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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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der Reiter sie erreichte. Das Zusammentreffen von Axt und Lanze hatte stets eines von vier möglichen Ergebnissen: Viele der Fußsoldaten mit ihren Äxten wurden einfach über den Haufen geritten, egal ob ihre Axt Pferd oder Reiter traf, manche wurden auch von einer Lanze durchbohrt, bevor sie die Möglichkeit hatten, etwas auszurichten. Aber andere schafften es mit einem Sprung zur Seite einen der Reiter vom Pferd zu holen oder den Lanzen auszuweichen, um den Reitern, die von der Schildmauer aufgehalten wurden, in den Rücken zu fallen. Aber selbst wenn sie noch nicht einmal das Bein eines Pferdes trafen, brachten die wenigen Männer vor der Schlachtreihe die Linie der Reiter aus der Ordnung. Was den Schildwall wie ein mächtiger Hammerschlag getroffen hätte, durchlöcherte ihn nun wie die Zinken einer Heugabel. An den meisten Stellen hatten die Schildträger mit ihren kurzen Speeren die Möglichkeit sich neu zu formieren, dann brandete die Hauptmacht des angreifenden Heeres gegen sie an.
    Erich spürte plötzlich eine Hand auf seiner Schulter und zuckte zusammen.
    „ Lass uns gehen, das müssen wir uns nicht ansehen.“, sagte Sarn eindringlich.
    Erich wollte protestieren, aber dann flog etwas durch die Luft an ihm vorbei, bei dem es sich nur um einen Arm handeln konnte. Ein hässlicher Schnitt, der knapp über dem Ellenbogen endete, zog sich quer durch das Fleisch und Erich musste die Augen schließen, als er sah, wie die Finger weiterhin zuckten.
    „Komm jetzt.“, forderte Sarn ärgerlich und Erich ließ sich ohne weiteren Widerstand von ihm wegführen, während sich das Bild der zuckenden Finger sich in seinen Erinnerungen einbrannte. Obwohl sie sich beeilten von der Schlacht weg zu kommen, wurden sie immer wieder von Reitern eingeholt, die sich Gefechte mit kleineren Widerstandsnestern lieferten. Regelmäßig sah Erich, dass die Angreifer irrtümlicherweise auch die bereits toten Verteidiger angriffen, die an den Pfählen festgebunden waren und so kostbare Kraft und Zeit verloren. Manchmal so viel Zeit, dass sie von Männern überwältigt werden konnten, die nur auf diesen Fehler gewartet hatten. Daher die Toten. Sie lenkten von den Lebenden ab.
    Auch wenn Sarn ihn davor gewarnt hatte und er es inzwischen auch selber besser wusste, blickte sich Erich noch einmal um und konnte förmlich spüren, wie sich das Bild, das er sah, in seinem Gedächtnis festfraß wie eine Säge in einem kippendem Baumstamm: Eine Gruppe von Angreifern stand Seite an Seite um einen Mann herum, dem die Hälfte seines rechten Arms fehlte. Das hinderte ihn aber nicht daran, mit der Linken weiter eine Keule zu schwingen und den Angreifern mit weit ausholenden Schwüngen das Blut in die Augen zu schleudern, das aus seinem Armstumpf sprudelte. Er hatte es so beinahe geschafft alle zu blenden und einen nach dem anderen zu töten, wurde dann aber von einem Mann mit einer zersplitterten Lanze niedergeritten, der sich selbst nur noch mit Mühe auf seinem Pferd halten konnte. Als das Schlachtross sich im Kampfgetümmel tänzelnd drehte, sah Erich den Riss, der sich vom durchtrennten Oberschenkel des Mannes abwärts bis durch den Bauch des Pferdes zog. Der blutige Rest seines Beins hing eingehüllt in die herausquellenden Eingeweide des Pferdes vom Steigbügel herab.
    Erich presste die Augen zusammen, musste sich aber trotzdem übergeben.
    Als sein Magen nichts mehr hergeben wollte, und die Krämpfe schließlich nachließen, hatte sich der Nebel gelichtet und die Vision von der Schlacht war mit ihm verschwunden. Erich spuckte noch ein paar Mal aus und stand dann gestützt vom Halken auf. Sarn und die anderen hatten sich mit mitleidigem Blick um ihn versammelt. Sogar Kern schien mitbekommen zu haben, was gerade um sie herum passiert war.
    „War das … die letzte Schlacht?“, fragte Erich schwach.
    „ Wahrscheinlich eine der letzten. Soweit wir wissen, wurde das Heer zerschlagen und durch einen Nebel daran gehindert wieder zusammen zu finden. Erst nach Tagen waren die letzten Kämpfe beendet.“
    „ Ein Nebel?“
    „ Ohne Zweifel ein Zauber. Ein sehr mächtiger Zauber, ausgesprochen von jemandem, der Sinn für Ironie hatte.“
    Erich bekam langsam wieder ein wenig Farbe und war froh über alles, womit er sich ein wenig ablenken konnte. „Warum Sinn für Ironie?“
    „Weil Befaal, der Dämon von Sigwar die Macht hatte Nebel zu kontrollieren. Wer auch immer diesen Nebel damals erschaffen hat, er war nicht nur auf eine Konfrontation mit den

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