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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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wie ich noch nie zuvor ein Wesen habe brüllen hören und die Toten lösten sich schlagartig auf. Nur Chon blieb wie das Nachbild eines Blitzes noch für einen kurzen Augenblick zurück, um Erich auf eine Weise anzuschauen, die den Blick bis auf etwas tief in seinem Inneren freigab, das gerade ein für allemal zerbrochen war. Dann verschwand er wie die anderen. Auch das Blut auf dem Boden und am Messer war restlos von den Toten vertilgt worden.
    „Erich! Was ist passiert? Bist du verletzt?“ Sirr war als erste aufgesprungen und ganz entgegen ihrer sonstigen Art besorgt zu Erich geeilt, um sein Gesicht und seine Arme zu untersuchen. Ihr Haar war weiß und ihre Augen perlmuttfarben.
    Auch der Halken hatte seine fünf Sinne wieder beisammen und schaute sich verwundert im Saal um, während er deutlich hörbar seinen Darm von störenden Gasen befreite. Als Sirr ihm einen missbilligenden Blick zuwarf, steckte Erich rasch das Ritualmesser ein, das auf dem Grab lag.
    „Dem Jungen geht es gut. Er hat sich nur in die Hand geschnitten. Aber die Toten haben die Lebenden überwältigt!“, sagte er. „Ist der Halken zu den Ahnen heimgekehrt?“
    Erich schüttelte den Kopf. „Nein. Wir leben. Oder … “
    Sirrs Gesichtsausdruck, den der Halken nicht sehen konnte, ließ ihn verstummen.
    „ Wir sind nicht bei den Ahnen.“, fing Erich noch einmal von vorne an. „Aber wir sind auch nicht weit von ihnen entfernt. Lasst uns hier schnell verschwinden.“
    Der Halken runzelte die Stirn und wandte sich zum Gehen, aber Sirr rührte sich nicht von der Stelle.
    „Was ist?“
    „ Geht schon vor, ich …“
    Erich warf dem Ork einen schnellen Blick zu und flüsterte ihr dann zu: „Ich habe mit Chon gesprochen. Und mit Amal. Was immer du auch vorgehabt hast, es ist dir wohl irgendwie gelungen.“
    Sirr räusperte sich überrascht. „Halken, könntest du nachsehen, ob wir gefahrlos zurückgehen können?“, sagte sie ohne Erich aus den Augen zu lassen.
    Dem Halken schien das nur Recht zu sein. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er auch gerne ganz auf die Elfe verzichtet. Während er brummend zur Tür stapfte, packte Sirr Erich bei den Schultern.
    „Versprich mir, dass du den anderen nichts davon erzählst.“
    „ Warum?“
    „ Weil … ich nicht glaube, dass sie es verstehen würden.“
    „ Chon hat etwas von einer Abmachung erzählt, die du mit ihm getroffen hast.“, sagte Erich lauernd.
    „ Versprich mir, dass die Sache unter uns bleibt.“, wiederholte Sirr eindringlich.
    „ Na gut, ich verspreche es.“
    „ Er hat mir im Tausch für meine Schwester abverlangt den Scharif zu töten. Mit dem Ritualmesser.“ Ihr Blick sprang zu der Stelle auf dem Sarkophag auf der noch vor kurzem das Messer gelegen hatte und dann zurück zu Erich.
    „ Gib es mir.“, zischte sie und ich konnte sehen, wie sich Erichs Nackenhaare aufstellten. Nach kurzem Zögern griff er in seinen Umhang und reichte ihr das Messer.
    „ Wirst du es tun? Den Scharif damit töten meine ich?“
    Sirr stieß die Luft durch ihre Nase aus.
    „Mach dich nicht lächerlich. Komm jetzt.“
    „ Warte! Was ist mit … ?“
    Sirr zog ihn mit sich zur Tür, wo der Halken auf sie wartete. Erich erhielt keine Antwort und konnte seine Frage noch nicht einmal vollenden. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück durch Chonled, während Erich das Blut von seinen Händen wischte. Der Schnitt im Handballen war nicht tief und hatte bald aufgehört zu bluten. Und auch das Blut, das er auf sein Gesicht gestrichen hatte, war völlig verschwunden noch bevor sie zurück in der Küche waren, wo Sarn und Kern auf sie warteten. Erich war trotzdem froh keinen Geistern mehr zu begegnen und konnte gar nicht schnell genug zu Sarn und Kern zurückkommen. Deshalb beschränkte er sich bei dem, was er Sarn auf sein Fragen antwortete, auf das Wesentliche. Er berichtete in knappen Worten von Ba, Ja und ihre Schwester Dag, die wir erst hier in Chonled als geisterhafte Erscheinung getroffen hatten und von Chon, der seinen Geliebten Chiludes zurück in die Welt der Lebenden bringen wollte und dabei selbst gestorben war. Nachdem er ihn nicht unter den Toten hatte finden können, wollte er wenigstens herausfinden, ob ihm Chiludes treu geblieben war, offenbar mit einem unerfreulichen Ergebnis. Er wiederholte auch nicht ausdrücklich, dass Chon ihn geküsst hatte und für einen Nachfahren von Chiludes hielt. Sarn hatte das auch so verstanden und die anderen waren mit ihren eigenen Gedanken

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