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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Männern hier. Wäre das nicht ein wenig peinlich?« Abu Dan rülpste zustimmend, und Murida ließ nur noch einen Anstandsaugenblick verstreichen, ehe sie ihm den Beutel aus der Hand riss. Allerdings macht sie keine Anstalten, ein Blatt herauszunehmen, stieß ihn so zornig in die Tasche ihres Mantels, dass Andrej beinahe auf das Geräusch von reißenden Nähten wartete. »Das ändert gar nichts!«, fauchte sie. »Nicht für dich, Mädchen«, pflichtete ihr Abu Dun mit vollem Mund kauend bei. Dann schnüffelte er laut. »Aber für unsere Nasen, glaub mir.« Er ließ noch einen Laut folgen, mit dem er wohl demonstrieren wollte, was genau er meinte, schenkte Murida ein grün gesprenkeltes Grinsen und wandte sich dann ab, um zum Fluss hinunterzuschlurfen. Sharif verdrehte die Augen und nahm zu Andrejs Erleichterung den Faden wieder auf, als wäre gar nichts gewesen.
    »Du könntest eine Menge Menschenleben retten, Murida.« »Menschenleben – oder die deiner Janitscharen?« »Die der Männer und Frauen in deiner Begleitung«, antwortete Sharif ernst. »Bring mich zu diesem Machdi! Lass mich mit ihm reden. Vielleicht finden wir eine Lösung, und es muss nicht noch mehr Blut vergossen werden.« »Das ist deine Entscheidung«, erwiderte Murida kalt. Ihre Augen blitzten herausfordernd, und sie gab sich alle Mühe, auch eine entsprechende Haltung anzunehmen. Die meisten anderen hätte sie damit vermutlich sogar getäuscht, aber Andrej erkannte nur umso deutlicher, wie es unter der gespielten Ruhe aussah. Ihr Herz raste, und seine feinen Sinne verrieten ihm auch, was die Droge -oder eben gerade deren Abwesenheit in ihrem Körper anrichtete. Er konnte nicht anders, als die Willensstärke dieser so zerbrechlich aussehenden jungen Frau zu bewundern, doch sah er jetzt auch immer mehr Alarmzeichen. Muridas Hände zitterten ganz sacht, sie schien Krämpfe zu haben, und das Netz aus feinen Schweißperlen auf ihrer Stirn war nicht nur eine Folge der Sonne, die allmählich an Kraft gewann. Wenn sie nicht bald Kat nahm, dann waren peinliche Geräusche ihr kleinstes Problem.
    »Geh zum Boot«, sagte Sharif. Anscheinend war er zu demselben Schluss gekommen. »Ich komme nach, sobald ich noch ein paar Dinge mit Andrej besprochen habe.« »Einfach so?« Murida schauspielerte perfekt Überraschung. »Du bestehst nicht mehr darauf, dass ich den Machdi an dich ausliefere? Ich habe mich schon gefragt, aufweiche Art du mich foltern wirst und ob du es selbst tust oder es deinen Männern überlässt.« Sharif wollte auffahren, presste aber dann nur die Lippen zusammen. Vielleicht war ihm ebenfalls nicht entgangen, dass Muridas Stimme zunehmend schleppender wurde, und ihre zornigen Augen einen fiebrigen Glanz hatten. Vielleicht wäre sie auch jetzt noch nicht gegangen, doch die beiden Janitscharen, die Sharif gerade weggeschickt hatte, tauchten plötzlich wie aus dem Nichts wieder auf und nahmen das Mädchen in die Mitte. Keiner von ihnen wagte es, sie anzurühren, doch Murida gab ihren kindischen Widerstand endlich auf, warf trotzig den Kopf in den Nacken und eilte zum Ufer. Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man erkennen, wie schweres ihr fiel, aufrecht und gerade zu gehen und nicht zu torkeln. Sowohl Sharif als auch Andrej sahen wortlos zu, wie sie in eines der erbeuteten Boote kletterte und unter der Zeltplane verschwand, die über ihrem Heck aufgespannt war. Erst dann wandte sich Sharif mit einem leicht verunglückten Lächeln wieder zu ihm um. In seinem Blick lag Sorge. »Sie wollte, dass ich sie zwinge, an Bord zu gehen … habt Ihr Kinder, Andrej?«
    »Nein«, antwortete Andrei. »Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Und Ihr?«
    »An manchen Tagen wünschte ich es mir wie nichts anderes«, sagte Sharif. »Aber es gibt auch Tage, da bin ich Allah dankbar, dass er mir diese Prüfung nicht auferlegt hat.«
    Andrej warf einen schiefen Blick auf die Zeltplane, unter der Murida verschwunden war. »Ich glaube, ich verstehe, was Ihr meint.«
    Sharif reagierte zwar mit einem pflichtschuldigen Lachen, wurde aber gleich darauf nur umso ernster. »Auch wenn es mir gewiss nicht gefällt, muss ich mich schon wieder bei Euch bedanken«, sagte er. »Ich hätte es merken müssen.«
    »Das Kat?« Andrej schüttelte mit einer Vehemenz den Kopf, die ihn selbst überraschte. »Diesen Vorwurf könntet Ihr mir ebenfalls machen. Immerhin habe ich bei Abu Dun gesehen, was dieses Teufelszeug anrichtet.«
    »Aber ich kenne Murida wie kein anderer«, beharrte

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