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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Nacht höchstens vier Stunden, und auch dies meistens nur sehr unruhig. Er wurde zudem impotent. In der einundzwanzigsten Nacht wäre er um ein Haar von einem Hausangestellten erwischt worden. Lieutenant Treadwell kapitulierte und gestand dies an einem schwarzen Mittwochmorgen seinem Chef.
    Der Commander hörte sich die Entschuldigungen seines Adjutanten für einen Augenblick an und unterbrach ihn dann.
    »Konnten Sie das Gesicht dieses Hausangestellten erkennen, Lieutenant?«
    »Ja, Sir. Nein … ich weiß nicht, Sir. Warum?«
    »Weil dieser Bursche in Watts wohnen könnte. Und Sie werden dort künftig ein paar Freunde brauchen können. WEIL ICH SIE BEI DER NÄCHSTBESTEN GELEGENHEIT GENAU DORTHIN VERSETZEN LASSE, SIE UNFÄHIGES ARSCHLOCH!« Allerdings schickte Commander Moss Lieutenant Treadwell dann doch nicht nach Watts. Er gelangte zu der Überzeugung, eine rückgratlose Qualle wäre doch um einiges einem naseweisen Laffen wie diesem Lieutenant Wirtz vorzuziehen, der für Deputy Chief Lynch arbeitete. Statt dessen begab er sich am hellichten Tag in die Personalabteilung, riß das Empfehlungsschreiben, daß er selbst für Treadwell verfaßt hatte, aus dessen Akte, durchkreuzte es mit einem riesigen, schwarzen X und legte es ohne Kommentar in einem verschlossenen Umschlag auf Lieutenant Treadwells Schreibtisch.
    Lieutenant Treadwell seinerseits arbeitete sich, nachdem ihm das Haar in Büscheln auszugehen begonnen hatte, langsam wieder in Commander Moss' Gunst empor, indem er folgendes Kapitel für das Handbuch des Los Angeles Police Department verfaßte:
    KOTELETTEN: Koteletten sollen nicht weiter reichen als bis zum unteren Rand der äußeren Ohröffnung (die Oberseite des Ohrläppchens), und sie sollen in einer sauber rasierten, geraden Linie enden. Der auseinanderlaufende untere Teil der Koteletten darf nicht mehr als um ein Viertel des gerade verlaufenden Teils der Koteletten breiter sein.
    SCHNURRBÄRTE: Ein kurzer und ordentlich geschnittener Schnurrbart der natürlichen Bartfarbe darf getragen werden. Schnurrbärte dürfen den oberen Lippenrand oder die Mundwinkel nicht nach unten hin überragen und dürfen auch seitlich nicht weiter als einen halben Zentimeter über die Mundwinkel hinausstehen.
    Für die Verfassung dieses Texts brauchte Lieutenant Treadwell dreizehn Wochen. Bei einem Belegschaftstreffen wurde er dazu beglückwünscht. Er strahlte vor Stolz übers ganze Gesicht. Die Bestimmungen waren perfekt. Niemand verstand sie.
    Während Commander Moss sich also Mühe gab, sich zu gedulden, bis Deputy Chief Adrian Lynch ans Telefon ging, beobachtete dieser, wie der Sekundenzeiger seiner Uhr über das übliche dreiminütige Intervall hinwegglitt, mit dem er normalerweise seine Anrufer beehrte. Lynch konnte sich nicht so recht entscheiden, ob er Moss noch eine Minute warten oder ihm durch seine Sekretärin mitteilen lassen sollte, daß er ihn zurückrufen würde. Natürlich konnte er sich keine offensichtliche Grobheit erlauben. Dieser Scheißkerl Moss hatte beim Polizeichef und einer Menge anderer Idioten, die ihn nicht durchschauten, einen Mordsstein im Brett. Lynch haßte diese goldenen Locken, die sich Moss vermutlich färbte. Dieses Arschloch war mindestens fünfundvierzig Jahre alt und sah immer noch aus wie ein Pfadfinder. Nicht eine Falte in seiner smarten Fresse.
    Böse drückte Lynch auf den Durchstellknopf und trällerte: »Guten Morgen, Deputy Chief Lynch am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich bin's Boß. Hec Moss«, meldete sich der Commander. Chief Lynch schnitt eine Grimasse und dachte: Ich bin's. Meine Fresse!
    »Ja, Hec, was gibt's?«
    »Boß, es dreht sich um die Mac Arthur-Park-Orgie.«
    »Verdammt noch mal! Nennen Sie sie doch nicht immer so.«
    »Entschuldigung, Sir. Ich habe die Singstunde gemeint.«
    »So sollen Sie sie auch nicht nennen. Stellen Sie sich nur vor, die Presse bekäme davon Wind.«
    »Jawohl, Sir«, erwiderte Moss, um dann verschlagen fortzufahren: »Ich bin mir der Bedrohung durch eine schlechte Presse durchaus bewußt. Es ist mir gelungen, die Sache nicht ans Tageslicht kommen zu lassen und die Familie des Opfers zu besänftigen.« Meine Fresse! dachte Lynch. Besänftigen. »Ja, Hec«, nickte er darauf müde.
    »Wissen Sie, Sir, ich habe mir gedacht, daß man die Sache sozusagen möglichst schnell zum Abschluß bringen sollte … und ob wir nicht vielleicht dem Polizeichef vorschlagen sollten, jeden Polizisten, der an der Orgie teilgenommen hat, möglichst

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