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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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konnte, auch wenn

sie nicht rußten und keinerlei Wärme abzugeben schienen. In zwei flachen Metallschalen loderten ebenfalls ruß- und wärmelose Flammen. Schatten und Licht lieferten sich einen lautlosen Kampf unablässigen Werdens und Vergehens. Im allerersten Moment meinte er Gestalten zu erkennen, bis ihm sein Irrtum klarwurde: Es waren Statuen, lebensgroß und so perfekt gestaltet, dass man sie in dem unheimlichen roten Schein nur zu leicht für Menschen hätte halten können, hätten sie denn solche dargestellt. Das taten sie jedoch nicht.
    Die meisten (nicht alle) hatten menschliche Körper und Proportionen, aber die Köpfe waren falsch. Er sah einen halb nackten ebenholzhäutigen Krieger, der einen prachtvollen, golden und blau gestreiften Rock trug und den Kopf eines Falken hatte, eine schwarze Frau mit (vier) blanken Brüsten und dem Gesicht einer Katze und eine schlanke Gestalt, die nur einen Lendenschurz trug und die Klauen und die Furcht einflößende Schnauze eines Krokodils hatte. Andere hatten Hunde-, Schildkröten- und Schlangenköpfe, und er erblickte Gestalten von groteskem Aussehen, von denen er noch nie zuvor gehört, geschweige denn etwas Ähnliches gesehen hatte; ein Pantheon der alten ägyptischen Götter, das ungleich größer und vielgestaltiger war, als er bis zu diesem Moment auch nur geahnt hatte. Und zweifellos auch noch sehr viel älter. Dann sah er, dass sich eine der Gestalten bewegte. Andrej konnte ihr Gesicht nicht erkennen, denn es war in den Schatten einer spitzen Kapuze verborgen, die zu einem zwar schlicht qeschnittenen, dennoch aber mit einem Übermaß an Gold und kostbaren Stickereien verzierten Mantel gehörte. Der Mann war sehr groß – nicht ganz so groß wie Abu Dun, aber doch größer als Andrej –, und er strahlte etwas aus, das die Frage, wem sie gegenüberstanden, überflüssig werden ließ. »Du bist Andrej.« Es war keine Frage, und Andrej reagierte nicht einmal mit einem Nicken darauf, sondern versuchte nur weiter vergeblich, die Finsternis unter der Kapuze mit Blicken zu durchdringen. Nach einem Moment unguten Schweigens wandte sich die Gestalt an Murida. »Danke, dass du ihn hergebracht hast, mein Kind.« »Ich wollte nicht mitkommen«, sagte Murida hastig. »Ich weiß, dass ich hier nicht sein dürfte, aber er hat darauf bestanden, und –«
    Ein leises, klingendes Lachen drang aus dem Dunkel unter der Kapuze, und eine ebenso besänftigende wie zugleich befehlende Geste unterbrach sie. »Ich werfe dir nichts vor, mein Kind. Im Gegenteil. Es ist gut, dass du mitgekommen bist. Was ich zu sagen habe, das geht auch dich an.« »Mich?«
    »Du bist also der Machdi«, sagte Andrej, bevor er antworten konnte.
    »Manche nennen mich so«, bestätigte der Mann in der goldbestickten Robe. Wenn es denn ein Mann war. Andrej tastete mit seinen anderen Sinnen nach der Wahrheit hinter dieser Schwärze. Da war nichts. Nichts Lebendiges. Aber auch nichts, das darauf hindeutete, dass er jemandem seiner Art gegenüberstand. Einen anderen Unsterblichen hätte er erkannt, auch ohne sein Gesicht sehen zu müssen.
    »Und die, die dich nicht so nennen?«
    »Nennen mich bei einem anderen Namen«, antwortete der Machdi, ein wenig amüsiert, wie es schien. »Namen bedeuten nichts. Oder alles.«
    »Warum sind wir hier?«, fragte Andrej geradeheraus. »Um lustige Ratespielchen zu spielen oder dafür zu bezahlen, dass wir deine Soldaten getötet haben?«
    Wieder vernahm Andrej das leise Lachen. »Wir sind allein, mein Freund«, sagte der Machdi. »Du musst nicht den Unwissenden spielen. Ich weiß, dass du es nicht bist. Aber bezahlen trifft es vielleicht sogar ganz gut, wenn auch sicher nicht so, wie du erwartest.«
    »Oder wäre es dir am Ende gar nicht so recht gewesen, wenn deine Anhänger die Schlacht gewonnen hätten?«, fügte Andrej hinzu. Neben ihm schnappte Murida entsetzt nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Andrej sah nicht hin, doch er wusste, dass seine Worte für sie beinahe an Gotteslästerung grenzen mussten.
    »Ja, auch was man sich über dich erzählt, scheint zu stimmen, Andrej Delany«, sagte die Gestalt. »Du bist ein kluger Mann.«
    Andrej verzog geringschätzig die Lippen. »Aber du hast mich nicht nur kommen lassen, um mir zu schmeicheln, nehme ich an?« Überall rings um sie herum bewegten sich Schatten, und das lautlose Flüstern wurde noch drängender und verlockend und bedrohlich zugleich.
    »Doch du hast recht, Andrej«, fuhr der Machdi fort. »Das ist

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