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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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denselben unheimlichen Effekt wie schon im Tunnel: Das Licht der Fackeln riss farbige Splitter aus der Dunkelheit und sonderbare Umrisse, die sich zu schnell wieder in die Dunkelheit zurückzogen, um sie genau zu erkennen. Obwohl ihm alle seine Sinne verrieten, dass Murida, Hadschi und er allein hier unten waren, wusste er mit vollkommener Sicherheit, dass das nicht stimmte. Etwas war hier. Etwas, das ihnen nicht wohlgesonnen war. »Worauf wartest du?«, fragte Murida unwillig. Andrej ging ihr nun doch entgegen, nahm ihr schweigend die Fackel aus der Hand und wandte sich um, um die Öffnung im Boden zu betrachten, durch die sie gekommen waren. Sie maß gut einen auf knappe zwei Meter, und die massive Steinplatte, die er beiseitegeschoben hatte, war so dick wie eine gespreizte Männerhand. Sie musste tausend Pfund wiegen, wenn nicht mehr. Keinem sterblichen Menschen wäre es gelungen, diese Platte auch nur einen Fingerbreit anzuheben. Wer immer sie auf diesem Wege hierher bestellt hatte, wusste, was er war. »Das ist beeindruckend«, sagte Murida, die zumindest einen Teil seiner Gedanken erraten haben musste. Außerdem war sie nicht blind. »Was mein Vater über euch erzählt hat, scheint zu stimmen.«
    Es war das erste Mal, dass sie mein Vater sagte und nicht der Sultan, und irgendetwas daran erschien Andrej ungemein wichtig. Aber der Gedanke entschlüpfte ihm, bevor er ihn richtig greifen konnte. »Was hat er denn erzählt?«, fragte er.
    »Dass du sehr stark bist«, antwortete Murida. »Und dein Freund auch.«
    »Beeindruckend stark«, fügte Hadschi hinzu. Er klang nervös.
    »Ja, das bin ich«, sagte Andrej ruhig. »Und wenn ich es nicht wäre, dann würden wir jetzt dort unten elend zugrunde gehen. Was war das, so eine Art Test?«
    »Wenn du nicht wärst, was du bist, dann wären wir jetzt gar nicht hier«, erwiderte Murida gelassen. »Aber all das wird dir der Machdi beantworten. Er wartet auf dich.«
    Sie nahm ihm die Fackel wieder aus der Hand und ging auf eine Art los, die unzweifelhaft deutlich machte, dass sie nicht noch einmal anhalten würde.
    Andrej versuchte erneut, mehr von seiner Umgebung zu erkennen, aber es wollte ihm auch jetzt nicht gelingen. Das Licht schien vor der Berührung der Wände zurückzuschrecken, sodass er kaum mehr als Bruchstücke von Impressionen wahrnahm, die sich nicht zu einem Bild zusammenfügen wollten, so angestrengt er es auch versuchte. Es war, als wollte etwas in ihm nicht, dass er es erkannte.
    Sie gingen eine kurze Treppe hinauf und betraten einen weiteren trapezförmigen Gang, an dessen Ende ein von rotem Licht erfüllter Ausgang lockte. Sonderbare Bilder und Reliefarbeiten bedeckten die Wände, vor denen sein Blick ebenso scheute wie vor den Umrissen bizarrer Statuen, die dann und wann aus der Dunkelheit auftauchten und erschrocken wieder zurückhuschten, bevor sie wirklich Substanz gewinnen konnten. Dann hatten sie den Ausgang erreicht, und es gab keine tröstende Schwärze mehr, in die sein Blick flüchten konnte.
    »Was beim Scheijtan ist das?«, entfuhr es Hadschi. »Das Grab eines Pharao?«, fragte Andrej. Seine Stimme erzeugte ein unheimliches Echo in der gewaltigen Halle, die vor ihnen und einige hohe Stufen hinunter lag, und schien noch etwas anderes aus der von einem Wald von Säulen gestützten Weite mitzubringen, wie die Antworten auf Fragen, die er niemals hatte stellen wollen. Murida schüttelte so heftig den Kopf, dass sich die Bewegung bis in die Fackel an ihrem ausgestreckten Arm fortsetzte, was eine schiere Explosion von Schatten und Bewegung in der Halle unter ihnen auslöste. Dinge erschienen aus dem Nichts und verschwanden wieder, wie körperlose Raubtiere, die sich zum Angriff bereit machten und dann doch davor zurückschreckten. »Das weiß niemand genau«, antwortete sie. »Wir sind unter der Wüste, das ist alles, was ich dir sagen kann.« Andrej und Hadschi legten den Kopf in den Nacken und sahen zu der mit Malereien und uralten Steinmetzarbeiten übersäten Decke hoch. Er war wohl nicht der Einzige, dessen Herz schneller zu schlagen begann, als er wirklich begriff, was Muridas Worte bedeuteten. Wenn sie sich tatsächlich unter der Wüste befanden, wie sie behauptete, dann lasteten unzählige Tonnen Stein auf dieser Decke. Er hörte, wie Hadschis Atem heftiger ging. »Und du bist sicher, dass es nicht das Grab eines Pharao ist?«, vergewisserte ersieh. Nicht, dass es notwendig gewesen wäre. Andrej konnte nicht sagen, was er da sah, aber es war

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