Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
dennoch aber Sand blieb. Keine Chance, mit bloßen Händen daran hinaufzuklettern, selbst wenn es die nun wieder geschlossene Klappe nicht gegeben hätte. »Auf einem anderen Weg, keine Angst«, sagte Murida. Ihre Hand strich weiter über den Stein, der nicht ganz so glatt war, wie es Andrej bisher vorgekommen war. Je nachdem, wie das Licht ihrer Fackel darauf fiel, meinte Andrej fremdartig anmutende Linien und Symbole darin zu erkennen. Ihre Haltung verriet mehr Unsicherheit, als ihr vermutlich selbst bewusst war, und vielleicht sogar eine Spur von Furcht.
    Neben ihm rollte sich Hadschi herum und auf Hände und Knie hoch, spuckte Sand und Schleim und stöhnte irgendetwas in seiner Muttersprache, das Andrej gar nicht verstehen wollte, bevor er fortfuhr: »Was ist das hier eigentlich?«
    »Etwas sehr Altes«, antwortete Murida, ohne in ihrem konzentrierten Tasten und Suchen innezuhalten. »Komm her. Ich brauche deine Hilfe.«
    Andrej ging so weit nach vorne gebeugt zu ihr, dass es schon fast komisch aussah. Trotzdem streifte sein Kopf an der niedrigen Decke entlang und löste einen weiteren Staubregen aus. Neben Murida ließ er sich vollends auf die Knie hinab und sah sie fragend an.
    »Hier.« Murida deutete auf eine Stelle an der Wand, an der Andrej rein gar nichts sah, griff nach seiner Hand und legte sie mit gespreizten Fingern auf eine Stelle knapp oberhalb ihres Gesichts.
    »Wenn ich dir das Zeichen gebe, drückst du drauf«, sagte sie. »Mit aller Kraft, hast du verstanden?« »Lieber nicht«, antwortete Andrej. »Ich will doch nicht dein schönes Spielzeug kaputtmachen.« Aber er sagte es mit einem Lächeln. Sie nickte nur zufrieden und krabbelte zu einer anderen Stelle, nur ein paar Schritte entfernt. Andrej überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, dass Hadschi inzwischen das Atmen wieder erlernt hatte, und sah dann aufmerksam zu ihr hin. Murida hatte ihr Kopftuch abgenommen, einen ledernen Wasserschlauch vom Gürtel gelöst und befeuchtete es mit einem Gutteil seines Inhaltes, um anschließend damit über die Wand vor sich zu fahren. Im allerersten Moment schienen ihre Bemühungen keinerlei Erfolg zu zeitigen, denn der uralte Schmutzauf der Wand war zu Stein erstarrt und wäre allerhöchstens mit Hammer und Meißel zu entfernen gewesen. Dann jedoch musste Andrej ihr Anerkennung zollen.
    Das Wasser konnte die jahrhundertealte Schmutzschicht nicht entfernen, aber es brachte die Linien und Zeichnungen zum Vorschein, die den Stein darunter bedeckten, indem es sie in dunklerem Farbton nachzeichnete. Es waren Hieroglyphen, die uralte Bildersprache dereinstigen Herrscher dieses Landes.
    Andrej konnte sie so wenig lesen wie irgend ein anderer Mensch, der jünger war als tausend Jahre, aber wie jedes Mal, wenn er sie sah, überkam ihn ein Gefühl von Ehrfurcht, als spürte er tief in sich, dass sich hinter der verlorenen Bedeutung dieser Symbole noch ein zweites und sehr viel gewaltigeres Geheimnis verbarg.
    Murida hatte aufgehört, mit dem Tuch über die Wand zu fahren, und betrachtete angespannt die schattenhaften Hieroglyphen.
    »Du kannst das lesen?«, fragte er erstaunt. War es möglich, dass –?
    Murida beantwortete sowohl die laut ausgesprochene als auch die nur gedachte Frage mit einem Kopfschütteln.
    »Nein«, sagte sie. »Aber ich weiß, wonach ich suchen muss.«
    »Und was wäre das?«
    »Da ist es.« Murida deutete auf ein eckiges Symbol, das nicht recht in das Bild der übrigen Hieroglyphen passte, zog einen Dolch unter dem Mantel hervor und begann den verkrusteten Schmutz von der Wand zu kratzen.
    Es dauerte eine geraume Weile und kostete sie sichtlich Kraft, aber schließlich hatte sie eine Kartusche freigelegt, in deren Mitte ein daumendickes kreisrundes Loch prangte. Vorsichtig entfernte sie mit ihrer Messerspitze den Schmutz daraus, hob die Fackel auf und schob ihr Ende behutsam in das Loch. Erst jetzt sah Andrej, dass es eine Halterung war, aus Bronze oder Kupfer und ebenfalls mit Hieroglyphen bedeckt.
    Ein weiterer Moment verging, dann klickte es leise, und Murida drehte den als Fackel getarnten Bronzestift mit einem Ruck um neunzig Grad nach rechts. »Jetzt, Andrej!«, sagte sie.
    Andrej drückte auf den Stein, den Murida ihm bedeutet hatte, und rein gar nichts geschah. Er drückte erneut und kräftiger und dann noch einmal mit aller Gewalt, mit dem einzigen Ergebnis, dass die gerade erst verschorfte Wunde wieder aufbrach und warmes Blut an seinem Hals hinunterlief. Murida bedeutete ihm

Weitere Kostenlose Bücher