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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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entzünden.
    Im schlimmsten Fall dort, wo er sich gerade eben aufhielt.
    Wo ist es? Verflucht, wo ist es?!
    Auf Knien kroch er durch das brennende Chaos und wühlte mit angesengten, blutigen Händen zwischen Asche, Büchern und glimmenden Pergamentrollen. Der Qualm kroch ihm wie eine dicke, zähe Flüssigkeit in die Lunge. Zu atmen war in der brennenden Kammer fast nicht mehr möglich. Um wenigstens einen Teil des Rauchs abzuhalten, band er sich schließlich einen Fetzen seines Mantels vor den Mund. Seine Augen brannten und tränten so heftig, dass er mittlerweile fast blind über den Boden kroch, mit seinen Händen stetig vorwärtstastend.
    Caspar wusste, dass er den Beutel irgendwo in der Nähe des großen kreisrunden Tisches abgelegt hatte, von dem jetzt nur noch brennende Trümmer existierten. Dort hatte er zu suchen begonnen und seinen Radius dann immer mehr ausgeweitet. Bei seiner verzweifelten Suche war er auch auf seine beiden Faustbüchsen gestoßen, deren Läufe glühten wie frisch geschmiedet. Er hatte sie sofort wieder fallen lassen und war nun an der hinteren Wand angelangt, wo sich einige der wenigen Regale befanden, die noch nicht Feuer gefangen hatten.
    Panisch tastete Caspar weiter den Boden ab. Das Pulver war in einem Beutel aus festem Leder verpackt, der nur schwer zu entzünden war. Trotzdem konnte er sich ausmalen, was geschehen würde, wenn dieser Beutel unter einem brennenden Regal begraben wurde. Caspar hatte noch nie gebetet, und es erschien ihm falsch, dies jetzt zu tun. Doch er spürte, wie seine Lippen lautlose Worte murmelten, magische Beschwörungen, so als könnte er auf diese Weise das ersehnte Pulver finden, bevor ihn Rauch und Hitze umbrachten.
    Such! Such weiter, verdammt! Es muss hier irgendwo sein!
    Mittlerweile war er wieder in der Nähe des Tisches angelangt. Hektisch riss Caspar seinen Mantel in Fetzen, umwickelte damit seine Hände und schob einige der brennenden Balken zur Seite. Er spürte, wie sich die Glut durch das dünne Tuch fraß und seine Finger verbrannte. Das Feuer stach wie mit tausend Dornen, schon bald waren Tuch und Fleisch zu einer schwärzlichen Einheit verschmolzen.
    Such, such! Nicht aufgeben!
    Ganz plötzlich fühlte er einen weichen Gegenstand, den er vorher übersehen haben musste. Caspar hob ihn mit den zu Klumpen verbrannten Händen empor, öffnete die Augen zu schmalen Schlitzen und stieß ein Keuchen aus.
    Es war tatsächlich das Pulversäckchen!
    Tränen der Erleichterung liefen ihm über die Wangen, wo sie sofort trockneten. Es war noch nicht alles verloren! Nun musste er das Pulver nur noch vor die Tür legen, einige der brennenden Balken daraufwerfen und …
    Mit einem Schmerzensschrei ließ er den Beutel fallen. Er war so verflucht heiß, dass er ihn nicht mehr länger hatte halten können. Zu seinem Entsetzen erkannte Caspar, dass der Beutel auf eines der brennenden Bücher gefallen war. Es war ebenjenes Werk, über das sich das Mädchen und der Dekan zuvor unterhalten hatten. Auf der aufgeschlagenen Seite prangte das Bild Enzios. Das Antlitz von Friedrichs Lieblingssohn wurde erst braun, dann bildete sich ein Flammenkreis, der vom Gesicht her die Seite auffraß.
    Schließlich war das Feuer am Pulversäckchen angelangt.
    Caspar stieß einen kehligen Schrei aus, der nichts Menschliches mehr an sich hatte. Panisch schlug er mit den Händen auf den Beutel, in der Hoffnung, das Feuer zu ersticken.
    Nicht! Du darfst nicht …
    Mit einem ohrenbetäubenden Knall entzündete sich das Pulver und entlud sich in einer gewaltigen Feuerkugel, die sich innerhalb von Sekundenbruchteilen ausbreitete. Die einstige Bibliothek verwandelte sich in die Hölle auf Erden.
    Der letzte Gedanke, der Caspar durch den Kopf schoss, war, dass sich mit ihm ein nicht unwesentlicher Bestandteil menschlichen Wissens soeben in Feuer und Rauch auflöste.
    Beides empfand er als äußerst bedauerlich.
    Die Explosion ließ die Grotte erzittern wie von einem mächtigen Erdbeben.
    Erst im letzten Moment gelang es Agnes, zur Seite zu springen, als die Balustrade auf sie zuraste. Donnernd begrub der brennende Balkon den Dekan unter sich, während Mathis auf der anderen Seite hinter einer Wand aus Glut und Funken verschwand.
    »Mathis! Mathis!«, schrie sie. Es vergingen einige Sekunden, die Agnes wie eine Ewigkeit vorkamen, dann ertönte ein krächzendes Husten.
    »Mir … mir geht es gut!«, keuchte Mathis. »Bleib, wo du bist. Ich komme zu dir!«
    Endlich legte sich der Funkenflug, und

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