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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kenne deinen Herrn doch gar nicht.«
    »Der Machdi ist nicht mein Herr«, sagte Murida unerwartet scharf. »Er ist niemandes Herr!«
    »Ja, das habe ich gesehen«, pflichtete ihr Andrej bei. »Vor allem gestern, als sie sich für den Mann in die Luft gesprengt haben, der nicht ihr Herr ist.«
    Murida antwortete sehr ernst und ohne dass ihr Blick Andrejs Augen losließ: »Der Machdi verlangt von niemandem Gehorsam, und er lehrt uns, dass das Leben das wertvollste Geschenk ist, das Allah uns gemacht hat.
    All diese Männer haben ihr Leben freiwillig geopfert und mit Freuden. Sie glauben an unsere Sache, und sie haben das größte Opfer dafür gebracht.« Sie wartete einen Moment lang – vergeblich – auf eine Antwort und fragte dann noch einmal: »Kann ich Euch vertrauen, Ungläubiger?«
    »Ja«, antwortete Andrej ernst.
    »Ich will Euer Wort«, beharrte Murida. »Lasst es mich nicht bereuen, Euch zum Machdi gebracht zu haben. Gebt mir Euer Wort!«
    »Das hast du«, sagte Andrej.
    »Dann kommt.« Andrej hatte halbwegs damit gerechnet, dass sie das uralte Wüstenfort wieder verließen und ihren Weg durch die Nacht fortsetzten, doch Murida deutete auf dieselbe Tür, durch die er gerade auf den Hof hinausgetreten war. Erstaunt sah Andrej, wie Murida ihre einladende Geste wiederholte und sich auch unverzüglich in Bewegung setzte, jedoch keiner ihrer Begleiter Anstalten machte, sich ihnen anzuschließen, auch nicht, als er selbst ihr folgte und wieder ins Haus trat. Allerdings waren sie nicht allein. Hadschi stand auf der anderen Seite der rechteckigen Kammer, die Arme herausfordernd vor der Brust verschränkt, und starrte ihn feindselig, ja, beinahe hasserfüllt an. Dabei fiel Andrej kein einziger Grund dafür ein.
    Vielleicht war es an der Zeit, ihm einen zu geben. »Hadschi«, sagte er lächelnd. »Wie schön. Ich hatte schon Angst, wir würden uns gar nicht mehr wiedersehen.« Hadschi verbiss sich jede Antwort, aber seine Augen loderten in schwarzem Zorn. Murida schüttelte den Kopf und betrachtete abwechselnd Andrej und ihn, als sähe sie zwei kleinen Jungen bei einem sinnlosen Kräftemessen zu. Wenn man es genau nahm, musste Andrej sich eingestehen, dann benahmen sie sich auch so. Oder zumindest er.
    »Dort entlang!« Murida deutete auf eine Tür zur Linken, die Andrej bisher ganz entgangen war, und setzte sich auch sofort in Bewegung. Statt ihr zu folgen, schob Hadschi nur trotzig die Unterlippe vor und wartete, bis Andrej sich unter dem niedrigen Türsturz hindurch gebückt hatte. Erst dann schloss ersieh ihm an. Seine rechte Hand spielte mit dem Schwertgriff, der aus seinem Gürtel ragte, und wenn er den grimmigen Ausdruck auf seinem Gesicht tatsächlich nur schauspielerte, dann tat er es perfekt. Er folgte Andrej so dichtauf, dass es gerade noch nicht unangenehm war, ihn aber nervös machte.
    »Wohin bringst du mich?«, fragte er und rechnete nicht wirklich mit einer Antwort. Umso überraschter war er, sie zu bekommen.
    »Zum Machdi«, sagte Murida. Sie hatte die Kammer durchquert, die ebenso leer und kahl war wie jeder andere Raum, den Andrej bisher gesehen hatte, und musste sich trotz ihres kleinen Wuchses bücken, um durch die nächste Tür zu treten. Sie war nicht niedriger als alle anderen, doch der fast pulverfeine Sand hatte sich zu einer mehr als kniehohen Düne aufgetürmt, die einem das Gefühl gab, in einem Haus zu sein, das für Kinder gebaut war oder für Zwerge.
    »Dein Herr …« Andrej verbesserte sich hastig. »Der Machdi liebt es wohl, sich zu verstecken?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete Murida, ohne zu ihm zurückzublicken.
    »Aber er erwartet uns an einem ganz besonderen Ort. Er möchte dir etwas zeigen.«
    Andrej sparte sich die Frage, was. Wenn überhaupt, dann hätte die Antwort ohnehin nur in einem weiteren Rätsel bestanden, und davon hatte er für einen Tag mehr als genug gehört. Mit zwei raschen Schritten und weit nach vorne gebeugt, um nicht gegen die immer niedriger werdende Decke zu stoßen, schloss er zu Murida auf und fragte: »Würdest du mir ein Geheimnis verraten?«
    Murida drehte sich nun doch halb zu ihm herum und maß ihn mit spöttischem Blick. »Aber wenn ich das täte, wäre es doch keines mehr, oder?«
    »Wann genau hast du die Seiten gewechselt?«, fragte Andrej.
    »Und wer sagt dir, dass ich das überhaupt getan habe?«, gab Murida zurück. Ihre Augen funkelten noch spöttischer.
    »So lange gibt es den Machdi noch gar nicht«, behauptete Andrej. »Oder hast du

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