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Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6

Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6

Titel: Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Margaret; Hickman Weis
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Bertram seit mehr als einem Jahrzehnt dem Orden der Ästheten angehörte, die in der großen Bibliothek lebten. »Kennt Ihr ihn, Meister? Das war der Grund, warum ich mir die Freiheit herausnahm, Euch bei der Arbeit zu stören. Er bat darum, Euch zu sehen.«
    »Raistlin...«
    Ein Tintentropfen fiel aus Astinus’ Feder auf das Papier.
    »Wo ist er?«
    »Auf der Treppe, Meister, wo wir ihn gefunden haben. Wir dachten, daß vielleicht einer dieser neuen Heiler, die die Göttin Mishakal verehren, ihm helfen könnte...«
    Der Geschichtsschreiber sah verärgert auf den Tintenklecks. Er nahm eine Prise feinen weißen Sandes und verteilte ihn vorsichtig über die Tinte, um sie zu trocknen. Dann senkte er seinen Blick und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
    »Kein Heiler kann diesem jungen Mann helfen«, bemerkte der Chronist mit einer Stimme, die aus den Tiefen der Zeit zu kommen schien. »Aber bring ihn herein. Und besorg ihm ein Zimmer.«
    »In die Bibliothek bringen?« wiederholte Bertram mit tiefem Erstaunen. »Meister, niemand wurde jemals hereingelassen, außer Leute unseres Ordens...«
    »Ich werde zu ihm gehen, wenn ich am Tagesende Zeit habe«, fuhr Astinus fort, als hätte er die Worte des Ästheten nicht gehört. »Das heißt, wenn er noch lebt.«
    Der Federkiel bewegte sich schnell über das Papier.
    »Ja, Meister«, murmelte Bertram und verließ das Zimmer.
    Der Ästhet schloß die Tür hinter sich und eilte durch die kühlen, stillen Marmorhallen der uralten Bibliothek, seine Augen vor Staunen über dieses Ereignis weit geöffnet. Seine schwere
Robe fegte hinter ihm über den Boden, sein rasierter Kopf glitzerte vom Schweiß, als er rannte, nicht an diese Anstrengung gewöhnt. Die anderen des Ordens sahen ihn erstaunt an, als er in die Eingangshalle der Bibliothek sauste. Er blickte schnell durch die Glasscheibe in der Tür und konnte den jungen Mann auf den Stufen erkennen.
    »Uns wurde befohlen, ihn hereinzubringen«, sagte Bertram den anderen. »Astinus wird heute abend den jungen Mann sehen, vorausgesetzt, der Magier ist dann noch am Leben.«
    Die Ästheten sahen sich in stummer Bestürzung an, sich fragend, welche Vorbedeutung wohl in dieser Entscheidung lag.
     
    Ich sterbe.
    Dieses Wissen war für den Magier schmerzlich. Raistlin lag in einem Bett in einer kalten, weißen Zelle, wohin ihn die Ästheten gebracht hatten, und verfluchte seinen zerbrechlichen Körper, verfluchte die Prüfungen, die ihn zerstört hatten, verfluchte die Götter, die ihm dieses Los aufgebürdet hatten. Er fluchte, bis er keine Worte mehr fand, bis er selbst zum Denken zu erschöpft war. Und dann lag er unter den weißen Leinentüchern und spürte sein Herz wie einen gefangenen Vogel in seiner Brust flattern.
    Zum zweiten Mal in seinem Leben fühlte sich Raistlin allein und verängstigt. Er war nur einmal zuvor allein gewesen, und das war während jener drei qualvollen Prüfungstage im Turm der Erzmagier gewesen. Selbst dort, war er da wirklich allein gewesen? Er glaubte es nicht, obwohl er sich nicht deutlich erinnern konnte. Die Stimme... die Stimme, die manchmal zu ihm sprach, die Stimme, die er nicht erkennen konnte, jedoch zu kennen schien... Er verband die Stimme immer mit dem Turm. Sie hatte ihm dort geholfen, so wie sie ihm seitdem geholfen hatte. Mit Hilfe dieser Stimme hatte er die schwere Prüfung überlebt.
    Aber jetzt würde er nicht überleben, das wußte er. Die magische Transformation, der er sich unterzogen hatte, war eine zu große Anstrengung für seinen schwachen Körper gewesen.

    Die Ästheten hatten ihn zusammengekauert und blutspuckend auf ihren Stufen vorgefunden. Auf ihre Fragen hatte er es noch fertiggebracht, den Namen von Astinus und seinen eigenen auszustoßen. Dann hatte er das Bewußtsein verloren. Als er erwachte, fand er sich in dieser kalten kleinen Mönchszelle wieder. Und mit dem Erwachen kam das Wissen, daß er im Sterben lag. Er hatte mehr von seinem Körper gefordert, als zu geben er in der Lage gewesen war. Die Kugel der Drachen könnte ihn retten, aber er hatte nicht mehr die Kraft, seine Magie anzuwenden. Die Zauberworte waren aus seinem Gedächtnis entschwunden.
    Ich bin sowieso zu schwach, um ihre gewaltige Macht zu kontrollieren, wurde ihm klar. Wenn sie erst einmal weiß, daß ich meine Kraft verloren habe, wird sie mich vernichten.
    Nein, es blieb ihm nur noch eine Chance – die Bücher in der großen Bibliothek. Die Kugel der Drachen hatte ihm versichert, daß diese Bücher

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