Die Catilina Verschwörung
Es hat in Italien hier und da Krawalle gegeben. Ein paar Banditen haben in Bruttium und Etrurien die eine oder andere Villa geplündert, aber in Rom glaubt man, der alte Mithridates sei vom Tode auferstanden, um Rom mit seiner Armee zu erobern. Schon seit Tagen hat Cicero davor gewarnt, dass Catilina etwas im Schilde führt. Das wird es wahrscheinlich sein.«
Den ganzen Morgen über kamen Senatoren an; viele von ihnen waren aus ihren Villen vor der Stadt herbeigerufen worden. Während der Senatsdebatte stellten Liktoren und Herolde auf dem Forum die Ordnung wieder her. Herolde verlasen die Berichte aus verschiedenen Gegenden Italiens.
Trotz seines halben Ruhestands war Quintus Hortensius Hortalus noch immer der Princeps des Senats und hatte deswegen das Recht, als erster zu sprechen. Mit seiner schönen Stimme erklärte er, dass seine Abwesenheit von den Staatsgeschäften es ihm unmöglich mache, zur Sache zu sprechen, weswegen man in Anbetracht der Notlage und unter Hintenanstellung des üblichen Protokolls dem Konsul erlauben solle, eine Erklärung abzugeben. Das hatten die beiden, da war ich ganz sicher, vorher besprochen. Sie waren stets erbitterte politische Gegner gewesen, aber als Rechtsanwälte konnten sie dessen ungeachtet in wichtigen Fragen eng zusammen arbeiten. Cicero erhob sich von seiner Sella curulis, und es wurde still.
Ich möchte seine Rede hier nicht im Wortlaut wiedergeben. Es handelte sich um die erste seiner drei Reden gegen Catilina, die jetzt zu den berühmtesten Reden seit Demosthenes’ Reden gegen Philipp von Makedonien vor den Athenern zählt. Später veröffentlichte Cicero eine schriftliche Überarbeitung seiner Reden, die heutzutage von jedem Schüler studiert und von jedem Rechtsanwalt nachgeahmt werden.
Auch Catilina war anwesend. Er beteuerte seine Unschuld und protestierte gegen die bösartigen Erfindungen seiner Feinde. Aber er ist nie der große Redner gewesen, der Cicero war, und hatte wenig Freunde im Senat. Er begann zu wüten, worauf die Senatoren mit höhnischem Gelächter und der Forderung reagierten, er solle Rom verlassen. Noch war der Plan nicht in seiner ganzen Tragweite enthüllt, aber es war bereits genug bekannt, um Catilina zu einem Ausgestoßenen zu machen, der knurrend inmitten seines Rudels saß, das sich gegen ihn gewandt hatte. Ich benutze dieses Bild nicht ohne Grund, denn viele Senatoren waren genauso schlimm wie Catilina oder schlimmer. Er war nur unverfrorener als die anderen.
Zu guter Letzt stürmte Catilina, Flüche und Verwünschungen von sich schleudernd, davon, wobei er etwas wie »über eurem Kopf zusammen stürzen lassen« brüllte. Ich habe viele Versionen seiner Abschiedsworte gehört und glaube nicht, dass ihn jemand deutlich verstanden hat.
Als er gegangen war, wartete Cicero aus Gründen, die er für richtig hielt, wahrscheinlich um des rhetorischen Effektes willen, bis im Senat wieder Ruhe eingekehrt war. Er sprach die allobrogischen Gesandten von aller Schuld frei und erklärte die Rolle von Fabius Sanga. Es festigte den erschütterten Mut des Senates, dass der altehrwürdige Name Fabius als Retter des Staates genannt wurde. Dann begann Cicero die Namen der Verschwörer zu verlesen. Jeder Name wurde mit wütendem Geschrei begrüßt.
Dann hörte ich, wie mein eigener Name vorgelesen wurde. Die Umstehenden machten einen Schritt von mir weg, als hätte ich eine seltene, neue Krankheit. Mit unaussprechlicher Erleichterung hörte ich dann Ciceros folgende Worte: »Der Quaestor Decius Caecilius Metellus hat mit meinem Wissen an den Treffen der Verschwörer teilgenommen. Er hat mit der Erlaubnis gehandelt, die ihm der Praetor Metellus Celer erteilt hat. Er ist völlig unschuldig.«
Jetzt ergriffen die Männer links und rechts von mir meine schweißnasse Hand und klopften mir auf die Schultern. Im nächsten Augenblick war ich wieder vergessen, denn die Rede ging weiter.
Als Bestias Name verlesen wurde, sprang mein Vetter Nepos auf. »Der designierte Tribun Bestia war nie Teil der Verschwörung!« rief er. »Er hatte von Pompeius den Auftrag, diese Intrige auszukundschaften, die Rom in Gefahr bringen und das ganze Reich unter das Joch der Tyrannei zwingen sollte.«
Cicero lief dunkelrot an, aber seine Stimme troff von einem Sarkasmus, zu dem nur er fähig war. »Wie nett! Und seit wann hat unser hochgeschätzter und berühmter General Pompeius das Recht, in der Stadt Rom Spione einzusetzen? Als ich das letzte Mal die Gesetzestafeln gelesen
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