch aufsuche.« Plötzlich senkte der Ritter die Stimme und sah sich verschwörerisch um. »Ich werde schon in den nächsten Stunden nach Rothenburg ob der Tauber aufbrechen und dort um Geschütze und Pulver bitten. Sagt einfach, was Ihr braucht, und ich versuche, es zu ermöglichen.«
Mathis sah den Ritter verdutzt an. »Aber der Sturm auf die Festung …«, begann er, doch Geyer winkte ab.
»Kann auch ohne mich beginnen. Und wenn Marienberg nicht fällt, wird dies den Krieg auch nicht entscheiden. Doch wenn wir weiterhin so schlecht bewaffnet und unorganisiert kämpfen, ist unser gerechter Krieg bald am Ende. So wie jetzt kann es jedenfalls nicht weitergehen!«
Mathis wusste, dass Geyer recht hatte. Die Bauern waren zwar viele, über zwanzigtausend lagerten allein rund um Würzburg, doch sie hatten nicht die geringste Ahnung von Kriegsführung. Allein Götz von Berlichingen und Florian Geyer schienen in der Lage, den unter sich zerstrittenen Haufen wenigstens eine gewisse Disziplin einzubläuen. Doch die beiden Ritter konnten sich nicht leiden. Geyer hielt Berlichingen für einen gewissenlosen Karrieristen, der sein Mäntelchen immer nach dem Wind hängte, Berlichingen hingegen schimpfte Geyer einen Träumer und Sturkopf – und Mathis glaubte, dass beide durchaus recht hatten.
»Ich brauche mehr gekörntes Schießpulver und Kartaunen, wenn möglich, auch mittelgroße Geschütze und Mörser«, sagte Mathis nach einigem Nachdenken. »Nur so können wir eine Bresche in die Festung sprengen.« Er deutete auf das dünne rostige Rohr vor ihm. »Was ich hier habe, reicht gerade mal aus, um eine Holzwand wegzupusten.«
Florian Geyer nickte. »Ich werde sehen, was sich machen lässt. Rothenburg ist reich. Wenn nicht, seh ich mich noch in anderen Städten um.« Er zögerte und wiegte den Kopf. »Da ist noch etwas«, sagte er schließlich leise. »Ihr habt mir doch mal von diesem Mädchen erzählt, das Ihr sucht. Die Gauklertruppe mit dem Affen und dem sprechenden Vogel …«
Mathis’ Herz machte einen Sprung. Tatsächlich hatte er Geyer einmal bei einem Becher Wein von Agnes erzählt, allerdings ohne genauer auf die Umstände ihrer Entführung einzugehen. Sollte der Ritter tatsächlich etwas über sie herausgefunden haben?
»Was … was ist mit ihr?«, fragte er vorsichtig.
»Nun, ich weiß nichts Genaues. Aber kurz vor Würzburg sind uns ein paar feindliche Späher in die Falle getappt. Wir wollten von ihnen wissen, wie groß das Heer des Truchsesses ist. Die Gefangenen meinten, es gäbe dort fahrende Braustätten, Branntweinbuden, Schmiede, Huren, Wanderprediger und wohl auch eine Gruppe Gaukler mit einem Affen …« Geyer machte eine bedeutungsvolle Pause, während Mathis ihn erwartungsvoll anstarrte. Seufzend zuckte der Ritter schließlich mit den Schultern. »Das ist alles, was ich weiß, Mathis. Es mag sich um einen anderen Affen handeln, aber ich finde, Ihr habt Euch ein wenig Hoffnung verdient.« Er lächelte. »Nun lauft bloß nicht gleich davon. Wir brauchen Euch hier noch. Außerdem werden wir noch früh genug auf den Schwäbischen Bund treffen.«
Mathis nickte zögerlich. »Ich verspreche Euch, dass ich diese Sache hier noch zu Ende bringe. Danach allerdings …«
Ein lauter Knall erschütterte den Boden um sie herum. Einige der Fenster der nahe gelegenen Deutschhauskirche zersprangen klirrend und beförderten Mathis wieder zurück in die trostlose Gegenwart.
»Verflucht, das war drüben am Nikolausberg«, schrie er gegen den Lärm an. »Ich habe Melchior von Tanningen und den anderen Männern doch ausrichten lassen, nicht vor Tagesanbruch mit dem Beschuss zu beginnen!«
»Vielleicht waren es ja auch die anderen«, gab
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