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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schuldig blieb. Einen Moment später nickte sie, als wäre auch ganz genau das geschehen. »Ich verstehe. Dein schwarzer Freund und du … ihr seid mehr als nur Freunde?« Einer der Männer hinter ihnen begann zu lachen und verstummte erschrocken, als Andrej eine Kopfbewegung andeutete. »Ich habe nicht gesagt, dass du mir zu jung bist, um dich übers Knie zu legen und dir den Hintern zu versohlen«, sagte er ernst. »Wenn es das ist, was Euch Freude bereitet, Effendi«, sagte Murida demütig.
    Diesmal war es mehr als nur ein Mann, der ein Lachen nicht mehr ganz unterdrücken konnte. Andrej verbot es sich jedoch aufzufahren, sondern zwang sich zu einem verzeihenden Lächeln. »Was soll der Unsinn, Kind?«, fragte er. »Wenn es dir nur darum geht, mich in Verlegenheit zu bringen, dann versuch dir bitte vorzustellen, was Sharif von deinem Benehmen halten würde, wenn er dich jetzt hören könnte.«
    »Oh, das wird er, keine Sorge«, versicherte Murida und blickte vielsagend zu den Männern. »Sie werden sich darum prügeln, wer als Erster zu Sharif laufen und mich bei ihm anschwärzen darf, glaub mir.« Seltsamerweise lachte jetzt niemand mehr, aber Andrej hörte die Schritte gleich mehrerer Männer, die sich hastig entfernten. »Warum tust du das?«, fragte er und fügte rasch und mit leicht erhobener Stimme hinzu: »Und frag erst gar nicht, was ich meine.«
    Murida zuckte mit den Schultern und drehte sich dann halb zur Seite, scheinbar um die beiden Daus in Augenschein zu nehmen, die die Spitze ihrer kleinen Flotte bildeten, in Wahrheit aber wohl eher, um Zeit zu gewinnen, in der sie sich eine plausible Antwort ausdenken konnte. Andrej tat dasselbe und wäre um ein Haar alarmiert zusammengefahren, als er ein weiteres dreieckiges Segel gewahrte, das sich ihnen näherte, langsam und in einem wackeligen Zickzackkurs sowohl gegen den Wind als auch die Strömung kreuzend. Dann erinnerte ersieh an Sharifs Ankündigung, ein weiteres Boot vorauszuschicken, um auch die zahllosen kleinen Inselchen und Sandbänke auf ihrem Kurs zu kontrollieren. Fernandes war nicht begeistert gewesen.
    »Ich weiß es nicht.« Murida wandte den Blick von dem näher kommenden Segel ab und sah nun wenigstens ungefähr in seine Richtung, auch wenn sie seinem direkten Blick immer noch auswich.
    »Das war dumm von mir, verzeih! Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich hätte auf dich hören und das Kat eher nehmen sollen.«
    »Du hättest es besser von Anfang an gar nicht erst angerührt.«
    »Ja, jetzt klingst du wirklich, als wärst du mindestens hundert Jahre älter als ich«, erwiderte Murida mit einem schelmischen Blitzen in den Augen, wurde gleich darauf aber ernst. Ihre Hand berührte leicht wie eine Feder Andrejs Arm und blieb darauf liegen. »Es war der einzige Weg, um ihr Vertrauen zu erringen.«
    »Aber du hast nicht gewusst, was für Folgen es haben würde.«
    »Es hätte keinen Unterschied gemacht«, beteuerte Murida.
    »Und es macht auch jetzt keinen Unterschied. Ich habe es ihm gleich am ersten Tag gesagt, und niemand musste mich dazu zwingen.«
    »Was hast du wem gesagt?«
    »Dem Machdi. Dass Sharif mich geschickt hat, um ihn und seine Jünger auszuspionieren«, antwortete Murida. »Der Machdi ist kein Mann, den man belügen kann. Er wusste es in dem Moment, in dem er mir das erste Mal in die Augen gesehen hat, und ich wusste, dass alles falsch war, woran ich bisher geglaubt hatte.«
    »Und alles, was Sharif dich gelehrt hat?«
    »Er hat mich vor allem gelehrt, ehrlich zu mir selbst zu sein«, erwiderte sie, aufgebracht, wie es Andrej vorkam.
    »Die Sache des Machdi ist gerecht, Andrej. Ich weiß, du hältst ihn für einen Verbrecher, aber das stimmt nicht. Ich werde ihm helfen, dieses Land von der Tyrannei zu befreien, und viele andere werden dasselbe tun. Wir sind viele. Sehr viel mehr, als du glaubst. Sogar mehr, als Sharif glaubt.«
    »Warum?«, fragte Andrej. Er versuchte ihre Hand wegzuschieben, doch sie leistete so viel Widerstand, dass er schon Gewalt hätte anwenden müssen, und das wollte er nicht.
    »Warum was?«
    »Warum willst du ihm helfen? Du bist bereit, dein Leben zu opfern, nur um Süleyman zu stürzen –«
    »Gibt es einen besseren Grund?«
    »– und einen Tyrannen gegen einen anderen zu tauschen?«
    Jetzt zog Murida ihre Hand so abrupt zurück, dass er sie wohl nicht einmal gewaltsam hätte festhalten können. Ihre Augen blitzten. »Der Machdi ist kein Tyrann!«, rief sie. »Er wird den Menschen in

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