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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Rohres ist allein Aufgabe des Geschützmeisters«, sagte er drohend und deutete mit seiner Eisenhand auf die stöhnenden und schreienden Verletzten. »Deine Schuld, wenn wir jetzt ein halbes Dutzend Männer und eine Feldschlange verloren haben.«
    Mathis lief rot an. »Ich habe das Rohr nicht gestopft! Das waren ein paar Eurer Bauern. Wenn wir hier den ganzen Tag aus allen Rohren feuern sollen, reicht ein Geschützmeister eben nicht aus. Aber Ihr könnt gern selbst die Lunte zünden, Herr Ritter .«
    Götz von Berlichingen zuckte zusammen. Er hob die Eisenhand, als wollte er Mathis damit schlagen, dann ließ er sie wieder sinken. Der Ritter wusste, dass sowohl er als auch Florian Geyer bei vielen der Bauern zumindest auf Argwohn stießen. Zu groß war die Abneigung gegenüber reichen Edelleuten.
    »Heute will ich es bei einer Mahnung bewenden lassen«, knurrte Berlichingen schließlich. »Wollen wir hoffen, dass du dir ab jetzt mehr Mühe gibst.« Er wandte sich an die umstehenden Bauern. »Der Beschuss geht bis zur Abenddäm­merung weiter!«, rief er. »Dann wird Geyers berüchtigter Schwarzer Haufen diese Höllenfestung stürmen. Komme, was da wolle!«
    Die Männer jubelten, nur Mathis sah den Ritter entsetzt an. »Aber … aber das ist für viele der Angreifer das Todesurteil!«, brachte er schließlich hervor. »Bis dahin werden wir nie eine Bresche in die Mauer gesprengt haben. Nicht, wenn Geyer nicht bald mit größeren Geschützen zu uns stößt!«
    »Das nahe gelegene Tauberbischofsheim liefert uns Geschütze«, erwiderte Berlichingen kühl. »Das muss reichen.«
    »Aber die sind nicht groß genug! Außerdem ist Florian Geyer doch gar nicht da. Wie soll sein Haufen ohne ihn …«
    »Kein weiteres Wort mehr. Ich war immer dagegen, Marienberg zu erstürmen. Doch wenn es unbedingt sein muss, dann soll es wenigstens schnell gehen. Diese Festung hält uns schon viel zu lange auf.«
    Grußlos wandte sich Götz von Berlichingen ab und stapfte durch die vom Blut schmierige Gasse davon. Mathis musste an sich halten, dem Ritter nicht hinterherzuschreien. Noch gestern hatte Berlichingen jeglichen Sturmangriff ausgeschlossen, und nun das! So wie es aussah, ließ der einarmige Ritter Geyers Männer wissentlich über die Klinge springen. Wollte er seinen lästigen Konkurrenten damit schwächen, nun, da dieser nicht anwesend war, oder ging es ihm wirklich darum, die Festung so bald wie möglich zu stürmen?
    Für weiteres Nachdenken blieb keine Zeit mehr. Die Bauern begannen bereits erneut, einige der Feuerrohre zu stopfen.
    »Halt!«, rief Mathis und rannte auf sie zu. »Nicht so! Wollt ihr denn ein weiteres Blutbad? Geht um Gottes willen mit der Fackel weg!«
    Schon bald waren die Toten und Verletzten weggeschafft, und das Schießen begann erneut. Unter der Mainbrücke errichteten die Angreifer Flöße, um schneller hinüberzugelangen. Als gegen Nachmittag ein Regenbogen am Himmel erschien, empfanden das die Bauern als göttliches Zeichen. Jubel brandete auf, und man wappnete sich für den abendlichen Sturmangriff.
    Das ist Wahnsinn! , dachte Mathis. Heller Wahnsinn! Der Belagerungsring ist noch nicht einmal ganz geschlossen. Und es gibt keine einzige Bresche, durch die Geyers Männer eindringen können!
    Tatsächlich war es, neben einigen anderen Fähnlein, vor allem Geyers Schwarzer Haufen, der nach Einbruch der Nacht an vorderster Front den Marienberg berannte. In völliger Finsternis rissen die furchtlosen Männer die Palisaden und Vorwerke nieder und drangen ein bis zur Vorburg; schließlich versuchten sie, die Mauern mit Leitern zu erklimmen. Mathis hörte ihre gellenden Todesschreie, er sah das Mündungsfeuer der Festungsgeschütze, und noch immer versuchte er verzweifelt, eine Bresche in den steinernen Wall zu sprengen.
    Vergebens.
    Als der Morgen dämmerte, lagen in den Gräben unterhalb des Marienbergs Hunderte von toten und schwerverletzten Männern, viele von ihnen aus Geyers Schwarzem Haufen. Die Bauern versuchten, ihre Kameraden zu bergen, doch sie wurden von der Festung aus beschossen und mussten sich schließlich zurückziehen. Bis zum Nachmittag konnte Mathis noch die Schreie und das Jammern der Sterbenden hören, dann kehrte langsam Stille ein.
    Der Kampf war vorüber.
    So sinnlos! So gottverdammt sinnlos!
    Am heißen, rauchenden Rohr eines Falkonetts rutschte Mathis zu Boden und schloss die Augen. Er hatte nichts gegessen und kaum etwas getrunken. Zwei Tage lang hatte er nichts weiter getan, als

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