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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Holz oder hilflos verstrickt in brennendes Tauwerk und lodernden Stoff. Leben erloschen, so zahlreich, brutal und schnell, dass Andrej es nicht nur tief in sich spürte, sondern auch das Ungeheuer, das er in sich trug, gellend aufheulte. Er konnte nur hoffen, dass es Abu Dun nicht ebenso erging, und wenn, dass er des Ungeheuers in sich genauso Herr wurde. Mit einem gewaltigen Schwertstreich verschaffte er sich Luft (erst hinterher wurde ihm klar, dass er nicht einmal wirklich gesehen hatte, wen er traf), stürmte der Treppe entgegen und wurde noch einmal aufgehalten, als gleich ein halbes Dutzend Machdiji versuchten, Abu Dun und ihm den Weg zu vertreten. Sie brauchten nur wenige Augenblicke, um sich dieses neuerlichen Angriffes zu erwehren, eine Spur aus Blut und Leichen hinterlassend, doch es reichte, das Schicksal der Elisa endgültig zu besiegeln.
    Die Gestalt hinter dem Ruder warf das große geschnitzte Rad noch weiter herum, und Andrej spürte, wie ein neuerlicher, noch härterer Schlag den Rumpf des geschundenen Schiffes traf. Vielleicht nicht einmal sehr weit, aber im entscheidenden tödlichen Winkel zur Strömung des Flusses stehend, bäumte sich das Schiff auf, krängte zur Seite und schien sich dann noch einmal mit verzweifelter Kraft gegen das Unausweichliche zu stemmen, wie ein Sterbender, der sich wider jede Vernunft gegen den Tod auflehnt. Dann begann es zu kentern.
    Mit der Schwerfälligkeit eines stürzenden Berges legte sich die Elisa auf die linke Seite, verharrte wider jede Möglichkeit noch einmal und für eine allerletzte, zitternde Sekunde und kippte dann weiter. Männer schrien und stürzten über Bord. Brennendes Segelzeug regnete vom Himmel. Schreie gellten, und Schmerz und Furcht erfüllten die Luft, legten sich um ihn wie übel riechender dicker Sirup, der seine Seele in ein Netz aus widerwärtigen schleimigen Fäden einspann. Hinterher hätte Andrej nicht sagen können, in welcher Reihenfolge die Dinge geschahen oder ob überhaupt nacheinander und nicht auf finstere magische Weise gleichzeitig, als hätten die Mächte des Schicksals es darauf angelegt, ihm vielleicht nicht die Schuld andern zu geben, was geschah, ihn aber auch ganz gewiss nicht davon freizusprechen. Vielleicht erreichte Abu Dun das Achterkastell als Erster, vielleicht auch er, möglich, dass sie gleichzeitig die schmale Treppe hinaufgerannt kamen und ihre Schwerter im gleichen Moment niederfuhren, um Gestalten in schwarzen Mänteln niederzustrecken – aber es war eindeutig sein Schwert, das im letzten Moment vorzuckte und Abu Duns Krummsäbel beiseite schlug. Der Aufprall war so gewaltig, dass ihm der Saif aus der Hand gerissen wurde und in hohem Bogen davonflog. Schmerz schoss durch seine Arme bis in die Schultern und die Nackenmuskeln hinauf, so heftig, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb und die Welt vor seinen Augen für einen einzigen Moment in waberndes Rot getaucht war. Erbrach in die Knie, sah aber trotzdem, dass Abu Duns Säbel sein Ziel verfehlte: Die gewaltige Waffe zertrümmerte das Ruder und ließ die schmale Gestalt dahinter mit einem schrillen Schrei zurücktorkeln. Erfühlte brennenden Schmerz und roch Blut, als der Machdiji ebenfalls auf die Knie fiel und sich krümmte, aber er lebte, und das war in diesem Moment alles, was zählte, denn als die schmale Gestalt den Kopf zurückwarf und ihre Kapuze dabei verrutschte, kamen ein schmal geschnittenes Gesicht und glattes schwarzes Haar darunter zum Vorschein. Die so sanften Augen, an die er sich erinnerte, hatten ihren verwundbaren Ausdruck verloren und waren von nichts als Fanatismus und brennender Überzeugung erfüllt, das Gesicht jedoch war das Muridas, und für einen kurzen, aber schrecklichen Moment empfand er nichts als Hass auf Abu Dun, der ihr diesen Schmerz zugefügt hatte. Doch das Gefühl verblasste so schnell, wie es gekommen war, und Andrej sprang auf, warf sich schützend über das Mädchen und empfing Abu Dun mit einem harten Fußtritt gegen das Knie, als er sich auf sie stürzen wollte. Es gelang ihm nicht, den Nubier tatsächlich aufzuhalten, er brachte ihn aber immerhin mit seinem Tritt so aus dem Gleichgewicht, dass sein Schwerthieb das Mädchen verfehlte, wenn auch nur um Haaresbreite. Die gewaltige Klinge grub sich anderthalb Handbreit durch das zollstarke Holz der Decksplanken und verkantete sich, sodass es Abu Dun nicht gelang, sie sofort wieder herauszureißen, um vielleicht noch einmal zuzuschlagen. Andrej trat aus seiner

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