Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
Vom Netzwerk:
erhob, ließ er die Verschwörer auf dem Trifels gefangen setzen und alle außer dem Bischof von Salerno blenden. Ihrem Anführer wurde noch in Sizilien eine glühende Krone auf den Kopf genagelt, andere Verschwörer wurden gepfählt oder in einen Kessel mit kochendem Teer gestoßen.« Pater Tristan zuckte mit den Schultern. »Ja, du hast recht. Heinrich brachte einen gewaltigen Schatz mit nach Hause. Doch zu welchem Preis!«
    Fröstelnd dachte Agnes an den Keller des Bergfrieds, wo Mathis eingesperrt gewesen war. Was für grausame Szenen mochten sich damals dort unten abgespielt haben? Beinahe glaubte sie, die Schreie der normannischen Verschwörer zu hören. Wie so oft kam es ihr vor, als würde der Trifels leben und atmen wie ein gewaltiges Tier.
    Sie schüttelte sich kurz, dann lauschte sie weiter den Worten des Mönchs, der soeben eine neue Seite der Stauferchronik umgeblättert hatte. Darauf war ein Ritter zu sehen, der mit erhobenem Schwert auf einen Mann mit Krone einschlug. Eine Lache roten Bluts bedeckte den Boden eines prächtigen Saals.
    »Heinrich VI. starb schon mit Anfang dreißig an ­einem Fieber«, erzählte Pater Tristan mit leiser Stimme. »Vielleicht wurde er aber auch von seiner Frau vergiftet, andere wiederum behaupten, Gott selbst hätte Heinrich für seine bösen Taten gerichtet. Man weiß es nicht genau. Jedenfalls war sein Sohn Friedrich II. noch zu jung, um deutscher König zu werden. Eine Mehrheit der Kurfürsten einigte sich deshalb schließlich auf Friedrichs Onkel Philipp von Schwaben, der ebenfalls ein Staufer war. Sehr zum Missfallen der Welfen, die um diese Zeit immer mehr an Einfluss gewannen und den ­Staufern einen Machtkampf lieferten. Einige schreckliche Jahre lang gab es gleich zwei Könige im Reich, den Welfen Otto und Philipp.« Pater Tristan seufzte. »König Philipp fiel schließlich auf der Hochzeit seiner Tochter Beatrix einem Mordanschlag zum Opfer, kurz bevor ihn der Papst zum römisch-deutschen Kaiser krönen konnte. Bis heute ist nicht geklärt, ob nicht die Welfen für den Mord verantwortlich waren.«
    Von den vielen Namen brummte Agnes der Kopf. Der Jüngling aus ihrem Traum war ein Welfe gewesen, das wusste sie inzwischen. Was aber hatte er auf einer Burg verloren, die doch einst das Zentrum des Stauferreichs gewesen war? Hatten die Welfen den Trifels etwa später übernommen?
    »Ihr sagt, Friedrich II., der Enkel Barbarossas, sei noch zu klein für den Königsthron gewesen«, überlegte sie laut. »Aber nach dem Tod seines Onkels Philipp war er doch der legitime Nachfolger, oder?«
    Pater Tristan nickte. »So ist es. Friedrich II. kam mit gerade mal sechzehn Jahren auf den Thron. Er beendete die Auseinandersetzungen mit den Welfen, die ihm sogar die Reichsinsignien, Krone, Reichschwert und Zepter überließen, wurde 1220 vom Papst zum deutschen Kaiser gekrönt und gilt noch immer als der größte Herrscher, den das Deutsche Reich je hervorgebracht hat.« Der Mönch blätterte um, und Agnes sah einen Kaiser mit blauem Umhang auf einem Thron. Neben ihm saß auf einer Stange ein braungesprenkelter Falke.
    »Das Bild kenne ich!«, rief sie erfreut. »Das stammt aus meinem Falkenbuch.«
    »Das berühmte ›De arti venandi cum avibus‹ .« Der alte Mönch lächelte. »Die Kunst, mit Vögeln zu jagen. Tatsächlich hat Friedrich II. dieses Buch wohl selbst geschrieben. Aber er war auch in vielen anderen Bereichen ein echter Gelehrter. Er wuchs in Sizilien auf, wo man die arabischen und griechischen Wissenschaften pflegte. Friedrich sprach mehrere Sprachen fließend, er war vielfältig interessiert und schaffte es, Jerusalem ganz ohne Kampf zu erobern. Seine Zeitgenossen nannten ihn deshalb ›Stupor Mundi‹, das Staunen der Welt. Für den Papst war er jedoch am Ende der leibhaftige Antichrist.«
    Pater Tristan seufzte ein weiteres Mal und betrachtete versonnen den hochgewachsenen Mann auf dem Thron. Ein fast unsichtbares Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Friedrich II. starb 1250 «, fuhr er schließlich fort. »Seine fast vierzig Regierungsjahre waren die beste Zeit, die das Deutsche Reich je hatte. Aufgeschlossen gegenüber Fremden und offen für neues Gedankengut, und doch eine starke Einheit nach innen und außen. Keiner seiner vier Söhne konnte in Friedrichs Fußstapfen treten. Der älteste, Heinrich VII., rebellierte gegen seinen Vater und wurde als deutscher König abgesetzt. Aus Verzweiflung stürzte er sich von seinem Pferd und brach sich den Hals.« Mit

Weitere Kostenlose Bücher