Die Chaosschwestern sind die Größten!
Eingang in dem kleinen Kämmerchen die leeren Flaschen sortiert hat. Nanu, was will der denn von mir?
»Was ist dir da eben aus der Tasche gefallen, hm?«, knurrt er mich drohend an. »Haben wir nicht vielleicht das Bezahlen vergessen?«
Das Bezahlen? Ich hab doch gar nichts gekauft!
»Mach mal deinen Rucksack auf!«
Oh NEIN ! Das hab ich ja überhaupt nicht mehr auf der Rechnung gehabt!
Mir wird ganz übel. Vor lauter Omi-Rettung habe ich irgendwie völlig vergessen, dass die Sachen ja jetzt in meinem Rucksack liegen, und zwar immer noch unbezahlt. Ich hab völlig ausgeblendet, dass ich – ähm – einfach mit dem Zeug durch die Kasse durchmarschiert bin.
Ich wollte die Sachen ja eigentlich wieder zurück in die Regale legen. Aber dann fingen Hase und Aurora an verrücktzuspielen. Und deshalb …
Wie erkläre ich dem denn jetzt, dass die Sachen hier drin gar nicht meine Sachen sind, sondern nur … äh, und dass ich doch bloß einen Diebstahl verhindert habe und natürlich niemals selbst …?
Der Mann und ich starren uns eine Sekunde lang in die Augen.
Und dann höre ich auf zu denken. Das würde der mir sowieso nie glauben. Erwachsene glauben fast niemals die Wahrheit. Die glauben nur, was sie glauben wollen. Und der will bestimmt nicht glauben, dass ich gar nicht klauen wollte. Außerdem schreit mein Gehirn nur noch: Weg hier!
Weg! Weg!
Mit einem gewaltigen Ruck reiße ich mich los und lasse meine Beine tun, was sie ganz automatisch tun. Weglaufen nämlich. OH, und wie schnell die laufen!
Hase galoppiert begeistert und laut bellend neben mir her. Er liebt Wettrennen.
Ich drehe mich nur einmal kurz um. Oh nee, der Kerl aus dem Supermarktkämmerchen ist mir dicht auf den Fersen! Einen winzig knappen Blick habe ich auch auf den Eingang erhascht. Kann es sein, dass Aurora da wild in den Armen von Rotkittel-Supermann flattert?
Hat der sich unser Huhn gegriffen? Und höre ich ihn etwa gerade hinter mir herbrüllen: » DICH KRIEGEN WIR ! «?
Ich kann mich nicht noch mal umgucken, weil ich sonst die Leute auf dem Marktplatz umniete, zwischen denen ich jetzt in Überschallgeschwindigkeit durchfege. Als ich den Platz überquert habe, rase ich, ohne nachzulassen, runter zum Fluss, rüber über die Brücke und den Hügel rauf in die Neubausiedlung. Bloß weit weg von der Kastanienallee. Damit der Kerl ja nicht weiß, wo ich wohne, und mich am Ende tatsächlich noch kriegt. Oder bei uns zu Hause klingelt. Oder jemanden fragt, der mich vielleicht kennt. Hier kennt mich zum Glück keiner.
Als ich durch etliche Häuserblocks durch bin, riskiere ich noch mal einen Blick nach hinten. Puuuuuh! Ich kann niemanden entdecken. Der Typ scheint aufgegeben zu haben!
Ich fühle mich halb tot, als ich mich auf ein Stück Rasen fallen lasse. Hase bleibt ebenfalls stehen, hechelt und lächelt mich glücklich an. Die ganze Rennerei war ohne Zweifel ein tolles Spiel für ihn.
Ich kann nicht mehr lächeln. Ich kann auch immer noch nicht klar denken. Meine Lunge tut so weh, dass ich das Gefühl habe, da drinnen in meinem Brustkorb zerspringt gleich was. Ich keuche und keuche und bin einfach nur erleichtert, dass der Kerl mich nicht geschnappt hat.
Dann aber fällt mir Aurora ein. Der wird sie doch nicht wirklich festgehalten haben?
Aurora ist stark und außerdem ziemlich strampelig, wenn man sie hochnehmen will. Die wird sich doch befreit haben können?
Als ich endlich wieder normal atme, fängt auch mein Gehirn langsam wieder an zu arbeiten. Und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen, was da gerade eben passiert ist. Ich – ICH , Malea Bond! – bin mit Sachen, für die ich nicht bezahlt habe, erwischt worden. Bin ich jetzt eine Diebin?
Ich starre auf den grünen Rasen, dann auf die neu gebauten weißen Häuser, dann hoch in den blauen Himmel. Ich gucke den schwarzen Hase an, der sich jetzt zufrieden neben mir aufs Gras plumpsen lässt, und dann … dann fühle ich mich einfach nur noch schrecklich. So schrecklich, wie ich mich in meinem ganzen Leben noch nie gefühlt habe. Das kann doch alles gar nicht wahr sein! Das ist doch eben nicht wirklich passiert! Das kann doch nur ein grausamer Albtraum sein?
Ich bin doch jetzt keine gesuchte Diebin!
Oder?
Warum ist das Leben manchmal so kompliziert? Und warum gibt es eigentlich keine Gebrauchsanweisungen für schwierige Situationen – im Internet oder so? Und übrigens kann ich mit Sicherheit sagen, dass es ziemlich lange dauern würde, wenn man vorhätte, den
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