Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
er umklammerte die Finger seiner linken Hand mit seiner rechten.
„Woher weiß ich, dass ihr euer Versprechen einhaltet?“, wollte Erich mit klopfendem Herzen wissen. Es schien ihm nicht bewusst zu sein, dass er seine Forderungen einen Mann richtete, der seinerzeit zu den mächtigsten unter den Hürnin gehört hatte und dabei aussah wie ein Bettler.
Chon atmete tief ein und streckte seine Gestalt zu voller Größe.
„ Ich schwöre es. Ich schwöre es beim Grab von Chiludes. “
Seine Worte hörten sich an, als hätte er sie mit einem Meißel aus Ehre aus einem Block von purem Stolz herausgeschlagen. Auch wenn ich ihm immer noch nicht vertraute, musste ich zugeben, dass er zumindest sehr überzeugend klang.
Erich nickte. Aber er war noch nicht bereit, auf der Stelle sein Einverständnis zu geben. „Warum ist er nicht hier? Ich meine, warum ist Chiludes kein Geist wie ihr?“, wollte er nach einigen Augenblicken wissen.
Chon sank wieder in sich zusammen und stieß ein Geräusch aus, das einem Stöhnen nahe kam. Hilflos rang er die Hände. Sein linkes Auge zuckte.
„ Ich weiß es nicht. Er ist nicht hier. Er ist nicht unter der Schar der Toten und ich kann ihn nicht finden. “
„ Wie kann das sein?“
Chon antwortete nicht darauf. Er sah Erich einfach nur traurig an.
„Warum ist es dann so wichtig zu wissen, ob er Nachkommen hatte oder nicht? Wer war er überhaupt?“
Chon verzog sein Gesicht als hätte man ihm auf die Schuhe gespuckt. „ Er war mein Gefährte. Der edelste unter den Hürnin. Ein wahrer Halbgott, der Sigwar in nichts nachstand. In nichts. Aber er hatte Geheimnisse. Etwas, das er mir nie verraten wollte. Wenn ich weiß, ob er Kinder hatte, dann beantwortet das zumindest meine Frage, ob er mich wirklich geliebt hat, oder nicht. “
Erich nickte ein wenig ratlos. Er hatte schon von der Liebe unter Männern gehört, sie auch schon mit eigenen Augen bei den Waldhürnin gesehen, sich aber noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht.
„Wie kann ich sein Nachfahre sein? Seit seinem … ich meine seit der Schlacht auf dem Sommerfeld müssen Jahrhunderte vergangen sein.“
Chon seufzte und ließ sich auf dem Thron nieder. „ Damit magst du Recht haben, doch Chiludes war kein gewöhnlicher Hürnin und nichts weniger ist von seinen Nachkommen zu erwarten. Wenn ich die Jahrhunderte überdauern konnte, dann konnten das andere auch. Ich weiß nicht wie und ich weiß nicht ob du vielleicht sein Sohn bist, der die Zeiten unberührt überstanden hat, oder ein Ururenkel, aber ich zweifle nicht daran, dass es so sein kann. So sein könnte … “
„ Warum nennt man ihn den Verräter?“
Wie eine rachsüchtige Schlange aus ihrem Versteck schoss Chon von seinem Thron hoch.
„ Wer wagt es ihn einen Verräter zu nennen?! “
Erich zuckte zurück und das höfliche Gemurmel der geisterhaften Hofgemeinschaft, das ohnehin nur dazu gedient hatte das Lauschen zu kaschieren verstummte vollends. Wer Chon verärgerte oder auch nur in der Nähe war, wenn das passierte, hatte offenbar mit unangenehmen Konsequenzen zu rechnen. Sogar als Geist.
„Ich … also, das stand …“
Chon streckte in einer beruhigenden Geste die Hände nach vorne. „ Nein, verzeih mir. Ich habe keinen Grund dir zu zürnen. Es gab tatsächlich Hürnin, die ihm vorgeworfen haben, er hätte den Pakt verraten. “
„ Warum?“
„ Weil er den Pakt nie einging. Er hat sich geweigert sich mit einem Horndämonen zu verbinden. “
„ Aber warum?“
Chon zuckte mit den Schultern und ließ sich mit ratlosem Gesichtsausdruck zurück auf den Thron sinken. „ Wie gesagt: Er hatte seine Geheimnisse. “
Erich wies mit schräg geneigtem Kopf zu Sirr und dem Halken hinüber. „Was ist mit ihnen? Warum bewegen sie sich nicht?“
„ Weil sie Glück hatten und mein Interesse erweckten. Wir bekommen hier nur selten Besucher. Meist Glücksritter die an ihrer eigenen Vergangenheit zerbrechen, wenn sie auf die Belagerer treffen. Manchmal ist einer unter ihnen, dem ich es gestatte meinen Hof zu betreten. Noch nie war jemand unter ihnen, dessen Ziel es war einen der Belagerer ins Leben zurückzubringen. Und als dann auch noch du aufgetaucht bist und der Diener behauptet hat … “
Chon verstummte, wohl weil er merkte, dass er mehr preisgab, als er beabsichtigt hatte.
„Kannst du mir sagen, wer Chilles ist?“, wollte Erich wissen, als Chon schwieg, doch der schüttelte den Kopf. „ Ich kenne niemanden mit diesem Namen. “
„ Ich würde
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