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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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über Mathis’ Schulter hing. »Der Schlüsselbund!«, schrie sie gegen das Prasseln der Flammen an. »Der Dekan hat ihn noch immer bei sich!«
    »Verflucht, du hast recht.« Ächzend ließ Mathis den Pater vorsichtig zu Boden gleiten. Mit flinken Fingern suchte er ihn ab und fand schon bald den Schlüsselbund, der an der Mönchskordel hing. Doch just als Mathis danach greifen wollte, streckte der Dekan plötzlich die Hand nach ihm aus und hielt ihn am Hemd fest.
    »Keine Angst, Hochwürden«, beruhigte ihn Mathis. »Wir nehmen nur den Schlüssel, um die Tür zu öffnen. Wir holen Euch hier raus, und dann wird alles wieder …«
    »Sei still, Junge, und hör zu!«, keuchte Pater Domenicus. »Es gibt da noch etwas, das ihr … wissen müsst.«
    »Könnt Ihr uns das nicht oben erzählen?«, erwiderte Agnes und sah sich ängstlich um. »Wenn wir noch lange hier warten, werden wir womöglich von einem der brennenden Regale begraben.«
    Tatsächlich stürzte gerade in diesem Augenblick ein turmhohes Gerüst in sich zusammen und fiel nur wenige Schritte von ihnen entfernt zu Boden.
    »Es muss … jetzt sein«, ächzte der Dekan. »Ich spüre … wie es zu Ende geht.«
    »O Gott, Pater. Das dürft Ihr nicht, Ihr dürft jetzt nicht sterben!« Agnes beugte sich zu Pater Domenicus hinunter. Als sie in sein ausgemergeltes Gesicht sah, musste sie an Pater Tristan denken, der auf ebenso grausame Weise aus dem Leben gegangen war. Der Dekan griff ihre Hand und hielt sie mit aller Kraft fest.
    »Agnes, erinnert Euch! Ich … ich habe von dem Erbe gesprochen. Von dem Symbol, das dieses zerstrittene Reich wieder vereinen könnte. Ihr … Ihr müsst es suchen! Das ist Eure Aufgabe!«
    »Aber was soll das sein?« Auch Mathis hatte sich jetzt über den Dekan gebeugt, der trotz der Hitze am ganzen Leib zitterte. »Bitte, sprecht schnell, Pater! Wir haben wirklich nicht mehr viel Zeit!«
    Pater Domenicus stöhnte. Seine Stimme war so leise, dass sie beide sich tief hinabbeugen mussten, um etwas zu ver­stehen.
    »An dem Tag, als … Constanza und Johann mit dem kleinen Sigmund aus dem Trifels flohen, da nahmen sie etwas mit«, flüsterte er. »Es sollte ihrer beider Faustpfand sein, falls ihnen etwas zustieß. Sie wurden gefangen, aber das Faustpfand, es … es blieb verschwunden!«
    Der Dekan griff nach Agnes’ Hand und zog sie jetzt so tief zu sich herunter, dass seine Lippen fast ihr Ohr berührten.
    »Das war der Grund, warum die Habsburger Constanza so grausam folterten«, keuchte er. »Sie … sie wollten von ihr nicht nur wissen, wo das Kind war, sondern auch, wo sie ­jenen unermesslich wertvollen Gegenstand versteckt hatte. Doch sie schwieg hartnäckig. Schließlich mauerten sie Con­stanza im Trifels ein und ließen nur einen kleinen Spalt frei, damit sie ihren Peinigern den Ort nennen konnte. Aber alles, was sie von ihr hörten, war ein immer leiser werdendes Stöhnen und Singen. Schließlich herrschte Ruhe, Constanza hatte ihr … ihr Geheimnis mit ins Grab genommen.«
    »Aber was war es?«, fragte Mathis, während er aus dem Augenwinkel beobachtete, wie weitere Regale in der Nähe brennend zu Boden gingen. Durch die Bibliothek fegte mittlerweile ein wahrer Feuersturm. »Sprecht schon, Pater! Bevor wir hier alle Constanzas Geheimnis mit ins Grab nehmen!«
    »Was hatten Constanza und Johann versteckt?«, drängte nun auch Agnes. »Was ist so wertvoll, dass man sich dafür lebendig einmauern lässt?«
    Noch einmal spielte ein leises Lächeln um Pater Domenicus’ Lippen.
    »Kannst du es nicht erraten, Agnes?«, flüsterte er. »Was ist das Wertvollste, das dieses Reich besitzt? Was ist das wichtigste Symbol aller deutschen Kaiser und Könige?« Er schloss kurz die Augen, bevor ihn die Antwort wie ein letzter Seufzer verließ.
    »Es ist … die Heilige Lanze.«
    In diesem Augenblick erschütterte eine mächtige Explosion die Bibliothek. Direkt über ihnen löste sich ein brennender Balkon und stürzte in einem gewaltigen Funkenschleier auf Agnes herab.
    Caspar spürte, wie sein Herz schneller schlug.
    Das Pulver! Ich brauche das Schießpulver!
    Er hatte den Lederbeutel vorher mit den Pistolen auf den Boden gelegt, um besser kämpfen zu können. Panisch begann er nun, danach zu suchen. Wenn er das Pulversäckchen direkt vor die Tür legte und rechtzeitig in Deckung ging, würde die Sprengkraft die Tür vielleicht zerreißen, und er konnte fliehen. Wenn er es allerdings nicht rechtzeitig fand, würde die Hitze das Pulver bald

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