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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Kriminalbeamten. Mit zitternden Fingern tippte sie die Nummer in ihr Autotelefon ein.
    Er meldete sich mit einem geschäftsmäßigen »Detective Moore.«
    »Hier spricht Catherine Cordell«, sagte sie. »Sie waren vor ein paar Tagen bei mir.«
    »Ja, Dr. Cordell?«
    »Hat Elena Ortiz einen grünen Honda gefahren?«
    »Wie bitte?«
    »Ich muss ihr Kennzeichen wissen.«
    »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz…«
    »Sagen Sie es mir ganz einfach!« Ihr scharfer Befehlston verschreckte ihn. Es war eine ganze Weile still in der Leitung.
    »Lassen Sie mich nachsehen«, sagte er. Im Hintergrund hörte sie Männer sprechen, Telefone klingeln. Dann war er wieder am Apparat.
    »Es ist ein Wunsch-Nummernschild«, sagte er. »Ich glaube, es bezieht sich auf das Blumengeschäft der Familie.«
    » Posey wie Blumenstrauß – POSEY 5 «, flüsterte sie.
    Eine Pause. »Ja«, sagte er mit seltsam gedämpfter Stimme. Alarmiert.
    »Als wir uns neulich unterhielten, fragten Sie mich, ob ich Elena Ortiz gekannt habe.«
    »Und Sie verneinten.«
    Stockend ließ Catherine die Luft aus ihren Lungen entweichen. »Ich habe mich geirrt.«

6
    Nervös ging sie in der Unfallstation auf und ab. Ihr Gesicht war blass und angespannt, ihr kupferfarbenes Haar hing ihr in wirren Strähnen um die Schultern. Sie wandte sich zu Moore um, als er den Wartebereich betrat.
    »Hatte ich Recht?«, fragte sie.
    Er nickte. »Posey 5 war ihr Pseudonym im Internet. Wir haben ihren Computer überprüft. Und jetzt sagen Sie mir, woher Sie das wussten.«
    Sie warf einen Blick auf das hektische Treiben in der Unfallstation und sagte: »Gehen wir in eins der Bereitschaftszimmer.«
    Der Raum, zu dem sie ihn führte, war eine düstere kleine Höhle, fensterlos und nur mit einem Bett, einem Stuhl und einem Schreibtisch ausgestattet. Für eine erschöpfte Ärztin, die nichts als Schlaf im Sinn hatte, würde der Raum vollkommen ausreichend sein. Aber als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, wurde Moore schlagartig bewusst, wie beengt der Raum war, und er fragte sich, ob sie die erzwungene Nähe als ebenso unbehaglich empfand wie er. Beide sahen sich nach Sitzgelegenheiten um. Schließlich setzte sie sich auf das Bett, und er nahm den Stuhl.
    »Ich bin Elena nie wirklich begegnet « , sagte Catherine.
    »Ich wusste nicht einmal, dass das ihr Name war. Wir besuchten denselben Chatroom im Internet. Sie wissen, was ein Chatroom ist?«
    »Darin kann man sich live via Internet unterhalten.«
    »Ja. Eine Gruppe von Personen, die zur gleichen Zeit online sind, können sich im Internet treffen. Dieser spezielle Chatroom ist ein privater Raum, nur für Frauen. Man muss verschiedene Passwörter kennen, um hineinzugelangen. Und alles, was man auf dem Bildschirm sieht, sind die Screen-Names, die Pseudonyme. Keine echten Namen oder Gesichter, damit wir alle anonym bleiben können. Dadurch fühlen wir uns sicher genug, um einander unsere Geheimnisse verraten zu können.« Sie hielt inne. »Haben Sie nie so etwas ausprobiert?«
    »Ich fürchte, ich sehe keinen besonderen Reiz darin, mich mit gesichtslosen Fremden zu unterhalten.«
    »Manchmal«, sagte sie leise, »ist ein gesichtsloser Fremder der einzige Mensch, mit dem sie reden können.«
    Er hörte die Tiefe ihres Schmerzes aus den Worten heraus und wusste nichts zu erwidern.
    Nach einer Weile holte sie tief Luft und richtete den Blick nicht auf ihn, sondern auf ihre im Schoß gefalteten Hände. »Wir haben uns einmal die Woche getroffen, mittwochabends um neun Uhr. Ich gehe zuerst online, dann klicke ich das Chatroom-Symbol an, gebe PTS ein und anschließend womanhelp. Und schon bin ich drin. Ich kommuniziere mit anderen Frauen, indem ich etwas eintippe und es über das Internet abschicke. Unsere Worte erscheinen auf dem Bildschirm, wo wir sie alle lesen können.«
    »PTS? Ich nehme an, das steht für …«
    »Posttraumatisches Stress-Syndrom. Eine hübsche klinische Bezeichnung für das, worunter die Frauen in diesem Raum leiden.«
    »Um welches Trauma geht es denn genau?«
    Sie hob den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. »Vergewaltigung.«
    Das Wort schien für einen Augenblick zwischen ihnen zu hängen; sein Klang allein lud die Atmosphäre auf. Ein einziges brutales Wort mit der Wirkung eines Faustschlags.
    »Und Sie gehen wegen Andrew Capra dort hinein«, sagte er leise. »Wegen dem, was er Ihnen angetan hat.«
    Ihr Blick flackerte unruhig hin und her und senkte sich dann. »Ja«, flüsterte sie. Wieder schaute sie ihre

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